Tödliche Saturnalien
unerschütterlicher Anhänger Pompeius’.«
»Und was stört dich daran?«
»Es ist einfach zu perfekt, um wahr zu sein. Außerdem strahlt er die absolute Bereitschaft, ja fast eine Lust aus, das Blut seiner Feinde mit eigenen Händen zu vergießen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß Gift sein Stil ist, obwohl ihm Celers Tod ungeheuer gelegen kam. Die Wut, mit der er auf meine Erwähnung eines Giftmordes reagiert hat, war zu überzeugend. Wenn er den Vorwurf erwartet hätte, wäre er wohl kaum in der Lage gewesen, auf Stichwort mit einer so extravaganten Gesichtsverfärbung zu reagieren.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob diese Einschätzung der Menschen immer so treffend ist, wie du zu glauben scheinst«, meinte sie. »Aber wer bleibt uns sonst noch?«
»Uns bleibt der curulische Aedile Murena, der einen Bericht über den Tod von Harmodia abgefaßt hat, der anschließend auf mysteriöse Weise verschwunden ist.«
»Und hast du ihn gefunden?«
»Das habe ich. Wie bereits gesagt, habe ich heute noch keine Minute verschwendet.«
Sie tätschelte meine Hand. »Ja, ja, mein Lieber, ich wollte auch gar nicht andeuten, daß du ein verantwortungsloser, großer Junge bist, der zu viel trinkt. Nun erzähl schon weiter.«
Ich erzählte ihr von meiner Befragung Murenas auf dem Markt der Juweliere und endete mit dem Satz: »Und dann bin ich zum Forum gegangen, wo du mich getroffen hast.«
»Seine politischen Ansichten klingen ganz wie deine«, bemerkte sie.
»Das ist ja das Problem«, gestand ich. »Der Mann war mir recht sympathisch. Aber ich will nicht verhehlen, daß man mich schon mehr als einmal getäuscht hat.«
»Es gibt zu viele Details, die nicht zueinander passen«, sagte sie. »Wir müssen irgend etwas übersehen haben.«
»Zweifelsohne«, erwiderte ich düster. »Und ich bin sicher, daß ich im Laufe der Zeit darauf kommen werde, nur daß uns eben nicht mehr viel Zeit bleibt. Es wird uns wenig nützen, wenn ich in sechs Monaten in einem undichten Zelt in Gallien aufwache und ›Eureka!‹ rufe, während um unser Lager die zu Tausenden versammelten Wilden die Hörner blasen und die Trommeln schlagen.«
»Das würde uns in der Tat wenig nützen«, stimmte sie mir zu.
»Hast du gestern abend etwas aufgeschnappt?« wollte ich wissen.
»Schon möglich. Nach dem Bankett, als die Sklaven zu den diversen Feierlichkeiten aufgebrochen waren, haben wir das Triclinium sauber gemacht, und die Damen der verschiedenen Haushalte haben uns besucht und Geschenke gebracht. Es wurde natürlich viel geredet, der übliche Klatsch, aber in der Hauptsache ging es um Clodia.«
»Jeder denkt, daß sie Celer vergiftet hat?« vermutete ich.
»Natürlich. Aber es war noch mehr. Es scheint allgemein bekannt zu sein, daß sie der Kopf hinter dem politischen Aufstieg ihres Bruders ist. Vielleicht denkt sie ja auch für ihn.«
»Das würde mich nicht überraschen«, erwiderte ich. »Clodius ist bestimmt nicht der hellste Stern am römischen Firmament.«
»Wenn also jemand«, fuhr sie fort und beugte sich verschwörerisch zu mir, »Clodius ausschalten wollte, ohne sich den Zorn seiner Meute zuzuziehen, wäre es da nicht klug, statt dessen Clodia loszuwerden?«
»Ich dachte, du hältst sie für schuldig«, wandte ich ein.
»Ich versuche nur so zu denken wie du, du Tölpel!« wies sie mich zurecht. »Paß mal auf. Irgend jemand hat gehofft, durch die Vergiftung Celers einen Feind loszuwerden und gleichzeitig Clodius zu diskreditieren, ihn möglicherweise sogar ganz auszuschalten, indem er dafür sorgt, daß seine Schwester, von der er völlig abhängig ist, vom Staat als Venefica zum Tode verurteilt wird. Selbst wenn Clodius in der Lage wäre, seine politische Arbeit alleine fortzuführen, wäre die Schande gleichwohl vernichtend. Würde dieser Plan einige Verdächtige von deiner Liste streichen?«
»In der Tat«, gab ich zu. »Wenn Clodius das eigentliche Opfer sein sollte, möchte irgend jemand Caesars Machtbasis in der Stadt unterminieren, während er in Gallien weilt.« Ich beäugte sie argwöhnisch. »Du hast dir das doch nicht etwa bloß ausgedacht, um deinen Onkel unschuldig erscheinen zu lassen.«
»Ich bin nur auf der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit«, erklärte sie unschuldig wie ein Lamm. Dann riß sie alarmiert die Augen auf. »Diese Männer da drüben!«
Ich sah mich in Erwartung gedungener Mörder um. »Wo?« Ich griff in meine Tunika und umfaßte den Griff meines Dolches, obwohl ich weit und breit
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