Tödliche Option
Scheck ist unterwegs.< Wir haben Rechnungen zu bezahlen.«
»Hm.« In Gedanken ganz woanders, nahm Wetzon Smith’
brummige Kommentare bei der Durchsicht der Geschäftsunkosten für das erste
Halbjahr nur vage wahr.
»Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?«
»Hm«, erwiderte Wetzon, indem sie den Inhalt
ihrer Aktentasche auf den aufgeräumten Schreibtisch kippte und sich
systematisch durch die Ansammlung von Zeitungen, Karteiblättern, Einladungen zu
Vernissagen in Museen und Galerien, Tanzkonzerten — die alle ohne ihre
Anwesenheit vorbeigegangen waren — und einer Schlußverkaufsanzeige von Barney’s durcharbeitete. Sie warf alles in den Papierkorb, bis auf die Karteiblätter,
die in ihren aktuellen Ordner kamen.
»Und hier ist der Kostenvoranschlag für den
Garten«, murmelte Smith. »Nicht zu fassen, dreitausend Dollar. Schwimmen wir
hier im Geld?«
»Hm.« Versteckt unter den >Fahndungsbogen<
war das Tütchen mit der aufgerollten Liste, die sie aus Ellies zerrissenen
Fetzen zusammengesetzt hatte, die Kopie der vollständigen, die sie auf Chris
Gorhams Schreibtisch gefunden hatte. Sie nahm sie aus dem Tütchen und rollte
sie in die andere Richtung, um sie zu glätten. Die Namen und Adressen sagten
ihr nichts... oder doch? Sie griff zum Telefon und rief Silvestri an. Sie wurde
gebeten zu warten.
Es klopfte an der Tür.
»Herein?« rief Smith.
B. B., leger in Khakihosen und Laufschuhen und
mit aufgekrempelten Hemdsärmeln, machte die Tür auf. »Kann ich mich
davonmachen?«
»Selbstverständlich, Zuckerstück.« Voller
Freundlichkeit strahlte Smith ihn an.
Lächelnd legte Wetzon den Telefonhörer an das andere
Ohr. B. B. sah aus wie ein Yale-Student, der zu einem Segelwochenende
aufbricht. »Viel Spaß.«
Die Tür schloß sich hinter seinem Dankeschön.
»Wo fährt er hin?« Smith seufzte und begann,
Zahlen in den Taschenrechner zu tippen.
»East Hampton. Wohin sollten die jungen und
ungebundenen New Yorker sonst hingehen?« Sie bekam Ohrenschmerzen vom Telefon.
»Hm. Ich habe vergessen, wie es ist, jung und
ungebunden zu sein. Was hat Harold vor?« Smith stand auf und machte die Tür
auf.
»Verdammt.« Wetzon legte den Hörer auf den Tisch
und rieb sich das Ohr. Als sie den Hörer wieder ans Ohr legte, hörte sie das
Freizeichen. Sie legte auf und studierte wieder die Namen.
Smith rief: »Harold!« Dann ging sie wieder an
ihren Schreibtisch.
Harold erschien in der Tür. »Was gibt’s?«
»Du kannst auch Schluß machen, mein Lieber. Es
ist sowieso niemand mehr zu sprechen.« Smith lächelte ihn strahlend an.
»Oh... okay.« Er setzte die Brille ab und rieb
sich die Augen. »Ich bin gerade dabei, meine Zeit für die nächste Woche
einzuteilen.«
Auf Wetzon wirkte er angeheitert. Als hätte er
etwas genommen. Als er draußen war, fragte sie: »Was ist mit Harold los?«
»Was meinst du?«
»Ich weiß nicht. Er hört sich high an — als ob
er komische Zigaretten geraucht hätte.«
»Du verstehst alles falsch, Schatz. Er brauchte
nur seine Tracht Prügel, und die hat er bekommen. Das gefällt ihm.« Sie wandte
sich wieder ihrer Arbeit auf dem Schreibtisch zu. »Ich bin fast fertig. Hast du
Lust auf einen Drink?«
»Hm.« Wetzon starrte auf die Namenliste, indem
sie über das Papier strich, damit es sich nicht aufrollte. Sie spielte mit
einer Haarsträhne, die sich aus dem Knoten gelöst hatte, dann rief sie
Silvestri wieder an.
»Silvestri.«
»Tag, ich bin’s.«
»Mach es kurz, Les.« Er war ungewohnt schroff.
»Gut. Hast du alle Adressen auf der Namenliste,
die ich dir gab, geprüft? Vielleicht ist David...«
Er fiel ihr barsch ins Wort. »Mo hat es getan.
Geh nach Hause und ruh dich aus, Les.«
»Warte, Silvestri. Ist es nicht möglich, daß
David auch tot ist — ermordet?«
Sie hörte ein Durcheinander, Fröhlichkeit. Dann:
»Ich nehme es. Les, mach die Leitung frei. Sag es Weiss.«
»Moment...« Doch sie hörte wieder das
Freizeichen. »Verflixt.« Er hatte sie nicht einmal angehört. Sie knallte den
Hörer auf.
»Könntest du mal still sein, Wetzon. Du murmelst
und brummst vor dich hin, während ich hier versuche, zum Ende zu kommen. Es
lenkt mich ab.«
Wetzon stand auf und zog das Aktenfach heraus,
während sie sich zu erinnern versuchte, wie sie David Kim zu erstenmal begegnet
war. Hatte jemand ihn an sie verwiesen? Es mußte einen Lebenslauf von ihm
geben. Der entsprechende Ordner könnte etwas ergeben. Sie zog den Ordner heraus
und blätterte ihn durch. Du meine
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