Tödliche Versuchung
Talenten.
Morelli hob die Hände. »Ich gebe auf«, sagte er. Er küsste mich flüchtig auf den Mund und wandte sich zum Gehen.
»He, warte doch«, sagte ich. »Ich muss mit dir reden.« Ich sah zu Moon hinüber. »Allein.«
»Schon verstanden«, sagte Moon. »No problemo. Wir bedanken uns für den weisen Ratschlag in Sachen Pharmaindustrie. Ich und Dougster müssen andere Betätigungsfelder für ihn erschließen.«
»Ich lege mich wieder hin«, sagte Grandma, nachdem Moon und Dougster gegangen waren. »Das interessiert mich nicht besonders. Neulich abends, als du mit dem Kopfgeldjäger auf dem Boden lagst, das war spannender.«
Morelli sah mich ungläubig an.
»Das ist eine andere Geschichte«, sagte ich.
»Das glaube ich gerne.«
»Du willst doch jetzt nicht die ganze langweilige Geschichte hören, oder?«, sagte ich.
»Der Anfang klang irgendwie ganz viel versprechend. Ist das die Geschichte, wie deine Vorlegekette kaputt ging?«
»Nein. Das war Morris Munson.«
»Du musst ja ganz schön beschäftigt gewesen sein letzte Nacht.«
Ich stieß einen Seufzer aus und ließ mich auf die Couch plumpsen.
Morelli lümmelte sich in einen Sessel gegenüber. »Und?«
»Kennst du dich mit Teppichen aus?«
»Ich weiß nur, dass man sie üblicherweise auf den Boden legt.«
Ich erzählte ihm Moons Gesichte von dem millionenschweren Teppich.
»Vielleicht war es ja gar nicht der Teppich, der eine Million Dollar wert war«, sagte Morelli. »Vielleicht war es etwas, das in den Teppich eingewickelt war.«
»Was denn zum Beispiel?«
Morelli sah mich nur an.
Ich dachte laut nach. »Was ist so klein, dass es in einen aufgerollten Teppich passt? Drogen?«
»Ich habe einen Ausschnitt aus dem Film gesehen, den die Überwachungskamera während des Feuers bei Ramos aufgenommen hat«, sagte Morelli. »Homer Ramos hatte an dem Abend, als er Ranger traf, eine Sporttasche dabei. Und als Ranger das Haus verließ, hatte er die Tasche. Es geht das Gerücht, Arturo Stolle würde ein Haufen Geld fehlen und er wollte sich mit Ranger treffen. Was sagst du dazu?«
»Was soll ich dazu sagen? Vielleicht beliefert Stolle Ramos mit Drogen. Ramos reicht die Drogen zum Verschnitt und zur Verteilung weiter, und zum Schluss steht er mit einer Sporttasche voller Geld da, das in Gänze oder teilweise Stolle gehört. Dann fällt irgendwas zwischen Ranger und Homer Ramos vor, und die Tasche fällt in Ranger’s Hände.«
»Wenn das der Weg ist, den das Geld genommen hat, dann war das wahrscheinlich eine außerplanmäßige Aktivität für Homer Ramos«, sagte Morelli. »Waffenhandel ist Sache der Familie Ramos. Drogen, Erpressung und Glücksspiel, das gehört dem organisierten Verbrechen. Alexander Ramos hat sich immer an diese Aufgabenteilung gehalten.«
Das organisierte Verbrechen in Trenton war allerdings sehr »unorganisiert«. Trenton lag eingeklemmt zwischen New York und Philadelphia und spielte für die Mafia keine bedeutende Rolle. In Trenton hatte sie bloß ein paar mittelmäßige Vertreter sitzen, die ihre Zeit damit verbrachten, beim Glücksspiel abzukassieren. Das Geld aus diesen Spielen wurde in den Drogenhandel investiert. Die Drogen wurden von schwarzen Straßengangs verteilt, die sich Namen wie Corleone und ähnliche gaben. Wenn es die Paten-Filme und die Fernsehberichte über Drogenkriminalität nicht gäbe, wüsste wahrscheinlich kein Schwein in Trenton, wie man sich in dieser Szene verhielt und was für Namen man sich gab.
Allmählich bekam ich eine bessere Vorstellung davon, warum Alexander Ramos wenig entzückt war von seinem Sohn. Allerdings war damit die Hauptfrage: Reichte das, um ihn töten zu lassen? immer noch nicht beantwortet. Vielleicht kannte ich jetzt auch den Grund, warum Arturo Stolle so hinter Ranger her war.
»Das ist natürlich alles nur Spekulation«, sagte Morelli. »Gerede.«
»Du gibst doch sonst nie Polizeiinformationen preis. Warum erzählst du mir das alles?«
»Polizeiinformationen würde ich das nicht nennen. Bloß ein paar Gedanken, die in meinem Kopf herumschwirren. Ich beobachte Stolle seit langem, allerdings ohne viel Erfolg. Vielleicht ist das die Gelegenheit, auf die ich gewartet habe. Ich muss unbedingt mit Ranger sprechen, aber er ruft mich nie zurück.
Deswegen sage ich es dir, damit du es an Ranger weiterleitest.« Ich nickte. »Ich richte ihm die Nachricht aus.«
»Bitte keine Einzelheiten übers Telefon.«
»Verstanden. Wie ist es mit Gilman gelaufen?«
Morelli grinste. »Soll
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