Tödliche Therapie
aufbrechen, sind wir mittags beim Boot.“
„In Ordnung. Das hier kann bis morgen warten.“ Ich
stand auf und holte meine Golfmütze. Obwohl die Narbe in meinem Gesicht kaum
mehr zu sehen war, bestand Dr. Pirwitz darauf, daß ich die Sonne noch für ein
paar Monate mied. Deshalb hatte ich mir für fünfundzwanzig Dollar eine
Golfmütze gekauft, an der vorne ein langes, grünes, transparentes Plastikschild
angebracht war. Zusammen mit dem Badeanzug und der Baseballjacke - für den
Fall, daß es auf dem Wasser kühl sein sollte - stellte sie meine Ausrüstung
dar.
Peter sah mich matt an. „Die Jacke und eine grüne
Golfmütze? Bitte, Vic. Das verkraftet mein Magen um diese Uhrzeit noch
nicht.“
Auch gegen die Smith & Wesson hatte er etwas.
Bei genauerem Nachdenken wußte ich auch keinen Grund, warum ich sie hätte
mitnehmen sollen. Falls sich Sergio rächen wollte, ließ er sich mehr Zeit
damit, als es die Straßenbanden normalerweise tun. Ich wog den Revolver in der
Hand und ging schließlich den Kompromiß ein, ihn für die Dauer des Ausflugs im
Handschuhfach meines Wagens einzuschließen.
Ich folgte Peter bis zu seinem Haus in Barrington
Hills im eigenen Auto. Das Haus war fantastisch. Nicht übermäßig groß,
vielleicht acht Zimmer, in einem zehn Hektar großen Grundstück gelegen, mit
einem kleinen Wäldchen und einem Bach. Die Vögel zwitscherten in der
Mittagssonne. Die Luft war sauber, ohne Kohlenwasserstoffe, die einem die
Gefäße verstopften. Ich mußte zugeben, daß es schwer war, von hier wegzuziehen,
nur um in der Stadt zu arbeiten. Sein Hund, ein goldbrauner Retriever namens
Prinzessin Scheherazade von DuPage, Peppy gerufen, kam uns freudig
entgegengelaufen. Peter hatte eine elektronische Füttervorrichtung installiert,
die ihr jeden Nachmittag pünktlich um sechs eine Ration Hundefutter in ihrer
großen Hundehütte vorsetzte, so daß er bedenkenlos für längere Zeit fort konnte.
Peppy wirkte glücklich und war nie beleidigt, wenn sie lange allein gelassen
worden war. Da ich schon mehrmals bei Peter gewesen war, kannte sie mich und freute sich über mich ebenso wie über ihn. Ich
blieb im Garten und spielte mit ihr, während Peter sich umzog. Nach einer
halben Stunde kam er in Freizeitkluft und mit einer Kühltasche zurück.
„Ich hab uns ein bißchen was zum Essen eingepackt“,
sagte er. „Du hast nichts dagegen, wenn wir Peppy mitnehmen?“
Ich konnte mir nicht vorstellen, wie das zu
verhindern gewesen wäre. Beim Anblick von Peters Jeans drehte sie durch, wedelte
wild mit dem Schwanz, lief zum Auto und wieder zurück. Als er die Tür
aufmachte, sprang sie auf den Rücksitz und machte es sich mit einem
herausfordernden Grinsen bequem.
Lake Pistakee lag ungefähr sechzehn Meilen weiter
nördlich. Wir fuhren langsam über Landstraßen, die Fenster offen; die warme
Sommerluft hüllte uns ein. Peppy streckte die ganze Zeit den Kopf aus dem
Fenster. Je näher wir dem Wasser kamen, desto öfter knurrte sie aufgeregt. Als
wir anhielten, sprang sie durch das Fenster hinaus und rannte zum See. Ich
folgte Peter zum Bootshafen. Da es ein normaler Werktag war, waren wir die
einzigen Besucher. Sein Boot war ein hübsches, weiß-rotes Fiberglasboot, groß
genug für zwei Erwachsene mit Hund. Peppy sprang aufs Boot, rannte hin und her
zwischen Bug und Heck, während wir die Leinen losmachten.
Wir verbrachten einen wunderbaren Tag auf dem
Wasser. Wir schwammen, machten ein Picknick, sahen Peppy zu, wie sie über Bord
sprang und einen Schwarm Enten jagte. Ich vergaß die Stadt, Sergio und Dieter
Monkfish. Ab und zu verfiel Peter in ein brütendes Schweigen, aber was immer
ihn beschäftigte, er behielt es für sich. Um sieben, als die Sonne unterging,
segelten wir in den Hafen zurück. Jetzt war er bevölkert von Familien, die dem
arbeitsreichen Tag zu entfliehen suchten. Auf dem Rückweg aßen wir in einem
kleinen Gasthaus an einer Seitenstraße zu Abend. Wir packten die Reste unserer
Steaks für Peppy ein und fuhren weiter zu Peters Haus.
Während Peter von seinem Arbeitszimmer aus im
Krankenhaus anrief, telefonierte ich in der Küche mit meinem Auftragsdienst.
Lotty erwartete dringend meinen Anruf. Ich wählte mit klopfendem Herzen ihre
Nummer. Womöglich war es wieder zu Ausschreitungen gekommen, nur wegen meines
blöden Einbruchs... Sie meldete sich beim ersten Klingeln mit einer für sie
untypischen Aufregung.
„Viel... Nein, nein, mit der Praxis ist alles in
Ordnung. Aber ein Anwalt hat
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