Tödliche Therapie
werde
ich die Polizei rufen.“
„Nein, nein“, sagte ich beruhigend. „Ich bewundere
Ihre Ansichten und Ziele. Nehmen Sie es nicht persönlich - mich schickt das
Finanzamt und die Rechnungsprüfungsabteilung. Wir können doch nicht hinnehmen,
daß Ihre Spender Sie in gesetzesbrecherischer Absicht ausnutzen, oder?“
Sie schlurfte an ihren Schreibtisch zurück. „Ich
muß erst Mr. Monkfish anrufen. Er hat es nicht gern, wenn ich unsere Unterlagen
Fremden zeige.“
„Ich bin keine Fremde“, sagte ich fröhlich. „Nur
eine Angestellte des öffentlichen Dienstes. Es wird nicht lange dauern.“
Sie wählte. Mit einer Hand über der Sprechmuschel
fragte sie: „Wie, sagten Sie, war Ihr Name?“
„Jiminez, Rosemary Jiminez.“
Leider war Mr. Monkfish zu Hause oder im Club oder
wo immer sie ihn anrief. Sie schilderte ihre prekäre Lage und nickte mehrmals
erleichtert, bevor sie auflegte.
„Wenn Sie einen Augenblick warten wollen, Mrs...
Wie war Ihr Name doch gleich. Er ist schon unterwegs.“
„Wie lange wird es dauern, bis er hier ist?“
„Höchstens eine halbe Stunde.“
Ich sah auffällig auf meine Armbanduhr. „Ich habe
um zwölf eine Verabredung mit jemandem aus dem Büro des Gouverneurs. Wenn Mr.
Monkfish bis Viertel vor nicht hier ist, muß ich gehen. Und wenn ich ohne die
erforderlichen Informationen komme, wird mein Chef möglicherweise Ihre Akten
beschlagnahmen lassen. Das möchten Sie doch nicht, oder? Also warum zeigen Sie
mir nicht die Unterlagen, während wir warten.“
Sie zögerte, und ich setzte sie noch mehr unter
Druck und redete so nebenbei über die Polizei, das FBI und Beschlagnahmung.
Schließlich holte sie zwei schwere Aktenordner und einen Karteikasten mit den
Namen und Adressen der Spender und ließ mich damit am Tisch Platz nehmen. Alle
Unterlagen waren handschriftlich, und es herrschte ein entsetzliches
Durcheinander. Ich schlug einen Aktenordner hinten auf in der Hoffnung,
entweder Dicks Rechnung oder einen eingegangenen Betrag zu finden, der groß
genug wäre, um sie damit bezahlen zu können, aber es war aussichtslos. Ich
hätte Stunden gebraucht und hatte nur Minuten. Ich warf einen Blick in den
Karteikasten, der alphabetisch geordnet war, aber ich hatte keine Ahnung, nach
welchem ich unter den Tausenden von Namen Ausschau halten sollte. Aus Neugier
suchte ich unter Y nach Dicks Namen. Ich fand seinen Namen, die Telefonnummer
seines Büros und eine Notiz: „Rechnungen direkt dem Spender zuleiten.“ Ich
schlug den Kasten zu und stand auf.
„Ich glaube, wir müssen mit ein paar Kollegen wiederkommen.
Ihre Akten sind nicht gerade - verzeihen Sie, aber ich muß es sagen -
ordentlich geführt.“
Ich nahm meine Handtasche und ging auf die Tür zu.
Unglücklicherweise war ich nicht schnell genug gewesen. Als ich die Tür
öffnete, kam mir Dieter Monkfish entgegen. Seine geröteten Froschaugen
stierten mich an.
„Sind Sie die Frau vom Finanzamt?“ Sein nasaler
Bariton paßte nicht zu seinem schmächtigen Körperbau und klang mir in den
Ohren.
„Dame“, sagte ich mechanisch. „Ich habe nicht
gefunden, wonach ich suchte. Wir werden ein ganzes Team herschicken müssen, wie
ich Ihrer Sekretärin bereits angekündigt habe.“
„Ich möchte Ihren Ausweis sehen. Haben Sie sich
ihren Ausweis zeigen lassen, Marjorie?“
„Natürlich, Mr. Monkfish.“
„Ja, das ist erledigt“, sagte ich beschwichtigend.
„Ich muß jetzt gehen. Ich bin zum Mittagessen mit einem der Mitarbeiter des
Gouverneurs verabredet.“
„Ich möchte Ihren Ausweis sehen, junge Frau.“ Er
versperrte mir den Weg.
Ich zögerte. Er war größer als ich, aber
spindeldürr. Vermutlich hätte ich mir meinen Weg freiboxen können. Aber dann
würde Marjorie die Polizei rufen, und was für ein Ende würde die Geschichte
nehmen? Ich zog aus meiner Tasche eine Karte mit nichts außer meinem Namen und
meiner Adresse drauf und reichte sie ihm.
„V. I.
Warshawski.“ Er spuckte jedes einzelne Wort
aus. „Wo ist Ihr Ausweis vom Staat Illinois?“
Ich blickte ihn mit unglücklicher Miene an. „Ich
fürchte, ich habe mich zu einer kleinen Lüge verstiegen, Mr. Monkfish. Ich
komme nicht wirklich vom Staat. Es ist so.“ Ich legte ergänzend eine Hand auf
seinen Arm. „Kann ich Ihnen vertrauen? Ich spüre, daß sie ein Mann sind, der
die Frauen wirklich versteht. Ich meine, denken Sie nur daran, wieviel
Verständnis Sie aufbringen für Frauen, die ungewollt schwanger sind - das
heißt, wie gut Sie
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