Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)
blickte er aus dem Fenster. »Als Lilah zu mir kam und ich nur wusste, was in den Unterlagen der Staatsanwaltschaft stand, war ich hin- und hergerissen, um ehrlich zu sein. Sie hat es getan, sie hat es nicht getan. Das war alles so ungeheuerlich. Als ich dann aber … all diese anderen Dinge erfuhr …« Mike hielt inne und sah mich an. »Ich glaube nicht, dass sie es getan hat, Rachel.«
Meine Miene musste meine Skepsis verraten haben, denn er hob die Hand.
»Du weißt, dass ich nicht einer dieser leichtgläubigen Anwälte bin, die alle Mandanten für Opfer einer verfolgungssüchtigen Staatsanwaltschaft halten. In neunundneunzig Prozent der Fälle tragen meine Mandanten eine gewaltige Schuld.« Er schüttelte den Kopf. »In diesem Fall nicht.«
»Du weißt also, dass Zack sie gezwungen hat, schwanger zu werden? Und dass sie gleichzeitig die Pille genommen hat?«, fragte Bailey.
»Ja.«
»Aber du hältst an der Skinheadtheorie fest?«, fragte ich.
»Nein.« Mike schaute auf seine Hände hinab und runzelte die Stirn. »Die gefällt mir selbst nicht, aber Lilah hat darauf bestanden. Sie wollte nicht, dass ich den wahren Mörder ins Spiel bringe.«
»Und der war?«
»Ihr Vater.«
Stumm fuhren Bailey und ich zum Hotel zurück. Als wir die Suite betraten, machte ich endlich den Mund auf. »Lilah ist entweder absolute Weltklasse darin, Menschen zu manipulieren, oder aber …«
»… es stimmt.«
Es war keineswegs ungewöhnlich, dass Mandanten ihre Verteidiger anlogen und behaupteten, unschuldig zu sein. Sie gingen davon aus – nicht ganz zu Unrecht –, dass ein Anwalt sich stärker ins Zeug legte, wenn er von der Unschuld seines Mandanten überzeugt war. Dass ein Mandant einen Strohmann ins Spiel brachte und seinem Anwalt dann untersagte, diese Information vor Gericht zu nutzen, das hatte ich allerdings noch nie gehört. Schwer zu sagen, was man davon halten sollte. War das ein cleverer Trick, um ihren Verteidiger zu manipulieren? Oder hatte ihr Vater es tatsächlich getan?
»Was meinst du, hat Daddy es getan?«, fragte ich Bailey.
Sie schüttelte den Kopf und wirkte ziemlich perplex. »Noch gestern hätte ich vermutlich nein gesagt. Aber jetzt? Keine Ahnung.«
Ich erinnerte mich an die Wut ihres Vaters, als er von Zack und seinen Versuchen, Lilah zur Schwangerschaft zu zwingen, gesprochen hatte. Das ließ eine Täterschaft irgendwie plausibel erscheinen. Und trotzdem …
»Es fällt mir schwer zu glauben, dass Lilah das alles für ihren Vater auf sich genommen haben soll. Ich hätte gedacht, dass sie in jedem Fall über Leichen geht.«
»Wer sagt denn, dass Mike recht hat? So klug er sein mag, ist er vielleicht einfach nur ein weiterer Kandidat, der Lilah anhimmelt und sich nicht vorstellen kann, dass eine so hübsche Frau jemanden mit der Axt zerhackt. Wie du schon sagtest, Lilah ist großartig darin, Menschen zu manipulieren.«
Ich nickte. »Selbst wenn sie davon ausgegangen ist, dass sie im Vergleich zu ihrem Vater die besseren Chancen hat, von der Jury freigesprochen zu werden, eine Jury ist immer unberechenbar. Jeder Anwalt weiß das.«
Bailey seufzte.
Zeit, ins Bett zu gehen. Obwohl ich kaum glauben konnte, dass Lilahs Vater Zack umgebracht hatte, würde ich diese Frage heute Abend nicht mehr klären. Allerdings war ich zu aufgedreht, um sofort einzuschlafen. Ich fragte mich, was Lilah mit meinem Brief wohl anstellen würde. Meine Lügen waren hoffentlich gerade richtig bemessen, um nicht durchschaubar zu sein, sondern Lilah auf Trab zu bringen und zu irgendeiner Dummheit zu verleiten. Es war ein Schuss ins Blaue, aber ich genoss die Aussicht, ihr wenigstens Angst einzujagen. Ein beruhigender Gedanke. Und ein guter Gedanke, um darüber einzuschlafen.
87
L ilah wartete, bis sie wieder in ihrer Wohnung war, und schloss die Schlafzimmertür hinter sich ab. Dann nahm sie den Umschlag aus der Tasche und suchte nach Anzeichen dafür, dass ihn schon jemand geöffnet hatte. Er wirkte intakt. Ihr Mund verzog sich zu einem bitteren Lächeln. Sie wusste, dass es nichts mit Respekt vor ihrer Privatsphäre zu tun hatte. Ihre Eltern wollten einfach nichts wissen. Mit dem Nagel vom Zeigefinger schlitzte sie den Umschlag auf und faltete den Brief auseinander.
Lilah,
ich weiß, warum Sie Zack umgebracht haben.
Die Beweise für den Unfall, der zum Tod von Tran Lee geführt hat, haben Sie nie gefunden, oder?
Ich weiß auch, dass er Sie gezwungen hat, schwanger zu werden.
Dass Sie das Kind dieser Bestie, die
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