Tödliche Versuchung
Alarmanlage funktioniert nicht.« Und wenn wir sie doch auslösen, laufen wir eben weg.
Wir spazierten zurück zum Bürgersteig, um den Block herum, und kamen an den Radweg eine Straße weiter, für den Fall, dass wir beobachtet wurden. Wir gingen zu Hannibals Sichtschutzmauer und betraten den Hof durch das Tor, das unverschlossen war.
»Bist du schon mal hier gewesen?«, fragte Lula.
»Ja.«
»Und was ist passiert?«
»Er hat auf mich geschossen.«
»Oh«, sagte Lula.
Ich legte meine Hand auf die Verandatür und drückte. Die Tür war ebenfalls unverschlossen.
»Dann kannst du auch gleich als Erste reingehen«, sagte Lula. »Das machst du doch sonst auch immer gerne.«
Ich schob den Vorhang beiseite und betrat Hannibals Haus.
»Dunkel hier«, stellte Lula fest. »Der Typ muss Vampir sein.«
Ich drehte mich um und sah sie an.
»Ich habe mich nur vor mir selbst erschreckt«, sagte sie.
»Er ist kein Vampir. Er hat die Vorhänge nur zugezogen, damit ihm keiner reingucken kann. Ich sehe mal kurz überall nach, um sicherzugehen, dass das Haus leer ist. Dann überprüfe ich Zimmer für Zimmer. Vielleicht findet sich was Interessantes. Du bleibst hier unten und stehst Schmiere.«
11
Das Erdgeschoss war leer, die Kellerräume ebenfalls. Hannibal verfügte über einen kleinen Hobbyraum da unten, sowie einen Spielkeller mit einem Fernseher, einem Billardtisch und einer Cocktailbar. Durchaus möglich, dass jemand unten im Keller vor dem riesigen Bildschirm saß aber das Haus insgesamt dunkel und unbewohnt erschien. Im ersten Stock befanden sich drei Schlafräume. Auch hier keine Menschenseele. Ein Schlafzimmer war offenbar das Eheschlafzimmer, ein anderes, mit fest installierten Wandregalen und einem großen Schreibtisch mit einer Schreibfläche aus Leder, zu einem Büro umfunktioniert worden. Das dritte Schlafzimmer war das Gästezimmer. Es war dieses Zimmer, das meine Neugier weckte. Es sah aus, als ob jemand darin wohnte. Die Bettlaken waren zerknittert, über einem Stuhl hingen Herrenkleidungsstücke, und seine Schuhe hatte der Bewohner in eine andere Ecke des Raumes gepfeffert. Ich durchwühlte den Kleiderschrank und einige Schubladen und suchte in Hosen- und Jacketttaschen nach etwas, was mir Aufschluss über die Identität des Gastes geben könnte. Die Kleider waren edel. Ihr Besitzer, so vermutete ich, musste von durchschnittlicher Größe und Statur sein, kleiner als 1,80 Meter, und wog wahrscheinlich um die achtzig Kilo. Ich verglich die Hose mit der im Eheschlafzimmer. Hannibals Taille war weiter, und sein modischer Geschmack konservativer. An das Eheschlafzimmer schloss sich Hannibals Toilette an. Die Gästetoilette befand sich auf dem Flur. Auch hier keine Überraschungen, ausgenommen vielleicht die Kondome in der Gästetoilette. Offenbar hatte der Gast gewisse Vergnügungen erwartet.
Ich ging hinüber ins Büro und überflog das Bücherregal. Biografien, ein Atlas, einige Romane. Ich setzte mich an den Schreibtisch. Keine Rolodex oder sonst ein Adressenverzeichnis, und auch kein Notizblock oder ein Stift, nur ein Laptop. Ich schaltete ihn ein. Das Desktop war leer, alles auf der Festplatte war durch ein Passwort geschützt. Hannibal war ein vorsichtiger Mensch. Ich schaltete den Computer aus und kramte in den Schreibtischschubladen. Wieder nichts. Hannibal war nicht nur vorsichtig, er war auch ordentlich. Das Kramzeugs hielt sich in Grenzen. Ich fragte mich, ob seine Wohnung am Meer wohl auch so aussah.
Der Mann, der im Gästezimmer wohnte, war nicht annähernd so ordentlich. Sein Schreibtisch, wo immer er auch stand, musste das reinste Chaos sein.
In den oberen Räumen hatte ich keine Waffen gefunden. Da ich aus eigener Erfahrung wusste, dass sich mindestens eine Pistole in Hannibals Besitz befand, konnte ich davon ausgehen, dass er sie bei sich trug. Hannibal schien mir nicht der Typ, der seine Waffen in einer Plätzchendose aufbewahrte.
Als Nächstes ging ich in den Keller, aber da unten gab es nicht viel zu erforschen.
»Enttäuschend«, sagte ich zu Lula und schloss die Kellertür hinter mir. »Ich habe nichts gefunden.«
»Im Erdgeschoss habe ich auch nichts gefunden«, sagte Lula. »Keine Streichholzschachtel aus Hotels oder Bars, keine Pistole versteckt unterm Sofakissen. Im Kühlschrank steht etwas zu essen. Bier, Saft, ein Brot und etwas Aufschnitt. Ein paar Flaschen Mineralwasser. Das ist alles.«
Ich ging zum Kühlschrank und sah mir das Einwickelpapier von dem Aufschnitt an. Er
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