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Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Titel: Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Clark
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die erste Klage bei der Voruntersuchung abgewiesen wird, und das tun wir meist auch, wenn der Abweisungsgrund darin besteht, dass ein Zeuge nicht erschienen ist. Andererseits hatten die Sheriffs keinen Schlafplatz zu verschwenden. Wenn Brandon ihnen nicht mitteilte, dass er abermals Klage einreichen würde, würden sie den Angeklagten sofort freilassen.
    »Und dann finden sie ihn nie wieder«, sagte ich hitzig. »Er wird über alle Berge sein, sobald man das Tor öffnet.«
    Averill legte den letzten Bericht in seine Akte. »Seit wann interessieren sich die Stars der Special Trials für einen dahergelaufenen Penner?«
    »Seit wann macht es einen Unterschied, ob das Opfer Mercedes fährt oder einen Einkaufswagen durch die Gegend schiebt?«
    »Vielleicht seit das ›Opfer‹« – er malte Anführungszeichen in die Luft, was ich fast so sehr hasse wie schnöselige Staatsanwälte – »eine Frau angegrapscht hat und sie vermutlich beklauen wollte.«
    »Was Sie welcher Tatsache entnehmen?«
    »Was ich der Tatsache entnehme, dass er ein Teppichmesser dabeihatte, überraschenderweise aber keinen Teppich.«
    »Überraschenderweise ist er aber der Einzige, der jetzt tot ist. Sollte ihn jemand in Notwehr getötet haben, wieso hat dann niemand den Vorfall gemeldet?«
    »Da Sie so heiß auf diesen Scheißfall sind, wieso reichen Sie dann nicht selbst Klage ein?«, fragte er mit einem schiefen Grinsen. »Wär doch nett, mal einen Star von den Special Trials bei uns in den Niederungen begrüßen zu dürfen.«
    Wenn er nicht so ein elender Wichser wäre, hätte ich vielleicht einen Moment darüber nachgedacht, ob dieser Fall auch nur minimale Erfolgsaussichten hatte. Da ich aber gründlich verärgert war, und zwar in mehr als einer Hinsicht, zögerte ich nicht eine Sekunde. Ich riss Averill die Akte aus der Hand und wandte mich an den Richter.
    »Entschuldigung, Euer Ehren«, sagte ich laut genug, um das Raunen im Gerichtssaal zu übertönen. »Ich würde das hohe Gericht gerne davon in Kenntnis setzen, dass die Staatsanwaltschaft im Fall« – ich sah schnell auf die Akte – »das Volk gegen Ronald Yamaguchi erneut Klage einreichen wird.«
    Richter Foster zog eine Augenbraue hoch. »Mir war gar nicht bekannt, dass die Special Trials neuerdings händeringend nach Fällen suchen. Muss mein Glückstag sein«, sagte er trocken. »Mr Stevenson«, wandte er sich an den Gerichtsdiener. »Sagen Sie Ihren Leuten bitte, sie sollen nichts überstürzen. Es scheint, als würde Mr Yamaguchi noch eine Weile bei uns bleiben.«
    Der Gerichtsdiener nickte und griff zum Telefonhörer.
    »Und der nächste Fall ist ebenfalls meiner, Euer Ehren«, sagte ich und warf die Akte, die die Polizei zu meinem Mord zusammengestellt hatte, mit einem dumpfen Knall auf den Tisch der Anklage.
    »Sind Sie bereit?«, fragte der Richter.
    »Ja«, antwortete ich.
    »Ich aber nicht, Euer Ehren. Sam Zucker für den Angeklagten«, erklärte ein unglaublich junger Typ mit zurückgegeltem Haar und einem schokoladenbraunen Nadelstreifenanzug. Seine ganze Erscheinung brachte zum Ausdruck, dass er – Wahnsinn! – Anwalt war und man ihn gefälligst zu bewundern hatte. »Ich bin für Newt Hamilton hier, der sich die Grippe eingefangen hat. Wir würden um einen Aufschub von zwei Wochen bitten – oder auch mehr, wenn das Volk es wünscht.«
    Da Newt Hamilton nicht vom Gericht bestellt worden war, drängte sich mir der Verdacht auf, dass seine »Grippe« vielleicht eher mit den mageren finanziellen Ressourcen des Angeklagten zu tun hatte. Ich wusste aber, dass der Richter keinen Stellvertreter zwingen würde, einen Mordfall zu übernehmen, also machte ich keine Anstalten, mich der Bitte zu widersetzen. Schnell einigten wir uns auf einen neuen Termin.
    Als der Richter den nächsten Fall aufrief, sah ich einen Polizisten hereinstürzen. Mit glühenden Augen und verkrampftem Kiefer marschierte er direkt auf den Tisch des Justizangestellten zu.
    »Detective Stoner. Ich ermittle im Fall Yamaguchi.« Er zeigte die Dienstmarke vor und reichte Manny seinen Ausweis. »Wie ich soeben hörte, wurde die Klage abgewiesen«, sagte er und konnte seinen Zorn kaum bändigen.
    Manny, der für heute genug von zornigen Menschen hatte, zeigte auf mich und sagte: »Richtig, aber die Dame da wird erneut Klage einreichen.«
    Danke, Manny.
    Der Polizist drehte sich zu mir um, und der Qualm zischte ihm schon zu den Ohren heraus. Ich gab ihm ein Zeichen, dass wir uns draußen auf dem Flur unterhalten

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