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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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sollte
er sofort die Polizei rufen, aber vermutlich will er noch immer den Helden
spielen.“
    Sie fielen gemeinsam über mich her und wollten
alles über mein Treffen mit Sergio wissen. Ich erzählte ihnen meine Standardversion
von der uralten Rechnung wegen seiner Verurteilung. Einer von ihnen nahm über
sein Sprechgerät Verbindung mit dem Mann im Auto auf und bat ihn, Rawlings zu
informieren. Während sie sich Notizen machten und auf Rawlings warteten,
unterzog ich das Chaos in meiner Wohnung einer Inspektion. Im Wohnzimmer
stimmte irgend etwas nicht, aber ich wußte nicht was. Mein Fernsehgerät und die
Stereoanlage waren da, aber alle meine Bücher und Schallplatten lagen in einem
wüsten Durcheinander auf dem Boden.
    Ein paar kleinere Gegenstände schienen zu fehlen,
aber die einzigen Stücke, die mir am Herzen liegen - die Weingläser meiner
Mutter -, standen unbeschadet im Eßzimmerschrank. Der kleine Safe hinter dem
Garderobenschrank war nicht angerührt worden; in ihm lagen ihr Diamantanhänger
und die dazu passenden Ohrringe. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, diese
filigranen Schmuckstücke selbst zu tragen, aber ich würde sie niemals hergeben.
Wer weiß - ich könnte ja eines Tages eine Tochter haben. Es sind schon seltsamere
Dinge vorgekommen.
    „Rühren Sie nichts an“, warnte mich der junge
Polizist.
    „Nein, nein, mach ich nicht.“ Nicht, daß es wichtig
gewesen wäre. Bei ungefähr neunhundert Morden pro Jahr, dem Vielfachen an
Raubüberfällen und Vergewaltigungen, galt Einbruch nicht als besonders
schwerwiegendes Delikt. Aber wir würden alle so tun, als ob etwas wirklich
Großes gewonnen wäre, wenn die Leute von der Spurensicherung Fingerabdrücke
nahmen und alles genau aufzeichneten. Das einzige, was ich nicht wollte, war,
daß sie die IckPiff-Akten näher in Augenschein nahmen. Ich ging zurück ins
Wohnzimmer, um einen verstohlenen Blick darauf zu werfen, und mir wurde klar,
was nicht stimmte.
    Normalerweise türmen sich auf meinem Couchtisch
Stapel des Wall Street Journal, Post, die ich noch nicht beantwortet hatte, und
verschiedene persönliche Dinge. Peter hatte die Ordner und den Karteikasten auf
den Zeitungen abgestellt. Bevor ich gestern morgen aufgebrochen war, hatte ich
den Karteikasten ordentlich wieder oben daraufgestellt. Nicht nur, daß alle
IckPiff-Akten und der Kasten verschwunden waren, auch die Zeitungen fehlten.
Jemand hatte alles zusammengepackt, Zeitungen, Briefe, Zeitschriften, ein altes
Paar Sportsocken, und sich damit auf und davon gemacht.
    „Was ist los?“ fragte der bierbäuchige Polizist.
„Fehlt hier irgendwas?“
    Ich durfte nicht darüber sprechen. Ich durfte nicht
einmal sagen, daß meine alten Zeitungen fort waren. Alte Zeitungen werden einem
nur gestohlen, weil der Dieb glaubt, man hätte darin etwas versteckt.
    „Nicht, daß ich wüßte, Officer.“
     
    20 Familienbande
     
    Rawlings tauchte mit den Leuten von der
Spurensicherung gegen neun auf. Er sprach kurz mit den Polizisten, schickte
sie dann weg und kam ins Wohnzimmer.
    „Ja, ja, Ms. Warshawski. Als ich das erstemal hier
war, hab ich mir schon gedacht, daß ein ordentlicher Haushalt nicht gerade
eine Ihrer Stärken ist, aber dieser Saustall ist was ganz Besonderes.“
    „Danke, Detective. Ich wollte Ihnen eine Freude
machen.“
    „Aha.“ Er schlenderte auf das Bücher- und Schallplattenregal
zu. Sein Inhalt lag auf dem Boden verstreut, die Schallplatten zum Teil aus den
Hüllen gezerrt. Er hob ein paar Bücher auf.
    „Primo
Levi. Italiener?“
    „Ja. Ihr Kollege hat mich darauf hingewiesen,
nichts anzufassen, bis die Spurensicherung fertig ist.“
    „Und danach kriegen Sie einen Anfall von Putzwahn
und räumen auf. Kann ich mir lebhaft vorstellen. Meine Fingerabdrücke und
vermutlich auch Ihre dürften der Spurensicherung bekannt sein. Wenn den Leuten
hier die Arbeit ausgeht und sie auf die verrückte Idee kommen, die Bücher und
Schallplatten abzustauben, können sie ja die unseren fein säuberlich von denen
der Einbrecher trennen. Was haben sie gesucht?“
    Ich schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung. Ich habe
zur Zeit keinen Auftrag. Hier ist nichts, was irgend jemand interessieren
könnte.“
    „Ja, und ich bin der Kaiser von China. Fehlt
irgendwas?“
    „Ich habe die Bücher noch nicht kontrolliert. Daher
weiß ich nicht, ob Little
Women und Black Beauty fehlen.
Meine Mutter hat sie mir zu meinem neunten Geburtstag geschenkt, und mein Herz
würde brechen, wenn sie gestohlen

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