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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten? Ich trinke meinen hier drin.«
    »Nein danke. Ich habe heute Morgen zwei Tassen getrunken, und das ist im Allgemeinen mein Limit.«
    Fiona wandte sich nach rechts, und ich folgte ihr über einen breiten Streifen nackten Zement hinweg. »Wann werden denn die Fußböden gelegt?«
    »Das sind die Fußböden.«
    Ich machte »Ah« und nahm mir vor, nicht mehr nach Dingen zu fragen, die meinen Horizont bei weitem überstiegen.
    Im Inneren des Hauses herrschte der kühle, leicht feuchte Geruch nach Gips und frischer Farbe. Sämtliche Wände in Sichtweite waren strahlend weiß, die Fenster hoch und schmucklos, ohne Vorhänge oder Gardinen. Ein heimlicher Blick nach hinten ließ mich in einen auf der anderen Seite des Eingangs gelegenen, unmöblierten Raum spähen, der vermutlich das Esszimmer war und in den rhombenförmig das klare Morgenlicht einfiel. Der Widerhall unserer Schritte klang wie eine kleine Parade.
    Im Wohnzimmer angelangt, wies Fiona auf einen von zwei wuchtigen, überdimensionalen Sesseln, die passend zu dem grauen Zementfußboden mit einem neutralen Stoff bezogen waren. Auf dem Boden lag ein großer Teppich mit einem dicht gewebten Gittermuster aus schwarzen Linien auf grauem Grund. Ich setzte mich gleichzeitig mit ihr und sah ihr zu, wie sie den Raum mit dem geübten Blick der Ästhetin musterte. Das Mobiliar war eindrucksvoll: helles Holz, Stahlrohr, klare geometrische Formen. Ein riesiger, runder Spiegel, der in einer verchromten Sichel ruhte, hing über dem Kamin. Auf dem Couchtisch aus facettiertem Glas stand auf einem Silbertablett eine hohe Kaffeekanne aus Silber und Elfenbein mit dazu passendem Milchkännchen und Zuckerdose. Sie schenkte sich Kaffee nach. »Sind Sie ein Fan von Art Déco?«
    »Ich weiß nicht viel darüber.«
    »Ich sammle schon seit Jahren. Der Teppich ist ein Da Silva Bruhns. Und das hat Wolfgang Tümpel entworfen, falls Ihnen der Name etwas sagt«, sagte sie und nickte zu dem Kaffeeservice hin.
    »Schön«, murmelte ich, ohne eine Ahnung zu haben.
    »Die meisten dieser Stücke sind einzigartig und wurden von Kunsthandwerkern entworfen, die zu ihrer Zeit Meister waren. Ich könnte die Namen jetzt herunterrasseln, aber ich bezweifle, dass sie Ihnen viel sagen würden, wenn Sie mit der Epoche nicht vertraut sind. Ich habe das hier als Schaukasten für meine Sammlung gebaut, aber sowie das Haus fertig ist, werde ich es vermutlich verkaufen und weiterziehen. Ich bin von Natur aus ungeduldig und viel zu unruhig, um lange hier zu bleiben.« Sie hatte ausgeprägte Gesichtszüge, schmale, bogenförmige Brauen und dunkel verschmierte Augen, unter deren inneren Winkeln sich deutliche Müdigkeitsmale abzeichneten. Sie trank einen Schluck Kaffee und nahm sich dann eine Zigarette aus einer Packung auf dem Tisch. Das Feuerzeug, das sie benutzte, war eines dieser zierlichen goldenen Modelle und gab kaum ein Geräusch von sich, als sie den Deckel aufklappte und am Zündrädchen drehte. Sie behielt das Feuerzeug in der Hand und zog tief an ihrer Zigarette, zweifellos ein Genuss für sie. Sie wandte den Kopf zur Decke und blies den Rauch in einem Strom aus. Ich konnte auf dem Nachhauseweg meinen Blazer ja ohne weiteres in die Reinigung bringen.
    »Ich glaube, ich habe das nicht erwähnt, als wir uns neulich unterhalten haben«, sagte sie, »aber Dana Glazer hat mir empfohlen, mich an Sie zu wenden. Als Sie sie kannten, muss sie noch Dana Jaffe geheißen haben.«
    »Tatsächlich. Woher kennen Sie sie?«
    »Ich helfe ihr, ihr Haus neu einzurichten. Sie ist jetzt mit Joel Glazer verheiratet, einem von Dows Arbeitgebern. Seine erste Frau ist gestorben. Kennen Sie Joel? Er ist Teilhaber einer Firma namens Century Comprehensive, der unter anderem eine Kette von Pflegeheimen gehört.«
    »Den Namen Glazer kenne ich aus der Presse, aber persönlich begegnet bin ich ihm nie«, sagte ich. Langsam begriff ich den Zweck ihres Anrufs, auch wenn ich immer noch nicht wusste, wie ich ihr helfen konnte. Dana Jaffes erster Mann Wendell war 1979 verschwunden, allerdings unter ganz anderen Umständen, als sie in diesem Fall Vorlagen. Wendell Jaffe war ein aus eigener Kraft nach oben gekommener Immobilienmagnat, der sich mit einer Haftstrafe konfrontiert sah, nachdem ein betrügerisches Investmentsystem, das er ausgetüftelt hatte, aufzufliegen und seine Machenschaften ans Licht zu bringen drohte. Er täuschte seinen eigenen Tod vor, tauchte aber, kurz nachdem seine »Witwe« eine

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