Tödliche Geschäfte
schriftliche Verpflichtung hin, zum angesetzten Prozeßtermin zu erscheinen, auf freien Fuß gesetzt.«
Als sie sich Brians Mietwagen näherten, sah Sean Janet auf dem Beifahrersitz hocken. Sie hatte den Kopf gegen die Kopfstütze gelehnt und schien zu schlafen. Aber als Sean neben dem Wagen stand, schlug sie die Augen auf. Als sie ihn sah, stieg sie aus und umarmte ihn.
Er erwiderte ihre Umarmung, obwohl es ihm peinlich war, daß sein Bruder direkt daneben stand.
»Alles in Ordnung?« fragte sie, sich aus der Umarmung lösend, die Hand jedoch noch immer um Seans Hals gelegt.
»Bestens, und bei dir?«
»Die Nacht im Gefängnis hat mir die Augen geöffnet«, gestand sie. »Zunächst war ich wohl ein bißchen hysterisch. Aber meine Eltern sind mit unserem Familienanwalt hergeflogen, der das Verfahren nach Kräften beschleunigt hat.«
»Wo sind deine Eltern jetzt?« fragte Sean.
»In ihrem Hotel«, erwiderte Janet. »Sie sind stinksauer, daß ich auf dich warten wollte.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte Sean.
Brian blickte auf seine Uhr. »Hört mal, ihr zwei«, sagte er. »Dr. Mason hat für zwölf Uhr zu einer Pressekonferenz ins Forbes-Zentrum eingeladen. Ich finde, da sollten wir hingehen. Ich hatte befürchtet, daß wir bei Gericht nicht pünktlich fertig werden, aber wir sind noch früh genug dran. Was meint ihr?«
»Was sollen wir da?« fragte Sean.
»Ich mache mir Sorgen wegen dieses Falles, wie ihr seht«, sagte Brian. »Ich mache mir Sorgen, ob wir hier in Miami einen fairen Prozeß kriegen. Mir wäre es lieber, diese Pressekonferenz würde nicht in eine einzige PR-Arie ausarten, wie sich die Forbes-Leute das wohl vorstellen. Deine Anwesenheit wird ihre rhetorische Verve ein wenig bremsen. Außerdem kannst du dich der Öffentlichkeit gleich als verantwortungsbewußtes Individuum präsentieren, das die von ihm erhobenen Vorwürfe sehr ernst nimmt.«
Sean zuckte die Schultern. »Von mir aus«, sagte er. »Außerdem bin ich neugierig, was Dr. Mason sagt.«
»Ich habe auch nichts dagegen«, sagte Janet.
Wegen des dichten Verkehrs dauerte die Fahrt länger, als Brian erwartet hatte, doch sie kamen noch rechtzeitig. Die Pressekonferenz sollte im Auditorium der Klinik stattfinden, und alle Parkplätze in der Nähe des Krankenhauses waren besetzt. Diverse Übertragungswagen standen in der Feuerwehrauffahrt in der Nähe des Klinikeingangs. Brian mußte ganz um das Forschungsgebäude herumfahren, bis er eine Parklücke gefunden hatte.
Auf dem Weg zur Klinik äußerte sich Brian über das Medieninteresse, das die Affäre hervorgerufen hatte. »Ich muß euch warnen, die Sache ist heiß. Es ist genau die Art Fall, die mindestens so sehr in der Presse wie vor Gericht verhandelt wird. Außerdem haben die Forbes-Leute ein Heimspiel. Seid also nicht überrascht, wenn der Empfang mehr als kühl ausfällt.«
Menschenmassen drängten sich durch den Eingang des Krankenhauses, darunter viele Reporter, unter ihnen leider auch einige, die Sean erkannten. Sie umringten ihn, hielten ihm ihre Mikrophone vors Gesicht und riefen ihm alle gleichzeitig feindselige Fragen zu. Blitzlichter blitzten, TV-Scheinwerfer beleuchteten die Szene. Bis Sean, Brian und Janet sich zum Eingang durchgekämpft hatten, war Sean bereits wütend. Brian mußte ihn davon abhalten, auf einige der Fotografen loszugehen.
Drinnen war es auch nicht viel besser. Die Neuigkeit von Seans Ankunft verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter der überraschend großen Zuhörerschaft, und als die drei das Auditorium betraten, hörte Sean, wie die anwesenden Mitarbeiter des Forbes-Zentrums Buhrufe anstimmten.
»Jetzt verstehe ich, was du mit einem kühlen Empfang gemeint hast«, sagte Sean, nachdem sie einen Platz gefunden hatten. »Das ist wohl kaum neutraler Boden hier.«
»Wie ein wütender Mob, der Lynchjustiz fordert«, meinte Brian. »Aber das vermittelt dir eine Vorstellung von der allgemeinen Stimmung gegen dich.«
Die Buhrufe und das wütende Zischen verstummten abrupt, und höflicher Beifall hob an, als Dr. Mason aus den Kulissen der kleinen Bühne trat. Entschlossen schritt er zum Rednerpult und legte einen großen Umschlag darauf. Er faßte das Podium mit beiden Händen und legte den Kopf ein wenig zurück. Seine Haltung und Erscheinung waren absolut professionell, sein klassisch angegrautes Haar perfekt frisiert. Er trug einen dunkelblauen Anzug, ein weißes Hemd und eine konservative Krawatte. Der einzige Farbtupfer war ein
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