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Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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geküßt.«
    »Ich weiß.« Sie nahm all ihren Mut zusammen und sah ihn an. »Dabei hätte ich es so gern gewollt.«
    »Genau das hatte ich gehofft.« Endlich legte er seine Lippen auf ihren Mund, und wie zur Antwort glitten ihre Hände über seine Brust zu seinem Gesicht hinauf.
    Sie öffnete sich ihm willig, und die leisen Worte, die sie sprach, waren für ihn ebenso erregend wie jede körperliche Zärtlichkeit. Während der Wind ein kühles Band um sie beide schlang, zog er sie sanft an seine Brust und küßte sie.
    Sämtliche Anspannung, sämtliche Müdigkeit, sämtliche
Enttäuschung legten sich, und Brianna hatte nur noch das Gefühl, daheim zu sein. Und daheim war der Ort, an dem sie glücklich war.
    Sie legte den Kopf an seine Schulter, fuhr mit ihren Armen seinen Rücken hinauf und stieß einen wohligen Seufzer aus.
    »Es ist schön mit dir«, murmelte er. »Es ist wunderschön mit dir.«
    »Und es ist wunderschön mit dir.« Sie hob den Blick und sah ihn an. »Aber Gray, habe Geduld mit mir.«
    »Die habe ich. Ich begehre dich, Brianna, und wenn du bereit bist . . .« Er trat einen Schritt zurück und glitt mit seinen Händen an ihren Armen hinab, bis er ihre Finger fand. »Wenn du bereit bist, dann bin ich für dich da.«

9. Kapitel
    G ray fragte sich, ob ihn sein Appetit wohl deshalb so quälte, weil ein anderer Hunger alles andere als befriedigt war. Er fand es am besten, es von der philosophischen Seite zu sehen — und fürs erste mit einem nächtlichen Gelage mit Briannas Brot-Butter-Pudding zufrieden zu sein. Inzwischen hatte er sich sogar das Teetrinken angewöhnt, und so hatte er bereits den Kessel auf den Herd gestellt und die Kanne vorgewärmt, ehe er einen Berg Pudding in eine Schale zu häufen begann.
    Er glaubte nicht, daß er seit seinem dreizehnten Lebensjahr je derart vom Sex besessen gewesen war. Damals war es Sally Anne Howe gewesen, Mitzögling im Simon-Brent-Memorial-Kinderheim. Die gute alte Sally Anne, dachte Gray, mit ihrem üppig erblühten Leib und dem pfiffigen Blick. Sie war drei Jahre älter gewesen als er und nur allzu bereit, ihren Charme jedem zuteil werden zu lassen, der zur Bezahlung mit geschmuggelten Zigaretten oder Schokoriegeln in der Lage war.
    Damals hatte er gedacht, daß sie eine Göttin war, die Antwort auf die Gebete eines geilen Teenagers. Nun jedoch blickte er voll Mitleid und Zorn auf die damalige Zeit zurück, denn inzwischen hatte er den Kreislauf des Mißbrauchs und die Schwächen des Systems erkannt, aufgrund derer ein hübsches junges Mädchen seinen einzig wahren Wert zwischen ihren Schenkeln hatte liegen sehen.
    Wenn damals abends die Lichter gelöscht worden waren, hatte er zahllose feuchte Träume über Sally Anne gehabt. Und
hatte das Glück gehabt, daß ihm der Diebstahl einer ganzen Packung Marlboro von einem der Heimleiter gelungen war. Für zwanzig Zigaretten hatte er sie zwanzigmal flachlegen dürfen, erinnerte er sich. Und dabei hatte er eine Menge gelernt.
    Im Lauf der Jahre hatte er durchaus noch etwas dazugelernt, von Mädchen seines eigenen Alters und von Professionellen, die ihr Gewerbe in dunklen Korridoren betrieben, in denen es nach ranzigem Fett und saurem Schweiß roch.
    Er war kaum sechzehn gewesen, als er aus dem Waisenhaus fortgelaufen war, mit nichts als den Kleidern am Leib und dreiundzwanzig Dollar in Münzen und zerknitterten Scheinen in der Hand.
    Er hatte sich nach Freiheit gesehnt, Freiheit von den strengen Regeln, den Beschränkungen, dem endlosen Kreislauf des Systems, in dem er die meiste Zeit seines jungen Lebens gefangen gewesen war. Und er hatte sie gefunden, sie genutzt und dafür bezahlt.
    Er hatte lange Zeit auf der Straße gelebt und gearbeitet, ehe er sich einen Namen und seinem Leben eine Richtung gab. Glücklicherweise hatte er ein Talent geerbt, das ihn davor bewahrt hatte, daß er von anderen Leidenschaften verschlungen worden war.
    Mit zwanzig hatte er seinen ersten hochfliegenden und auf traurige Weise autobiographischen Roman verfaßt, von dem allerdings kein Verleger allzu beeindruckt gewesen war. Mit zweiundzwanzig dann hatte er einen sauberen, kleinen, cleveren Krimi geschrieben, von dem ebenfalls keiner der großen Verleger begeistert gewesen war, aber der Hauch von Interesse, mit dem ihm eine Lektoratsassistentin eines der Häuser begegnet war, hatte ausgereicht, damit er sich wochenlang in einem billigen Motelzimmer vergraben und auf einer altersschwachen Schreibmaschine herumgehämmert hatte, bis

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