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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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wird heute so sorgfältig geplant wie früher
der Autokauf.
    „Mittlerweile ist die Problematik so bekannt, daß
Krankenhäuser, die hinsichtlich Entbindungen noch konkurrenzfähig sein wollen,
einen Perinatalogen zur Hand haben müssen. Zusätzlich erwartet man modernste
technische Geräte, eine Neugeborenenintensivstation und anderes mehr. Damit
sich aber alle diese Investitionen für die Krankenhäuser lohnen, müssen dort
pro Jahr zwischen zweitausendfünfhundert und dreitausend Kinder auf die Welt
gebracht werden.“ Er grinste bösartig. „Sie verstehen. Mindestens. Man nennt
das Gewinnschwelle. Dienstleistungen, die keinen Gewinn abwerfen, werden
nicht angeboten.“
    „Ich verstehe.“ Ich verstand tatsächlich. Ich sah
das ganze Bild in erstaunlicher Klarheit vor mir. Ein paar Mosaiksteine fehlten
noch. Zum Beispiel Fabiano. Dick und Dieter Monkfish. Aber auch was sie betraf,
hatte ich eine Idee.
    „Also ist Dr. Abercrombie eine Schimäre?“ fragte
ich. „Sie heuern einfach einen Schauspieler an, der sich mit einem Ultraschallgerät
fotografieren läßt?“
    „Nein.“ Max sprach wohlüberlegt. „Ich bin sicher,
es gibt ihn. Die Frage ist nur, inwieweit er dem Krankenhaus wirklich zur
Verfügung steht. Friendship V liegt in einer Mittelstandsgegend, nicht wahr?
In so einer Gegend sind Risikoschwangerschaften selten - jemand wie Consuelo:
jung, schlecht ernährt und so weiter. Wenn Ihr Dr. Burgoyne bei einer seiner
Patientinnen mit Komplikationen rechnet, holt er Abercrombie. Warum sollte man
jemand eine Viertelmillion Dollar jährlich zahlen, den man vielleicht einmal im
Monat braucht?“
    Er schenkte mir Wein nach und trank selbst einen
Schluck. Dann nickte er geistesabwesend.
    Lotty runzelte die Stirn. „Aber Max, sie werben für
eine vollausgestattete Entbindungsstation. Deswegen haben wir Vic mit Consuelo
dorthin geschickt. Carol hat sich bei Sid Hatcher erkundigt. Sid kannte die
Broschüren, hat an einer Versammlung teilgenommen, auf der über Ausstattung und
Service diskutiert wurde. Deswegen haben wir Friendship empfohlen.“
    „Wenn Abercrombie nicht zum festangestellten
Personal gehört, dann dürften sie auch nicht mit ihm werben?“ sagte ich
skeptisch. Werbung muß das halten, was sie verspricht, klar, aber nur wenn man
darauf besteht.
    Lotty beugte sich nach vorn. „Der Staat muß die
Krankenhäuser zulassen. Ich weiß es, weil ich der Perinataloge im Beth Israel
war, als wir dort unsere Zulassung bekamen. Bevor ich meine eigene Praxis
aufmachte. Sie kamen und haben alles bis ins letzte Detail überprüft -
technische Ausstattung, alles.“
    Ich trank mein Glas aus. Seit meinem tugendhaften
Frühstück hatte ich nichts mehr gegessen. Der schwere Wein stieg von meinem
Magen aus direkt in mein Gehirn und wärmte mich. Ich brauchte ein wenig Wärme,
um mit dem fertigzuwerden, was ich erfuhr. „Murray wird uns die Antwort auf
dieses Problem geben können.“ Ich streckte die rechte Hand aus und rieb Zeige-
und Mittelfinger gegen den Daumen. Eine unmißverständliche Geste.
    Lotty schüttelte den Kopf. „Verstehe ich nicht.“
    „Bestechungsgelder“, erklärte ihr Max freundlich.
    „Bestechungsgelder? Nein. Das ist unmöglich. Nicht
mit Philippa. Erinnerst du dich an sie, Max? Sie arbeitet jetzt beim Staat.“
    „Sie ist nicht die einzige dort“, sagte ich. „Ihr
Chef ist verantwortlich für die Gesundheitsabteilung. Ihr Kollege ist ein
widerlicher junger Macho, der unbedingt Karriere machen will. Chef und Kollege
sind alte Saufkumpane. Wir müssen nur noch herausfinden, mit welchem
Abgeordneten sie trinken gehen, und der Fall ist gelöst.“
    „Mach keine Witze, Vic. Ich mag das nicht. Es geht
schließlich um Menschenleben. Consuelos Leben, das Leben ihres Kindes. Und
weiß Gott, womöglich noch um das Leben anderer. Und du behauptest, einem
Krankenhaus und einem Staatsangestellten ist Geld wichtiger. Das ist nicht zum
Spaßen.“
    Max streichelte ihre Hand. „Deswegen liebe ich
dich, Lottchen. Du hast den Krieg und dreißig Jahre Berufspraxis überlebt,
ohne deine Unschuld zu verlieren. „
    Ich schenkte mir ein drittes Glas Wein ein. Das
Entscheidende war die Gewinnschwelle. Humphries und Peter waren am Gewinn des
Krankenhauses beteiligt. Sie hatten ein persönliches Interesse daran, daß jede
Station Gewinn machte. Humphries das größere, weil für ihn mehr abfiel.
Deshalb werben sie für eine vollausgestattete Entbindungs- und
Neugeborenenintensivstation. Sie verpflichten

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