Tödliche Therapie
endlich!“
„Um wieviel Uhr bist du im Krankenhaus angekommen?“
fragte mich Lotty statt dessen.
Ich schüttelte den Kopf. „Ich erinnere mich nicht
mehr - es war vor einem Monat.“
„Du bist Detektiv, ein geschulter Beobachter. Denk
nach.“
Ich schloß die Augen, erinnerte mich an den heißen
Tag, die Farbenfabrik. „Wir kamen auf das Firmengelände kurz vor eins. Fabiano
hatte um ein Uhr den Termin, und ich warf immer mal wieder einen Blick auf die
Uhr im Auto - wir waren knapp dran. Ungefähr eine Viertelstunde später setzten
bei Consuelo die Wehen ein. Nehmen wir an, ich brauchte fünfzehn Minuten, um
das nächste Krankenhaus ausfindig zu machen, und weitere fünfzehn Minuten, um
dorthin zu fahren. Also müssen wir gegen ein Uhr fünfundvierzig im Friendship
angekommen sein.“
„Aber erst um drei haben sie Abercrombie gerufen“,
sagte Max. „Also ist eine gute Stunde vergangen, in der sie nichts unternommen
haben.“
„Während ich mit dieser unmöglichen Frau in der
Aufnahme gesprochen habe, hat man sie demnach tatsächlich nicht behandelt“,
sagte ich. „Verdammt noch mal, ich hätte noch mehr Stunk machen sollen. Sie
müssen sie eine Stunde lang auf dieser Bahre liegengelassen haben, während sie
hin und her überlegten, ob sie sie behandeln sollen.“
Lotty ging nicht darauf ein. „Wesentlich ist, daß
sie behaupten, ihr Ritodrine gegeben zu haben. Das ist das Medikament
heutzutage, und sicherlich das, was ihr Abercrombie hätte verabreichen sollen,
wäre er zur Stelle gewesen. Aber aus Burgoynes Notizen geht hervor, daß er ihr
Magnesiumsulfat gegeben hat. Magnesiumsulfat kann zu Herzversagen führen, und
in Consuelos Fall tat es das auch. Er schreibt, daß ihr Herz aufhörte zu
schlagen, sie das Kind holten und Consuelo wiederbelebten, aber ihr Körper war
durch die vielen Schocks dieses Tages so geschwächt, daß ihr Herz in der Nacht
erneut stehenblieb, und Wiederbelebungsversuche zwecklos waren.“ Ihre Brauen
zogen sich zusammen. „Als Malcolm eintraf, muß er gesehen haben, worin das
Problem bestand. Aber vielleicht merkte er nicht sofort, daß sie nicht
Ritodrine benutzten. Wenn der Tropf nicht eindeutig etikettiert war...“
Um mich herum drehte sich alles. Ich klammerte mich
an die Tischkante. „Nein“, sagte ich. „Das kann nicht sein.“
„Was, Vic?“ Max' graue Augen blickten mich wachsam
an.
„Malcolm. Sie würden ihn nicht umbringen, nur um
ihn davon abzuhalten, das zu berichten, was er gesehen hat. Bestimmt nicht.“
„Was!“ empörte sich Lotty. „Mach jetzt bloß keine
Witze, Vic! Die haben einen schwerwiegenden Fehler begangen, klar. Aber
deswegen einen Mann umzubringen, noch dazu auf so brutale Art und Weise?
Außerdem hat Malcolm, als er mit mir gesprochen hat, gesagt, sie würden das
richtige Medikament verabreichen. Also hat er es wahrscheinlich gar nicht
gewußt. Oder er hat sich später bei den Schwestern erkundigt. Vielleicht
wollte er diesen Punkt noch einmal überprüfen, bevor er seinen Bericht schrieb.
Was ich nicht verstehe: Wo war dieser Abercrombie? Burgoyne schreibt, daß er
gerufen wurde, und zwar mehrmals, aber er ist nie aufgetaucht.“
„Ich könnte versuchen, Abercrombies Büro zu
finden“, sagte ich ohne jede Begeisterung. „Und nachsehen, ob er auch
irgendwelche verräterischen Notizen hat rumliegen lassen.“
„Ich glaube, das wird nicht nötig sein.“ Max hielt
die Broschüre über die Entbindungsstation in der Hand. „Wir müssen nur von
unseren logischen Fähigkeiten Gebrauch machen. Hier steht, daß er
vierundzwanzig Stunden täglich auf Abruf bereitsteht. Das heißt, er gehört
nicht zum festangestellten Krankenhauspersonal.“
„Und weiter?“
Er grinste. „An diesem Punkt kann ich mein
Spezialwissen zum Einsatz bringen. Sie sagen sich, warum hat Lotty ihn mitgebracht.
Sie sagen sich, warum unterbricht dieser senile Tattergreis meine großartigen
Nachforschungen -“
„Geschenkt“, sagte ich. „Kommen Sie zum Wesentlichen.“
Er wurde wieder ernst. „In den letzten zehn Jahren
hat sich das Alter, in dem Frauen aus der oberen Mittelschicht ihr erstes Kind
bekommen, erhöht. Weil sie studiert haben, wissen sie um die Risiken, richtig?
Und sie wollen in ein Krankenhaus, in dem Spezialisten zur Hand sind, sollte es
zu Komplikationen kommen.“
Ich nickte. Einige meiner Freundinnen zermartern
sich das Hirn über den richtigen Zeitpunkt für Empfängnis, Schwangerschaft und
Geburt. Die moderne Schwangerschaft
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