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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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hatte ich ihn kennen- und schätzengelernt, weil er das einzige Mitglied
dieser Firma war, das nicht glaubte, der Welt und dem Anwaltsstand einen
Gefallen zu tun, indem er diesen Beruf ausübte. Angesichts der Höhe seines
Honorars nahm ich seine Dienste nur dann in Anspruch, wenn das Walten der
Gerechtigkeit mich in die Knie zu zwingen drohte.
    Freeman war wie immer hocherfreut, von mir zu
hören, fragte, ob ich gegen Sergio Rodriguez Hilfe brauchte, und meinte, daß
ich eigentlich wissen müßte, daß er mir über die Klienten seiner Firma keine
Auskunft geben dürfte.
    „Mensch, Freeman, wenn ich immer davon ausginge,
daß niemand was sagt, könnte ich sofort nach Hause und ins Bett gehen. Ein
Versuch kostet nichts.“
    Er lachte und sagte, ich solle mich wieder melden,
falls ich meine Meinung bezüglich Sergio ändern würde, und legte auf.
    Am Donnerstag nach meiner zweiten Unterhaltung mit
Fabiano rief mich ein Mann an, der Hilfe brauchte, um den Drogenhandel auf dem
Grundstück seiner kleinen Kartonfabrik zu unterbinden. Ein richtiger Klient.
Bevor ich ihn aufsuchte, beschloß ich, meine Neugier im Fall Monkfish noch
einen Schritt weiter zu treiben.
    Das Büro von IckPiff befand sich in der Nähe des
Congress Expressway, am miesesten Ende des Loop. Ich fuhr an Höhlen und
Hausruinen vorbei und parkte in einer Seitenstraße.
    IckPiff konnte nicht über viel Geld verfügen. Das
Gebäude war eines der wenigen, die der Verwüstung der Gegend entgangen waren,
sie standen an der Straße wie wacklige Kegel, die den Anstrengungen
dilettantischer Bowlingspieler widerstanden hatten. Ein paar Alkoholiker saßen
in den Eingängen und blinzelten unsicher in die späte Augustsonne. Ich stieg
über die ausgestreckten Beine eines Penners, der nicht mal wach genug wurde, um
mich anzubetteln, und betrat die stinkende Eingangshalle. Einem
handgeschriebenen Zettel entnahm ich, daß sich das IckPiff-Büro im dritten
Stock befand. Außerdem gab es noch eine Agentur, die Talente aller Art
vermittelte, ein Reisebüro, das Fremdenverkehrsbüro eines winzigen afrikanischen
Landes und eine Telemarketing Firma. Der Aufzug, ein winziger Kasten, war mit
einem Vorhängeschloß abgesperrt. Während ich die Treppe hinaufstieg, traf ich
auf keine Menschenseele, aber vielleicht war es noch zu früh am Tag für Talente.
Im dritten Stock schimmerte Licht durch die Milchglasscheiben der
IckPiff-Bürotür. An der Tür war ein Plakat angebracht, auf dem ein riesenhaft
vergrößerter Klecks - vermutlich ein Fötus - abgebildet war, über dem als
Schlagzeile prangte: BEENDET DAS GEMETZEL. Ich zog den Klecks in meine Richtung
und trat ein.
    Das Innere des Büros sah etwas besser aus als die
verwahrloste Eingangshalle und das Treppenhaus. Die Einrichtung bestand aus
billigen Schreibtischen und Aktenschränken aus Metall, einem langen Tisch aus
Fichtenholz, übersät mit Pamphleten, an dem freiwillige Helfer die Post
eintüten konnten, und einer Batterie von Telefonen für Kampagnen, die Druck auf
die Gesetzgebung ausüben sollten. Die Wände waren dekoriert mit Plakaten, die
Abtreibungen verteufelten und den Schutz des ungeborenen Lebens hochhielten.
    Eine stämmige weißhaarige Frau goß eine mickrige
Pflanze in einem schmutzigen Fenster. Sie trug einen beigen Rock aus Polyamid,
der vorne dank ihres hervorquellenden Bauches nach oben verrutscht war und den
Rand einer Unterhose freigab. Ihre geschwollenen Beine steckten in
Stützstrümpfen und Plastiksandalen. In einem Anfall von Mitleid fragte ich
mich, wie sie es jeden Tag die Treppe herauf schaffte.
    Sie musterte mich mit ausdruckslosen Augen, die
kaum aus den schwammigen Falten ihres Gesichts hervorlugten, und fragte, was
ich wolle.
    „Rechnungsprüfungsamt, Staat Illinois“, sagte ich
schroff und hielt ihr kurz meine Lizenz als Privatdetektiv unter die Nase. „Sie
sind als gemeinnütziger Verein eingetragen, nicht wahr?“
    „Ja, ja. Natürlich. Ja.“
    „Ich möchte lediglich einen Blick in die Liste
Ihrer Spender werfen. Die Frage ist aufgetaucht, ob IckPiff ausgenutzt wird, um
Steuern zu hinterziehen oder ob es sich hier um einen Fall von ordnungsgemäß
steuerlich absetzbaren Spenden handelt.“ Ich hoffte, daß sie nichts von
Buchhaltung verstand. Mein schwachsinniger Jargon würde keinen hinters Licht
führen, der ein Jahr aufs College gegangen war.
    Sie richtete sich auf. „Wir sind eine gemeinnützige
Organisation. Wenn die Kindermörder sie geschickt haben, um uns zu drangsalieren,

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