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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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Unterlagen kopieren? Ich fahre jetzt zu Lotty. Ich möchte ihr
etwas Tröstliches sagen können.“
    Er ignorierte mich und ging zum Telefon. Zuerst
wußte ich nicht mehr, wer Humphries war. Dann, als Peter mit ihm sprach -
„Alan! Tut mir leid, dich aus dem Bett zu holen“ -, fiel es mir wieder ein:
Alan Humphries, der aalglatte, perfekt gefönte Verwaltungschef des Friendship.
Er hatte Fabiano fünftausend Dollar Schweigegeld gezahlt. Schutzgeld. Würde Fabiano
das berücksichtigen und Friendship nicht mitanzeigen? Oder hatte er zuviel
Gefallen an dem hellblauen Auto gefunden und beschlossen, diese Quelle noch
einmal anzuzapfen.
    Peter legte auf. „Soweit Alan weiß, sind wir nicht
betroffen. Aber nachdem Dr. Herschel der ursprünglich behandelnde Arzt war,
wissen wir nichts Endgültiges, bevor nicht Anklage erhoben wird.“
    Am liebsten hätte ich ihm eine geklebt. „Kannst du
vielleicht mal an was anderes als an dich denken? Ich möchte wissen, ob du
Friendships Unterlagen über Consuelo für Dr. Herschel besorgen kannst? Hast du
Humphries überhaupt danach gefragt? Oder geht es dir nur um dich?“
    „Sei nicht böse, Vic. Aber die Sache ist nicht auf
die leichte Schulter zu nehmen. Es kann jeden treffen, der mit der Patientin
zu tun hatte. Tut mir leid, daß ich nur an Friendship gedacht habe, aber wir
sind ebenso verletzbar wie Lotty. Mehr noch - die Rechtsanwälte werden es auf
uns abgesehen haben, weil sie wissen, daß wir Geld haben.“ Er zögerte und
streckte mir dann eine Hand entgegen. „Kannst du nicht deine Besorgnis um Lotty
auf mich ausdehnen?“
    Ich nahm seine Hand und blickte auf sie hinunter
anstatt in sein Gesicht. „Ich kenne Lotty seit bald zwanzig Jahren. Zuerst war
sie eine Mutter für mich, und dann wurden wir - Freunde ist zu wenig gesagt.
Ihre Probleme sind meine Probleme. Wenn wir uns zwanzig Jahre kennen werden,
werde ich wahrscheinlich dasselbe für dich empfinden.“
    Er drückte meine Hand so fest, daß ich
zusammenzuckte.
    Ich sah ihm ins Gesicht und bemerkte überrascht,
daß alle Farbe daraus gewichen war, seine Augen funkelten wild und fiebrig im
Lampenlicht.
    „Ich hoffe es, Vic. Ich hoffe, daß ich dich in
zwanzig Jahren noch kennen werde.“
    Ich gab ihm einen Kuß. „Mach es nicht so
dramatisch. Es gibt keinen Grund, warum das nicht der Fall sein sollte. Ich hab
nicht vor, morgen tot umzufallen. Aber jetzt muß ich los. Lotty braucht mich,
und sie hätte mich nicht darum gebeten zu kommen, wenn es nicht dringend wäre.“
    „Okay“, sagte er widerstrebend. „Es macht mich
nicht glücklich, aber ich kann's verstehen.“
    „Und wirst du dich um Consuelos Unterlagen
kümmern?“
    „Ja, natürlich. Am Montag. Fahr vorsichtig.“
    An der Tür gab er mir einen Abschiedskuß, und
Peppy, die der Meinung war, wir würden zurück zum See fahren, begleitete mich
schwanzwedelnd bis zu meinem Wagen. Als ich sie nicht einsteigen ließ, sah sie
mir mit hocherhobener Schnauze nach, bis ich außer Sicht war.
     
    19   IckPiff - und andere Akten
     
    Es endete damit, daß ich Lotty in ihre Praxis
zerrte, um mich selbst davon zu überzeugen, daß die Akte verschwunden war. Es
ist völlig irrational, felsenfest davon überzeugt zu sein, daß ein obskures
Versteck übersehen wird und man selbst es triumphierend entdeckt. Ich hob
Teppiche hoch, sah hinter Heizkörpern nach, in jeder Schublade, durchforstete
die Aktenschränke, ließ kein Blatt auf dem anderen. Nach ein paar Stunden
mußte ich mir eingestehen, daß die Akten nicht da waren.
    „Was ist mit Malcolms Band, mit den Notizen, die er
gemacht hat, nachdem er Consuelo im Friendship behandelt hat? Hast du das Band
noch?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Ich hab’s nie gehabt.
Seine Mörder müssen das Diktiergerät mitgenommen haben.“
    „Komisch, daß sie ausgerechnet das gestohlen haben.
Den Fernseher oder den Anrufbeantworter haben sie dagelassen.“
    „Vielleicht war das Fernsehgerät zu schwer. Es war
eines dieser altmodischen Dinger, das ihm einer seiner Professoren geschenkt
hatte. Um die Wahrheit zu sagen, im Schock über seinen Tod habe ich überhaupt
nicht mehr an das Band gedacht. Wir könnten hinfahren und nachsehen, ob es noch
da ist.“
    „Warum nicht? Ich wollte heute nacht sowieso nur
schlafen.“
    Ich fuhr mit ihr zu Malcolms Wohnung. Sogar in
dieser Gegend wird es in den frühen Morgenstunden ruhiger. Ein paar Betrunkene
waren unterwegs, ein alter, arthritischer Mann führte seinen

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