Toedliche Spiele
sanft.
»Sehr witzig«, sagt Peeta. Urplötzlich schlägt er Haymitch das Glas aus der Hand. Es zerschellt auf dem Fußboden, die blutrote Flüssigkeit bahnt sich eine Spur zum hinteren Teil des Zuges. »Nur - wir können darüber gar nicht lachen.«
Haymitch überlegt einen Augenblick, dann verpasst er Peeta einen Kinnhaken, der ihn vom Stuhl schleudert. Als Haymitch sich wieder den Schnapsflaschen zuwenden will, stoße ich mein Messer in den Tisch, genau zwischen seiner Hand und der Flasche, und verfehle seine Finger nur um Haaresbreite. Ich bereite mich darauf vor, seinem Schlag auszuweichen, aber es kommt nichts. Stattdessen lehnt Haymitch sich zurück und schaut uns mit zusammengekniffenen Augen an.
»Was haben wir denn da?«, sagt er. »Hab ich dieses Jahr etwa zwei Kämpfer gekriegt?«
Peeta steht auf und klaubt etwas Eis unter der Obstschale hervor. Er will es auf die rote Schwellung an seinem Kinn drücken.
»Nein«, sagt Haymitch und hält ihn zurück. »Die Leute sollen den Bluterguss ruhig sehen. Dann denken sie, du wärst schon mit einem anderen Tribut aneinandergeraten, bevor es überhaupt in die Arena geht.«
»Das verstößt gegen die Regeln«, sagt Peeta.
»Nur wenn man sich erwischen lässt. Dieser Bluterguss bedeutet, dass du gekämpft hast, und wenn sie dich nicht erwischt haben, umso besser«, sagt Haymitch. Er wendet sich an mich. »Kannst du mit dem Messer da auch noch was anderes treffen als den Tisch?«
Pfeil und Bogen sind meine Waffen. Aber ich habe auch lange Messerwerfen geübt. Manchmal, wenn ich ein Tier mit dem Pfeil nur verwundet habe, ist es besser, auch noch ein Messer hinterherzuwerfen, bevor ich mich ihm nähere. Wenn ich Haymitchs Interesse wecken will, dann ist jetzt die Gelegenheit, Eindruck zu schinden. Ich ziehe das Messer aus dem Tisch, halte es an der Klinge fest und werfe es an die gegenüberliegende Wand. Ich habe eigentlich nur gehofft, dass es stecken bleibt, aber es landet sogar genau zwischen zwei Paneelen und ich stehe da wie ein Ass.
»Stellt euch hierher, alle beide«, sagt Haymitch und deutet mit dem Kopf in die Mitte des Abteils. Wir gehorchen und er umkreist uns und stupst uns ab und zu an wie Tiere, prüft unsere Muskeln, untersucht unsere Gesichter. »Hm, so ganz hoffnungslose Fälle seid ihr nicht. Sieht so aus, als wärt ihr in Form. Und wenn die Stylisten euch erst mal in die Finger kriegen, werdet ihr schon ganz passabel aussehen.«
Peeta und ich hinterfragen das nicht. Die Hungerspiele sind kein Schönheitswettbewerb, aber die attraktivsten Tribute ziehen immer die meisten Sponsoren an.
»Na gut, ich mache einen Deal mit euch. Ihr mischt euch nicht in meine Sauferei ein und ich bleibe nüchtern genug, um euch zu helfen«, sagt Haymitch. »Aber ihr müsst genauestens befolgen, was ich euch sage.«
Das ist nicht nur ein Deal, es ist ein Riesenschritt nach vorn, denn vor zehn Minuten hatten wir noch überhaupt niemanden, der uns führt.
»Prima«, sagt Peeta.
»Dann helfen Sie uns«, sage ich. »In der Arena, vor dem Füllhorn, was ist da die beste Strategie, um ...«
»Eins nach dem anderen. In ein paar Minuten fahren wir in den Bahnhof ein. Ihr werdet euren Stylisten übergeben. Es wird euch nicht gefallen, was sie mit euch veranstalten. Doch was es auch ist, lasst es über euch ergehen«, fährt Haymitch fort.
»Aber ...«, hebe ich an.
»Kein Aber. Lasst es über euch ergehen«, sagt Haymitch. Er nimmt die Schnapsflasche, die auf dem Tisch steht, und verlässt den Wagen. Als die Tür hinter ihm zuschlägt, wird es dunkel. Ein paar Lichter sind noch an, aber draußen sieht es aus, als wäre plötzlich wieder Nacht. Wir müssen in den Tunnel gefahren sein, der durchs Gebirge hinauf zum Kapitol führt. Die Berge bilden ein natürliches Hindernis zwischen dem Kapitol und den östlich gelegenen Distrikten. Außer durch die Tunnel ist es fast unmöglich, sich von Osten zu nähern. Dieser geografische Vorteil war einer der Hauptgründe dafür, dass die Distrikte den Krieg verloren haben und ich heute ein Tribut bin. Die Rebellen, die die Berge erklimmen mussten, waren leichte Ziele für die Luftwaffe des Kapitols.
Peeta Mellark und ich schweigen, während der Zug seine Fahrt fortsetzt. Der Tunnel ist endlos lang, ich muss an die Tonnen Gestein denken, die mich vom Himmel trennen, und meine Brust zieht sich zusammen. Ich hasse es, so in Stein eingeschlossen zu sein. Es erinnert mich an die Minen und an meinen Vater, wie er in der Falle saß,
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