Töchter des Windes: Roman (German Edition)
Nein, du bist meilenweit entfernt, meilenweit. Ich gebe dir einen Tip. Rogans Großmutter hat angerufen.«
Brianna blies sich eine lose Strähne aus der Stirn. »Das ist ein Tip?«
»Es wäre einer, wenn du dich daran erinnern würdest, was
sich in der letzten Zeit bei ihr ereignet hat. Sie heiratet, Brie. Nächste Woche, in Dublin, und zwar Onkel Niall.«
»Was?« Brianna fiel die Kinnlade herunter. »Onkel Niall und Mrs. Sweeney heiraten?«
»Ist das nicht großartig? Phänomenal? Du weißt doch, daß sie schon als junges Mädchen in Galway verrückt nach ihm war. Und dann, nach über fünfzig Jahren, treffen sie sich wegen Rogan und mir erneut. Und jetzt, bei allen Heiligen, heiraten sie sogar.«
Sie warf den Kopf in den Nacken und brach in gackerndes Gelächter aus. »Außer daß wir Mann und Frau sind, sind Rogan und ich von nun an also auch noch Cousine und Cousin.«
»Onkel Niall.« Mehr brachte Brianna einfach nicht hervor.
»Du hättest Rogans Gesicht sehen sollen, als er ihren Anruf entgegennahm. Er schaute drein wie ein Fisch. Sein Mund klappte auf und wieder zu, und kein einziger Ton kam heraus.« Prustend lehnte sie sich gegen Briannas Arbeitsbank. »Er hat sich nie daran gewöhnt, daß die beiden miteinander flirteten. Obwohl es offenbar mehr war als ein Flirt. Aber ich nehme an, es ist schwer für einen Mann, sich vorzustellen, wie seine weißhaarige Großmutter sündiger Fleischeslust verfällt.«
»Maggie!« Entsetzt hielt sich Brianna die Hand vor den Mund, doch dann wurde ihr verhaltenes Kichern durch eine gewaltige Lachsalve ersetzt.
»Nun, zumindest legalisieren sie ihr Verhältnis jetzt, und die Trauung wird durch niemand geringeren als einen Erzbischof durchgeführt.« Sie atmete tief ein und sah sich um. »Hast du irgendwas zu essen hier?«
»Nein. Wann soll die Trauung denn stattfinden? Und wo?«
»Nächsten Samstag, in ihrem Dubliner Haus. Sie wollen im kleinen Rahmen feiern, hat sie gesagt, nur im Kreis der Familie und einiger enger Freunde. Onkel Niall ist mindestens achtzig, Brie. Stell dir das vor.«
»Ich stelle es mir gerade vor, und ich finde es einfach toll. Ich werde sie sofort anrufen, wenn ich hier fertig bin.«
»Rogan und ich fliegen gleich heute nach Dublin. Im Augenblick hängt er mal wieder am Telefon und trifft sämtliche Vorbereitungen, die seiner Meinung nach erforderlich sind.« Sie lächelte. »Er versucht, es wie ein Mann zu tragen.«
»Sobald er sich an den Gedanken gewöhnt hat, wird er sich für die beiden freuen.« Brianna klang abgelenkt, denn sie überlegte bereits, welches Geschenk für das Paar passend war.
»Die Trauung findet nachmittags statt, aber vielleicht kommst du ja lieber schon am Abend vorher, dann hätten wir noch ein bißchen Zeit.«
»Ich, kommen?« Brianna sah ihre Schwester an. »Das ist unmöglich, Maggie. Ich kann hier nicht weg. Ich habe einen Gast.«
»Aber natürlich kannst du.« Maggie richtete sich auf und reckte entschlossen das Kinn. »Schließlich geht es um Onkel Niall. Er wird erwarten, daß du kommst. Und außerdem ist es, verdammt noch mal, nur ein einziger Tag.«
»Maggie, ich habe Verpflichtungen, und ich weiß nicht, wie ich einfach so für einen Tag nach Dublin und zurück kommen soll.«
»Rogan schickt dir das Flugzeug.«
»Aber ...«
»Ach, zum Teufel mit Grayson Thane. Er kann sich ja wohl mal einen Tag allein versorgen. Du bist doch nicht seine Dienerin.«
Briannas Schultern versteiften sich, und ihr Blick wurde kühl. »Nein, das bin ich nicht. Ich bin eine Geschäftsfrau, die ihr Wort gegeben hat. Ich kann nicht einfach ein Wochenende nach Dublin fliegen und dem Mann erklären, daß er sich alleine durchschlagen soll.«
»Dann bring ihn mit. Wenn du dir Sorgen machst, daß er tot
umfällt, wenn du ihn nicht versorgst, dann bring ihn einfach mit.«
»Wohin?« Gray hatte die Tür geöffnet und sah die beiden Frauen argwöhnisch an. Durch das Fenster seines Zimmers hatte er gesehen, wie Maggie in den Schuppen gestürmt war, er hatte die lauten Stimmen gehört, und schließlich hatte seine Neugier gesiegt.
»Tür zu«, kam Briannas automatischer Befehl. Sie versuchte verzweifelt, sich nicht anmerken zu lassen, wie verlegen es sie machte, daß er Zeuge eines Familienzwists geworden war. Sie stieß einen Seufzer aus. Mit einem Mal war der winzige Schuppen regelrecht überfüllt. »Brauchen Sie irgend etwas, Grayson?«
»Nein.« Er hob eine Hand und strich ihr den Schmutz von der Wange – eine Geste,
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