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Tödlicher Irrtum

Tödlicher Irrtum

Titel: Tödlicher Irrtum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Persönlichkeit des Täters befasst, wird man ihm mildernde Umstände zubilligen. Der arme Junge war ein sehr unausgeglichener Mensch, aber leider war sein Zustand, vom gerichtlichen Standpunkt aus gesehen, nicht als anormal zu bezeichnen. Ich kann Ihnen versichern, dass Rachel, meine verstorbene Frau, ihm bestimmt als Erste verziehen hätte. Sie war ein unendlich gütiger Mensch, außerdem war sie eine sehr fortschrittliche Frau, die mit allen psychologischen Faktoren durchaus vertraut war. Sie hätte ihn nicht verurteilt.«
    »Sie wusste am besten, wie abscheulich Clark sein konnte«, meinte Hester. »Er war schon immer so – es war wohl seine Natur.«
    »Keiner von Ihnen zweifelte also an seiner Schuld«, sagte Calgary langsam.
    Hester sah ihn erstaunt an.
    »Wie konnten wir daran zweifeln? Natürlich war er schuldig.«
    »Nein, schuldig ist nicht das richtige Wort«, meinte Leo.
    »Es ist bestimmt nicht das richtige Wort.« Calgary holte tief Atem.
    »Clark Jackson war – unschuldig!«

2
     
    Z u Calgarys Erstaunen rief diese Äußerung keine Sensation hervor. Er hatte Verwirrung erwartet, ungläubige Fragen, dankbare Erleichterung, nicht aber das nun Folgende kalte und misstrauische Schweigen.
    »Wollen Sie damit sagen, dass Sie meiner Ansicht sind, Dr. Calgary?«, fragte Leo Jackson schließlich zögernd. »Glauben Sie, dass er für seine Taten nicht verantwortlich war?«
    »Ich glaube, dass er es nicht getan hat, nicht getan haben kann, und dass er nur durch eine Kette unglückseliger Umstände daran gehindert wurde, seine Unschuld zu beweisen. Ich hätte sie beweisen können.«
    »Sie?«
    »Ich war der Mann im Auto.«
    Calgary sprach so ruhig, dass sie den Sinn seiner Worte im ersten Augenblick nicht zu begreifen schienen. Bevor sie Zeit hatten, sich zu sammeln, öffnete sich die Tür, und die Frau, die Calgary bei seiner Ankunft im Hausflur gesehen hatte, kam mit energischen Schritten ins Zimmer.
    Sie sagte ohne Umschweife: »Ich kam zufällig draußen vorbei und hörte diesen Mann sagen, dass Clark Mrs Jackson nicht umgebracht hat. Warum sagt er das? Woher weiß er das?«
    Ihr herausforderndes Gesicht begann plötzlich zu zucken.
    »Ich muss auch wissen, um was es geht«, setzte sie kläglich hinzu, »sonst fühle ich mich ausgeschlossen.«
    »Das sollen Sie keinesfalls, Kirsty. Sie gehören zur Familie.«
    Leo Jackson stellte vor: »Miss Lindstrom – Dr. Calgary. Dr. Calgary hat uns eben die unglaublichsten Dinge mitgeteilt.«
    Calgary wunderte sich über den schottischen Namen Kirsty. Sie sprach ausgezeichnet Englisch, aber ihr Tonfall war eindeutig der einer Ausländerin. Jetzt sagte sie vorwurfsvoll:
    »Warum kommen Sie hierher, warum sagen Sie diese Dinge? Wir haben genug durchgemacht. Müssen Sie uns wieder daran erinnern? Was auch geschehen sein mag – es war Gottes Wille.«
    Ihre selbstsichere Art wirkte abstoßend auf Calgary. Vielleicht gehört sie zu den Menschen, für die Unheil und Katastrophen eine willkommene Abwechslung in ihrem öden Dasein sind, dachte er. Nun, diese Illusion würde er ihr nehmen.
    Er sprach schnell und trocken.
    »Ich stoppte an jenem Abend, um fünf Minuten vor sieben, auf der Landstraße von Redmyn nach Drymouth, um einen jungen Anhalter ein Stück mitzunehmen. Ich fuhr mit ihm nach Drymouth. Unterwegs unterhielten wir uns, und ich fand ihn nett und sympathisch.«
    »Clark besaß viel Charme und war allgemein beliebt«, bestätigte Gwenda. »Doch er war auch sehr jähzornig und nicht aufrichtig – aber das zeigte sich natürlich nicht sofort.«
    »Bitte fahren Sie fort, Dr. Calgary«, bat Leo Jackson. »Warum haben Sie uns das alles nicht damals mitgeteilt?«
    »Ja, warum?« warf Hester atemlos dazwischen. »In allen Zeitungen standen Aufrufe – wie konnten Sie nur so egoistisch sein, so gemein…«
    »Hester, Hester!« mahnte ihr Vater. »Lass Dr. Calgary erst einmal zu Ende erzählen.«
    »Ich weiß, wie Ihnen zumute ist«, sagte Calgary zu Hester. »Aber hören Sie mich bitte an. An diesem Abend war viel Verkehr auf den Straßen, und es war schon nach halb acht, als ich den mir unbekannten jungen Mann in Drymouth absetzte. Da die Polizei davon überzeugt ist, dass der Mord zwischen sieben und halb acht begangen wurde, ist seine Unschuld hiermit bewiesen.«
    »Ja, aber Sie…«, begann Hester wieder erregt.
    »Bitte, haben Sie noch etwas Geduld. Um Ihnen alles verständlich zu machen, muss ich ein wenig ausholen.
    Ich war seit zwei Tagen in Drymouth, und zwar

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