Tödliche Versuchung
überbringen.« Das Gute an Moon ist, dass er fast immer zu Hause ist. Leider nur ist in seinem Kopf meistens Stroh.
»Oh, wow«, sagte er, als er mir die Tür öffnete. »Habe ich schon wieder den Gerichtstermin vergessen?«
»Dein Gerichtstermin ist in zwei Wochen.«
»Cool.«
»Ich bin wegen deiner Windmaschine hier. Sie ist ein bisschen ramponiert, und ein Rücklicht fehlt. Aber ich lasse es reparieren.«
»Ej, Mann, ej, das macht nichts. So was kann passieren.«
»Vielleicht sollte ich es lieber dem Besitzer persönlich mitteilen.«
»Dem Dealer?«
»Ja, dem Dealer. Wo ist er zu erreichen?«
»In dem letzten Reihenhaus. Das mit der Garage. Das muss man sich mal reinziehen: Der hat eine richtige Garage.« Da ich gerade den ganzen Winter über jeden Morgen das Eis von meiner Windschutzscheibe gekratzt hatte, konnte ich Moons Begeisterung für die Garage gut nachvollziehen. Ich fand auch, dass so eine Garage eine wundervolle Sache war.
Das letzte Reihenhaus war einige hundert Meter weiter, wir fuhren daher mit dem Wagen hin.
»Glaubst du, dass er zu Hause ist?«, fragte ich Moon, als wir ans Ende der Straße kamen.
»Der Dealer ist immer zu Hause. Muss immer präsent sein, wenn er dealen will.«
Ich drückte die Klingel, und Dougie Kruper machte auf. Mit Dougie war ich zusammen zur Schule gegangen, aber ich hatte ihn jahrelang nicht mehr gesehen. Es kursierte das Gerücht, er sei nach Arkansas gezogen und dort verstorben.
»Meine Güte, Dougie«, sagte ich. »Ich dachte, du wärst längst tot.«
»Ne, ne, das war nur ein Wunsch von mir. Mein Dad wurde nach Arkansas versetzt, deswegen bin ich mitgegangen. Aber Arkansas ist nichts für mich. Nichts los da, keine Action. Und wenn man ans Meer will, fährt man eine Ewigkeit.«
»Bist du der Dealer?«
»Jawohl, Sir! Ich bin der Dealer. Ich bin dein Mann. Ich habe alles, was du brauchst. Kommen wir ins Geschäft?«
»Ich bringe schlechte Neuigkeiten, Dougie. Es ist mir ein kleines Missgeschick mit der Windmaschine passiert.«
»Die Windmaschine ist ein einziges Missgeschick. Damals hat es Spaß gemacht, sie zu bauen, aber heute kann ich sie keinem mehr zumuten. Ich wollte die Karre sowieso von der Brücke runter in den Fluss stoßen, wenn du sie mir zurückgebracht hättest. Es sei denn, du willst sie kaufen.«
»Sie erfüllt nicht gerade ihren Zweck. Sie prägt sich zu leicht ein. Ich brauche ein ganz unscheinbares Auto.«
»Ein unsichtbares Auto also. Kann sein, dass der Dealer so etwas hat«, sagte Dougie. »Komm nach hinten, schauen wir mal.«
Hinter dem Haus stand ein Auto neben dem anderen, auf der Zufahrtsstraße, auf dem Hof und eins in der Garage.
Dougie führte mich zu einem schwarzen Ford Escort. »Das hier ist garantiert unscheinbar.«
»Wie alt ist der Wagen?«
»Weiß ich nicht genau, aber ein paar Kilometerchen hat er schon drauf.«
»Steht das Baujahr nicht in den Fahrzeugpapieren?«
»Dieses Auto hat keine Fahrzeugpapiere.«
Hm.
»Wenn Sie einen Wagen mit Papieren brauchen, würde das den Preis nachteilig beeinflussen«, sagte Dougie.
»In Zahlen ausgedrückt?«
»Da würden wir uns schon einig werden. Ich bin schließlich Dealer.«
Dougie Kruper war unser Klassenclown gewesen. Er ging nicht mit Mädchen aus, er trieb keinen Sport, und er hatte keine Tischmanieren. Seine größte schulische Leistung bestand darin, dass er gelernt hatte, wie man sich Wackelpudding mit einem Strohhalm in die Nase zieht.
Moon schlenderte zwischen den Autos umher und legte ihnen die Hand auf, um ihr Karma zu prüfen. »Das hier ist das Richtige«, sagte er und zeigte auf einen kleinen hellbraunen Jeep. »Dieses Auto hat schützende Eigenschaften.«
»Meinst du so wie ein Schutzengel?«
»Ich denke dabei eher an Sicherheitsgurte.«
»Hat das Auto Fahrzeugpapiere?«, fragte ich Dougie. »Fährt es überhaupt?«
»Da bin ich mir absolut sicher«, sagte Dougie.
Eine halbe Stunde später hatte ich zwei neue Jeans und eine neue Uhr aber kein neues Auto. Dougie wollte mir auch noch einen Mikrowellenherd andrehen, aber ich besitze schon einen.
Es war früher Nachmittag, und das Wetter war einigermaßen erträglich, deswegen ging ich zu Fuß zu meinen Eltern und lieh mir den 53er Buick von Onkel Sandor aus. Der kostete mich nichts, lief wie geschmiert und hatte ordentliche Fahrzeugpapiere. Ich redete mir ein, es wäre ein ziemlich cooler Schlitten. Ein Oldtimer. Onkel Sandor hatte ihn seinerzeit neu gekauft, und er befand sich noch immer in
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