Töchter des Windes: Roman (German Edition)
Telefon. Eigentlich wollte ich ins Dorf, um Brot zu holen.«
»Ich habe mehr als genug.«
Maggie lachte und biß erneut in ihr Brötchen. »Das hatte ich gehofft.« Dann wandte sie sich abermals an Gray. »Sie backt genug für das ganze Dorf.«
»Das künstlerische Talent scheint bei Ihnen in der Familie zu liegen«, sagte Gray in leichtem Ton. Er häufte sich Erdbeermarmelade auf ein Stück Brot und schob dann das Glas Maggie hin. »Sie sind eine Künstlerin im Umgang mit Glas, und Brianna ist eine Künstlerin, wenn es ums Kochen geht.« Schamlos betrachtete er den Kuchen, der zum Abkühlen auf dem Ofen stand. »Wann wird bei Ihnen der Tee serviert?«
Maggie grinste ihn an. »Ich glaube, Sie gefallen mir.«
»Ich glaube, Sie mir auch.« Er stand auf. »Und jetzt fahre ich den Wagen an die Seite.«
»Stellen Sie ihn doch einfach in der Einfahrt ab.«
Er war ehrlich verwirrt. »In was für einer Einfahrt?«
»Auf dem schmalen Weg direkt neben dem Haus. Brauchen Sie jemanden, der Ihnen mit Ihrem Gepäck behilflich ist?«
»Nein, ich komme schon zurecht. Freut mich, Sie kennengelernt zu haben, Maggie.«
»Freut mich ebenfalls.« Maggie leckte sich die Finger ab und wartete, bis sich die Tür hinter ihm schloß. »Er sieht besser aus als auf den Fotos hinten auf seinen Büchern.«
»Allerdings.«
»Man sollte nicht meinen, daß ein Schriftsteller eine solche Figur haben kann – so stark und muskulös.«
Brianna wußte, daß Maggie auf eine Reaktion wartete, und so wandte sie ihr weiterhin den Rücken zu. »Stimmt, er scheint gar nicht schlecht gebaut zu sein. Obwohl man nicht meinen sollte, daß eine im sechsten Monat schwangere, verheiratete Frau der Figur eines fremden Mannes überhaupt Beachtung schenkt.«
Maggie stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Man sollte meinen, daß jede Frau ihm Beachtung schenkt. Und falls du es noch nicht getan hast, gehst du am besten mal zu einem Augenarzt.«
»Ich sehe hervorragend, vielen Dank. Aber warst du nicht diejenige, die sich Sorgen gemacht hat bei dem Gedanken, daß ich mit ihm ganz alleine bin?«
»Das war, bevor ich beschloß, daß er mir gefällt.«
Mit einem leisen Seufzer sah Brianna in Richtung Küchentür. Da sie ihren Gast jeden Moment zurückerwartete, befeuchtete sie ihre Lippen, beschäftigte ihre Hände, indem sie den Tisch abzuräumen begann, und holte tapfer Luft. »Maggie, ich wäre froh, wenn du später noch einmal vorbeikommen könntest. Es gibt da etwas, was ich mit dir besprechen muß.«
»Dann besprich es doch jetzt mit mir.«
»Das kann ich nicht.« Abermals blickte sie in Richtung der Küchentür. »Dazu muß ich mit dir alleine sein. Es ist wichtig.«
»Du bist ja ganz durcheinander.«
»Ich weiß nicht, ob ich durcheinander bin.«
»Hat er dir etwas angetan? Der Ami, meine ich?« Trotz ihrer
beachtlichen Leibesfülle sprang Maggie kampfbereit von ihrem Stuhl.
»Nein, nein. Es hat nichts mit ihm zu tun.« Brianna stemmte die Hände in die Hüften und sah ihre Schwester an. »Du hast eben noch gesagt, daß du ihn magst.«
»Nicht, wenn er dich derart durcheinanderbringt.«
»Das tut er nicht. Aber was soll’s, um ihn geht es nicht. Kommst du also nachher noch mal vorbei, wenn ich sicher bin, daß er sich eingerichtet hat?«
»Natürlich komme ich.« Maggie legte Brianna die Hand auf die Schulter und bedachte sie mit einem besorgten Blick. »Möchtest du, daß Rogan ebenfalls kommt?«
»Wenn er Zeit hat, ja.« Brianna dachte, daß er Maggie in ihrem Zustand vielleicht eine Hilfe wäre. »Ja, bitte frag ihn, ob er mitkommen kann.«
»Dann also vor dem Nachmittagstee – sagen wir, zwei, drei Uhr?«
»Das wäre gut. Nimm die Brötchen mit, Maggie, und ein Brot. Ich hab jetzt zu tun. Ich möchte Mr. Thane beim Einräumen seiner Sachen behilflich sein.«
Es gab nichts, was Brianna mehr fürchtete als Auseinandersetzungen, zornige Worte und Bitterkeit. Sie war in einem Haus aufgewachsen, in dem die Luft ständig von diesen Dingen zu flimmern schien. Ständig hatten irgendwelche Ressentiments zu fürchterlichen Krächen, irgendwelche Enttäuschungen zu wilden Schreiereien geführt. Um sich abzuschirmen, hatte sie selbst immer versucht, ihre eigenen Gefühle unter Kontrolle zu halten, hatte sie sich so weit wie möglich von den Tobsuchtsanfällen und Zornesausbrüchen entfernt, mit denen ihre Schwester das Elend der Eltern abgewehrt hatte.
Wie oft hatte sie sich gewünscht, sie würde eines Morgens wach, um
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