Tödlicher Kick
Persönlichkeitsrechte«, hatte Staschek erklärt. »Bordellbesuche sind ja nicht strafbar. Die Namen der Unternehmen, die die Dienste der Mädchen in Anspruch nehmen, öffentlich zu machen, würde niemandem nutzen. Im Hinblick auf den Schutz der Unternehmen will Klara einen Skandal vermeiden.«
Die Polizeipräsidentin persönlich hielt also ihre schützende Hand über die Freier. Woran diese sich zur richtigen Zeit erinnern würden. Netzwerken für Fortgeschrittene, würde ich sagen. In nicht allzu ferner Zukunft würde der Bochumer Herrenklub vielleicht sein erstes weibliches Mitglied begrüßen können.
Ein erschrockener Aufschrei ging durch die Fankurve. Der Schalker Stürmer flitzte an der Außenlinie bis in den Bochumer Strafraum und kickte beherzt in die Mitte.
Ein weiterer Gegner in Weiß stieg in die Höhe und köpfte ins linke Eck.
Danner und Staschek griffen sich an die Stirn. Zehntausend weitere Fans in der Ostkurve senkten die Köpfe. Ein Stöhnen raunte über die Sitzreihen.
0 : 1.
Rückstand nach zweiundzwanzig Minuten.
Das war ja fast ein Déjà-vu.
Das Spiel wurde fortgesetzt und – es folgte der Herzstillstand! Gutschenk überließ den Ball beinahe kampflos dem Gegner, der startete sofort den nächsten Angriff.
Doppelpass, ein gewagter Schuss aus der Entfernung!
Tor!
0 : 2.
Grabesstille. Ein paar Pappbecher flogen in Richtung Spielfeld – doch Rauchbomben und Morddrohungen blieben aus.
Mit dem deprimierenden 0 : 2 ging es in die Pause.
Eine Gelegenheit, auf die ungeklärte Frage zurückzukommen, um deren Antwort sich Danner hartnäckig herumdrückte.
»Wie hast du mich denn nun gefunden?«, startete ich einen neuen Angriff. »Du hast diesmal kaum eine halbe Stunde gebraucht, um im Esmeralda aufzutauchen, ich habe nachgerechnet.«
Danner rückte mein rosafarbenes Shirt mit Herzchenaufdruck zurecht. Ein Prinzessinnenkleid anzuziehen, das hatte ich doch nicht über mich gebracht. Ich hoffte, das Shirt reichte aus, um meine Schuld beim lieben Gott zu begleichen. Nur für den Fall, dass ich irgendwann noch mal Hilfe von höherer Stelle in Anspruch nehmen musste.
»Und komm mir nicht mit der Hase-und-Jäger-Sache«, warnte ich. »Das Ganze riecht verdammt nach Hase-und-Igel.«
Das Grübchen auf Danners Wange verriet mir, dass wirklich irgendetwas an der Sache faul war.
»Ist das vielleicht Detektivregel Nummer hundertdreiundzwanzig? Wenn jemand verschwindet, guck immer zuerst im Bordell?«, riet ich.
»Du hast mich erwischt.« Er kaute auf seiner Unterlippe. »Es ist ein Trick.«
»Was für ein Trick?«
»Ein mieser. Für den du mich umbringen würdest, wenn ich dir damit nicht deinen süßen Arsch gerettet hätte.«
Ich kniff die Augen zusammen: »Umbringen werde ich dich, wenn du es nicht endlich ausspuckst.«
Danner holte so tief Luft, als müsste er mir gestehen, für die Ausspähaktion der NSA verantwortlich zu sein.
»Ich kann dein Handy orten«, sagte er.
»Was?«, quietschte ich. »Wie? Warum? Seit wann?«
Erst dann begriff ich das Ausmaß seiner Worte.
»Du überwachst mich, du verdammter Mistkerl!« Ich boxte ihn vor die Brust, dass sein Plastikbecher überschwappte. Glücklicherweise war da heute nur Wasser drin.
»Ich würde es eher beschützen nennen.« Das amüsierte Glitzern seiner Augen verriet mir, dass er weit davon entfernt war, ein schlechtes Gewissen zu haben.
»Wie?«
»Eine Spionage-App. Ich wollte sie mal ausprobieren und hab sie auf dein Handy gespielt. Die sendet ständig auf fünf Meter genaue GPS-Daten.«
»Wohin?«
»An mein Handy.«
»Seit wann?«
»Seit der letzte Psychopath dich in einem von Tausenden gleich aussehenden Reihenhäuschen festgehalten hat. Das Programm ist grandios. Absolut unsichtbar für den Überwachten.«
Na toll.
»Aber mein Handy war doch total hin, nachdem Stani draufgelatscht ist?!«, fiel mir ein.
»Scheißegal, solange der Akku nicht entfernt wird.« Danner legte mir einen Arm um die Schultern. »Bist du sehr sauer?«
»Nicht, wenn du mir sagst, wo ich so eine Spionage-App herkriege.«
Danner tippte mir einen Finger auf die Nasenspitze: »Das erfährst du nur über meine Leiche.«
»Toooor!«
Aufbrandender Jubel lenkte unsere Aufmerksamkeit wieder auf das Spielfeld. Die zweite Halbzeit war bereits in vollem Gange. Offenbar war die Mannschaft mit neuem Mut aus der Kabine gekommen und der hatte Justin Jankowski gleich den Anschlusstreffer machen lassen.
Die Fans fielen sich vor Begeisterung
Weitere Kostenlose Bücher