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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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herausgefunden?“
    „Nichts, was so brandheiß wäre wie deine
Geschichte.“ Er blätterte ein paar Seiten in seinem Notizbuch zurück. „Bert
McMichaels. Einer der Abteilungsleiter des Amtes für Umwelt und Gesundheit, verantwortlich
für die Vorschriften im Gesundheitswesen. Fünfzig Jahre alt. Arbeitet seit
langem für den Staat. Früher bei der Umweltschutzbehörde, kam bei der letzten
Ernennungsrunde ins Gesundheitswesen. Keine entsprechende Ausbildung, als Arzt
zum Beispiel, aber er hat 'ne Menge Durchblick, wenn es um staatliche Behörden,
Verwaltung, Finanzen und so weiter geht.“ Er trank einen Schluck Bier und
wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. „Was du wissen möchtest ist, wer
sind seine Freunde in Springfield. Er steht auf gutem Fuß mit Clancy DcDowell.“
Er wandte sich an Lotty und Max, die ihn verständnislos ansahen. „McDowell ist
ein ganz normaler, durchschnittlicher Abgeordneter. Er hat Freunde, die ihm
Wählerstimmen verschaffen, und dafür verschafft er seinen Freunden Stellen.
Also, McMichaels ist ein großer Stimmenlieferant, und deswegen hat ihn die
Regierung des Staates Illinois nie arbeitslos werden lassen.“
    Lotty wollte Einwände erheben, aber Murray hielt
die Hand hoch. „Ich weiß. Es ist grauenhaft. Es ist verwerflich. Ein solcher
Kerl sollte nicht in einer Position sein, in der er darüber zu entscheiden hat,
ob ein Krankenhaus gebaut oder eine Entbindungsstation zugelassen wird, aber
wir leben nicht in Utopia und noch nicht einmal in Minneapolis - wir leben in
Illinois.“
    Er schien nicht unglücklich darüber. Warum sollte
man depressiv werden oder sich grün und blau ärgern wegen einer Situation, die
so festgeschrieben ist, daß sie selbst Kindern im Sozialkundeunterricht
eingebleut wird? Murray fuhr fort. Ich weiß
nicht, warum er beim Sprechen ständig in seine Notizen sieht, er weiß alles
auswendig, aber ohne sie geht es nicht - vielleicht überzeugt er sich auf diese
Weise selbst davon, daß er ein
echter Jorunalist ist.
    „Jedenfalls haben deine Freunde vom Friendship
ihren Teil dazu beigetragen, daß Clancy 1980, 82, und 84 wiedergewählt wurde.
Jeweils zehntausend Dollar. Kein spektakulärer Betrag, aber ein normaler
Abgeordneter kostet nicht viel, und der gute Wille zählt.“ Er klappte
schwungvoll sein Notizbuch zu. >Ich möchte etwas zu essen. Und ich möchte
noch ein Bier.<
    Unser Restaurant steht nicht im Ruf, einen
besonders schnellen Service zu bieten. Deshalb kann man hier gut essen. Das
Personal versucht nicht, einen hinauszuekeln, und darum beschwert man sich
nicht, wenn das Essen eine Stunde auf sich warten läßt.
    Lotty war höchst aufgebracht. „Ich weiß, Sie und
Vic denken, daß das die allgemein übliche Praxis ist. Aber ich kann das nicht
so einfach hinnehmen. Wie ist das möglich - einen Politiker zu bestechen, nur
um ein paar Dollar zu sparen. Und dafür Menschenleben zu riskieren?“
    Aus Respekt vor Lottys Gefühlen schwiegen wir eine
Weile. Es schmerzte sie furchtbar, die Profession korrumpiert zu finden, die
sie selbst gewählt hatte, um die Ungerechtigkeiten wiedergutzumachen, die sie
als Kind erlebt hatte. Sie würde sich nie den Panzer aus Zynismus zulegen, um
sich vor diesen schmerzhaften Erfahrungen zu schützen.
    Schließlich sagte Max zu mir: „Vielleicht haben die
Leute in Springfield, die Freunde von diesem Clancy, Malcolm umgebracht. Oder
vielleicht hat die Polizei doch recht, und es war ein gewöhnlicher Raubmord.“
    Ich schüttelte den Kopf. „Das glaube ich nicht. Und
ich bezweifle, daß Bert McMichaels bis zum Mord gehen würde, wenn das
schuldhafte Versäumnis von Friendship ans Tageslicht käme. Schließlich kann er
behaupten, daß er Friendships Angaben über deren Ausstattung blind vertraut
hat. Nein, diejenigen, für die wirklich etwas auf dem Spiel steht, sind die
Leute vom Krankenhaus. Sie konnten es nicht zulassen, daß Malcolms Bericht über
die Behandlung von Consuelo in Lottys Hände geriet. Als sie ihn in seiner
Wohnung nicht fanden, haben sie die Demonstration vor der Praxis inszeniert.
Aber wo ist der Bericht? Wir haben das Diktiergerät gefunden, es war leer.“
    Und wer hat Malcolm tatsächlich umgebracht? fügte
ich im stillen hinzu. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß sich Alan Humphries
selbst die Hände schmutzig machte. Und Peter, der moralisch hochsensible Peter?
Hätte er jemandem den Schädel eingeschlagen, würde er jetzt in einer Zwangsjacke
stecken.
    Max ergriff Lottys Hand.

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