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Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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glaube, es liegt ebensosehr an deinem Bild.«
    Ihre Beschreibung seiner Arbeit erfreute ihn derart, daß er geistesabwesend fragte: »An meinem Bild? Weshalb denn das?«
    »Dein Gesicht.« Sie sah ihn an. »Dein Gesicht ist einfach wunderschön.«
    Er wußte nicht, ob er über ihre Äußerung lachen oder in Deckung gehen sollte.
    »Ja, es . . .« Sie räusperte sich, da dem Blitzen in seinen Augen nicht zu trauen war. »Und die Kürze deiner Biographie auf dem Umschlag — oder vielmehr das Fehlen einer echten Biographie gibt einem das Gefühl, als kämst du von nirgendwo. Und genau dieses Rätsel um deine Person ist es, was dich so faszinierend macht.«
    »Ich komme tatsächlich von nirgendwo. Aber warum sprechen wir nicht weiter von meinem Gesicht?«
    »Ich denke, für einen Abend haben wir genug Aufregung gehabt.« Eilig trat sie einen Schritt zurück, doch unerbittlich folgte er, legte ihr seine Hände auf die Schultern und senkte seinen Mund auf ihre Lippen. »Meinst du, daß du schlafen können wirst?«
    »Ja.« Ihr stockte der Atem. »Schließlich ist ja Con bei mir.«
    »Der Glückliche. Also gut, dann sieh zu, daß du ein bißchen Schlaf bekommst.« Er wartete, bis sie mit dem Hund in ihrem Zimmer verschwunden war, und dann tat er etwas, was Brianna noch nie getan hatte, seit sie in das Haus gezogen war.
    Er schloß sämtliche Türen ab.
     
    Der beste Ort, wenn es um das Verbreiten oder Erfahren von Neuigkeiten ging, war natürlich der dörfliche Pub. In den Wochen, seit er nach County Clare gekommen war, hatte Gray eine Zuneigung zu O’Malley’s entwickelt, die schon beinahe
sentimental zu nennen war. Natürlich hatte er im Verlauf seiner Recherchen auch eine Reihe anderer Pubs in der Umgebung aufgesucht, aber O’Malley’s war für ihn zu einer Art Stammkneipe geworden, wie es zuvor bei noch keiner Bar der Fall gewesen war.
    Noch ehe er den Raum betrat, vernahm er bereits die Musik. Murphy, dachte er. Welch ein Glück. Als er eintrat, wurde er von einigen mit Namen, von anderen durch fröhliches Winken begrüßt, und O’Malley zapfte ihm bereits ein Guiness, noch ehe er überhaupt auf einem Hocker saß.
    »Und, was macht das Geschichtenerzählen?« fragte ihn der Wirt.
    »Läuft bestens. Zwei Tote und keine Verdächtigen bisher.«
    Kopfschüttelnd schob O’Malley das Glas über den Tresen. »Ich verstehe einfach nicht, wie ein Mann den ganzen Tag mit Mord herumspielen und trotzdem abends noch lächeln kann.«
    »Unnatürlich, nicht?« fragte Gray und grinste ihn fröhlich an.
    »Ich habe eine Geschichte für Sie.« David Ryan saß am anderen Ende der Theke und zündete sich eine seiner amerikanischen Zigaretten an.
    Gray machte es sich inmitten der Musik und des Rauchs bequem. Immer hatte irgend jemand eine Geschichte parat, und es hatte sich herumgesprochen, daß er ein ebenso guter Zuhörer wie Erzähler war.
    »Es war einmal ein Hausmädchen, das lebte in der Nähe von Tralee auf dem Land. Sie war schön wie der Sonnenaufgang, jawohl, mit Haaren wie Gold und Augen so blau wie der Himmel an einem Sommertag.«
    Die Gespräche der Umsitzenden verstummten, und Murphy dämpfte seine Musik, so daß sie nur noch als angenehme Untermalung der Geschichte zu hören war.
    »Zwei Männer machten ihr den Hof«, fuhr David fort. »Einer war ein belesener, schlauer Kerl, während der andere ein
einfacher Bauer war. Auf ihre Art liebte sie beide, denn sie war nicht nur eine ausgesprochen hübsche, sondern gleichzeitig eine recht wankelmütige Person. Also genoß sie die Aufmerksamkeit der beiden, ließ sich von beiden umschmeicheln und versprach jedem der beiden, daß sie allein die Seine sei. Mit der Zeit jedoch reifte in dem jungen Bauern neben seiner Liebe zu dem Mädchen schwarze Eifersucht heran.«
    Er machte eine effektvolle Pause, wie es guten Geschichtenerzählern zu eigen ist, und betrachtete die rote Glut an der Spitze seiner Zigarette. Dann nahm er einen tiefen Zug und blies den Rauch in großen Ringen wieder aus.
    »Also lauerte er eines Nachts am Straßenrand seinem Rivalen auf, und als der belesene junge Mann pfeifend des Weges kam — denn das junge Mädchen hatte ihn freizügig mit Küssen bedacht —, sprang der Bauer hervor, schlug den jungen Liebenden nieder, zerrte ihn im Mondschein über die Felder und warf den armen Kerl, obgleich er noch atmete, in ein tiefes Grab. Als die Dämmerung kam, säte er sein Getreide über ihm, wodurch der Wettstreit um die junge Frau ein endgültiges Ende

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