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Toedliche Spiele

Toedliche Spiele

Titel: Toedliche Spiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Collins
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Haar.
    Das müssen sie zeigen. Und falls sie die Kameras doch lieber abwenden, müssen sie zumindest zeigen, wie die Leichen abgeholt werden, und dann werden alle sie sehen und wissen, dass ich das getan habe. Ich trete zurück und schaue Rue ein letztes Mal an. Wie sie so daliegt, könnte sie auch auf der Wiese aus dem Lied liegen und schlafen.
    »Leb wohl, Rue«, flüstere ich. Ich lege die drei mittleren Finger meiner linken Hand an die Lippen und strecke sie zu ihr. Dann gehe ich fort, ohne mich umzuschauen.
    Die Vögel verstummen. Irgendwo stößt ein Spotttölpel den Warnruf aus, der das Hovercraft ankündigt. Ich weiß nicht, woher der Vogel es weiß. Er hat wohl bessere Ohren als wir Menschen. Ich bleibe stehen, schaue nach vorn, nicht zurück. Bald aber hebt der allgemeine Gesang der Vögel wieder an und ich weiß, dass sie fort ist.
    Ein anderer Spotttölpel, dem Anschein nach ein Jungvogel, landet auf einem Zweig vor mir und trällert Rues Melodie. Mein Lied und der Warnruf waren für diesen Anfänger noch zu neu, aber Rues kleine Melodie hat er sich angeeignet. Die Melodie, die mir verkünden sollte, dass sie in Sicherheit war.
    »Sicher und wohlauf«, sage ich, während ich unter dem Ast hindurchgehe. »Jetzt müssen wir uns nicht mehr um sie sorgen.« Sicher und wohlauf.
    Ich habe keine Ahnung, wohin ich gehen soll. Das kurze Heimatgefühl, das ich diese eine Nacht mit Rue hatte, ist verschwunden. Meine Füße tragen mich hierhin und dorthin, bis die Sonne untergeht. Ich habe keine Angst, bin nicht mal wachsam. Was mich zur leichten Beute macht. Aber ich würde jeden töten, der mir über den Weg läuft. Ohne mit der Wimper zu zucken und ohne das leiseste Zittern der Hand. Mein Hass auf das Kapitol hat meinen Hass auf meine Gegner kein bisschen verringert. Besonders auf die Karrieros. Sie wenigstens kann ich für Rues Tod bezahlen lassen.
    Aber es taucht niemand auf. Wir sind nicht mehr viele und die Arena ist groß. Bald werden sie irgendeinen Trick aus dem Hut ziehen, um uns zusammenzutreiben. Doch für heute ist genug Blut geflossen. Vielleicht bekommen wir sogar ein bisschen Schlaf.
    Ich hieve gerade meine Bündel auf einen Baum, um dort mein Lager aufzuschlagen, als ein silberner Fallschirm heruntergesegelt kommt und vor meinen Füßen landet. Das Geschenk eines Sponsors. Aber warum jetzt? Ich bin ganz gut versorgt. Vielleicht hat Haymitch meine Niedergeschlagenheit bemerkt und versucht mich ein bisschen aufzuheitern. Oder ist es etwas für mein Ohr?
    Ich öffne den Fallschirm und finde einen kleinen Laib Brot. Keiner von den feinen weißen wie im Kapitol. Es ist sichelförmig, aus dunklem Rationsgetreide, mit Körnern bestreut. Ich erinnere mich an die Lektion über die unterschiedlichen Brote in den einzelnen Distrikten, die Peeta mir im Trainingscenter gehalten hat. Dieses Brot stammt aus Distrikt 11. Behutsam hebe ich den noch warmen Laib auf. Was muss es die Bewohner von Distrikt 11 gekostet haben, die sich nicht einmal selbst ernähren können? Wie viele von ihnen mussten sich das bisschen Geld vom Mund absparen, um zur Sammlung für diesen einen Laib Brot beizutragen? Es war für Rue bestimmt, ganz sicher. Aber anstatt das Geschenk zurückzuziehen, als sie starb, haben sie Haymitch ermächtigt, es mir zu geben. Als Dankeschön? Oder weil sie wie ich Schulden nicht gern unbeglichen lassen? Wie dem auch sei, dies ist eine Premiere. Ein Geschenk für einen Tribut aus einem anderen Distrikt.
    Ich schaue nach oben und trete in die letzten Sonnenstrahlen. »Ich danke dem Volk aus Distrikt 11«, sage ich. Sie sollen wissen, dass ich weiß, woher es kommt. Dass der volle Wert ihres Geschenks erkannt wurde.
    Gefährlich hoch klettere ich in den Baum, nicht um mich in Sicherheit zu bringen, sondern um mich so weit wie möglich vom heutigen Tag zu entfernen.
    Mein Schlafsack befindet sich ordentlich aufgerollt in Rues Bündel. Morgen werde ich die Vorräte sichten. Morgen werde ich einen neuen Plan machen. Aber heute Nacht kann ich mich nur noch festschnallen und kleine Bissen von dem Brot essen. Es ist gut. Es schmeckt nach Heimat.
    Bald erscheint das Wappen am Himmel und die Hymne erklingt in meinem rechten Ohr. Ich sehe den Jungen aus Distrikt 1, Rue. Für heute Abend ist das alles.
Jetzt sind wir noch sechs,
denke ich.
Nur noch sechs.
Mit dem Brot in der Hand schlafe ich ein.
    Manchmal, wenn alles ganz schlimm ist, schenkt mein Gehirn mir einen schönen Traum. Einen Ausflug in den Wald mit meinem

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