Tödlicher Mittsommer
Strandpromenade, die zum Klubhaus des KSSS führte. In einer Klatschzeitung hatte sie etwas darüber gelesen. Nach einer Segelregatta hatte ein großer Ball dort stattgefunden, der König und die Königin waren dabei gewesen und Kronprinzessin Victoria auch.
Zwischen dem Dampfschiffkai und dem Klubhaus sah sie unzählige Bootsstege, an denen die Boote dicht an dicht lagen, alle möglichen Größen und Typen. Rechterhand beschrieb der Hafen einen Halbkreis, gesäumt von Geschäften und Speiselokalen. Am hinteren Ende wurde die Reihe von einem großen gelben Haus dominiert, über dessen Fassade sich der Schriftzug »Sandhamns Värdshus« zog. Den verschiedenen Schildern nach zu urteilen, befanden sich dort offenbar ein Pub, ein Gartencafé und ein Restaurant.
Kicki beschloss, sich als Erstes eine Unterkunft zu suchen.
Sie ging zum Kiosk, um Zigaretten zu kaufen. Als das Mädchen ihr die Schachtel Prince hinlegte, fragte Kicki, ob man irgendwo ein Zimmer mieten könne, das nicht so teuer war. Sie hatte keine Lust, Räuberpreise für eine einzige Übernachtung zu zahlen.
»Missionshaus«, antwortete das Mädchen im Teenageralter. »Sie bieten so eine Art Bed & Breakfast. Ist ziemlich okay. Und sie haben ein supergutes Frühstück. Ansonsten könnte es schwer werden, etwas zu finden, was nicht schweineteuer ist. Im Seglerhotel nehmen sie Preise wie in der Stadt. Obwohl es natürlich schick ist. Sehr schick.«
Kicki lächelte das Mädchen dankbar an, das sich aus der Luke beugte und in Richtung der Speiselokale zeigte, die Kicki vorhin bemerkt hatte.
»Es sind höchstens fünfhundert Meter, man braucht nicht länger als fünf Minuten«, sagte sie mit hilfsbereitem Lächeln.
Kicki nahm ihre Reisetasche und machte sich auf den Weg. Nach wenigen Schritten waren ihre Sandaletten vollkommen eingestaubt. Überall nur Sand und Kies. Kein Zweifel, Sandhamn hatte seinen Namen verdient.
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Kapitel 13
»Henrik, beeil dich«, rief Nora die Treppe hinauf. »Sie sind gleich hier, und wir haben noch nicht mal Kartoffeln geschrubbt.«
Es war Freitagabend. Sie hatten zwei Paare aus Sandhamn eingeladen und Thomas. Nora hatte überlegt, ob sie auch noch eine Single-Frau dazubitten sollte, aber sie hatte nicht das Gefühl, dass es passte.
Seit Thomas und seine Frau Pernilla sich im Winter hatten scheiden lassen, unfähig, nach dem Tod ihrer kleinen Tochter wieder zueinanderzufinden, hatte Thomas nicht mal eine Frau angesehen, geschweige denn eine neue Beziehung gesucht.
Nora lief unwillkürlich ein Schauer über den Rücken, als sie an Thomas und seine kleine Emily dachte. Es war ein entsetzlicher Schicksalsschlag gewesen. Eben noch hatten sie ein süßes Töchterchen von drei Monaten gehabt, und im nächsten Moment gab es sie nicht mehr.
Emily war im Schlaf gestorben, in der Nacht.
Als Pernilla morgens aufwachte, die Brüste prall voll Milch, weil sie während der Nacht nicht gestillt hatte, lag das Kind kalt und leblos im Babykörbchen neben ihrem Bett. Pernilla und Thomas waren verzweifelt gewesen, aber am schlimmsten war es für Pernilla. Sie hatte entsetzliche Schuldgefühle.
»Ich war so müde«, hatte sie geschluchzt. »Ich habe die ganze Nacht geschlafen, statt mich um sie zu kümmern. Wenn ich aufgewacht wäre, würde sie jetzt vielleicht noch leben. Eine gute Mutter hätte gefühlt, dass etwas nicht in Ordnung ist, anstatt zu schlafen.«
Am Ende hatten Selbstvorwürfe und Schuldgefühle die Beziehung zerstört. Thomas suchte Trost in der Arbeit, während Pernilla überhaupt keinen Trost fand.
Die Scheidung war unausweichlich.
Nora hatte versucht, ihnen, so gut es ging, beizustehen, aber sie war nicht an Thomas herangekommen. Er war stumm und verschlossen. Zog sich nach Harö zurück und kapselte sich ab.
Erst zu Beginn des Sommers hatte Nora das Gefühl, dass so langsam wieder der alte Thomas durchkam, ihr Jugendfreund mit den widerspenstigen blonden Haaren. Aber sie entdeckte neue feine Fältchen um seine Augen, und in seinem Haar zeigte sich ein Anflug von Silber. Um seine Augen lag ein Schatten, der früher nicht da gewesen war.
»Kann ich dir helfen?«
Henrik hatte sich hinter ihrem Rücken herangeschlichen. Nora drehte sich um und lächelte ihn an. Er hatte gute Laune. Es würde ein schöner Abend werden. Sie schob die Gedanken an die Schwiegereltern, die sich für Montag angekündigt hatten, entschieden beiseite.
»Wie wäre es mit Kartoffeln kochen, Fische räuchern, Salat pflücken und Vanillesauce
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