Tödlicher Vatertag
gehe davon aus, daß Sie mich nicht belogen haben.«
Ein glückliches Lächeln überflog das Gesicht der jungen Witwe. »Das werde ich Ihnen nie vergessen.«
Ich winkte ab. »Soweit ist es noch nicht, Mrs. Binussek. Wir müssen vor allen Dingen versuchen, den Fall so emotionslos wie möglich anzugehen. Sollten wir uns tatsächlich am Vatertag treffen, so halten Sie sich bitte zurück. Das gleiche gilt für Ihre Freundinnen. Und noch etwas: Lassen Sie Ihre Kinder zu Hause!«
»Das versteht sich.« Sie schaute mich forschend an. »Wann können Sie denn fliegen?«
»Ich weiß es noch nicht genau…«
»Silvie, Brigitte und ich haben bereits gebucht. Wir werden uns in Zürich treffen.«
»Und wo wohnen Sie in Kandersteg?«
»In einem Hotel, in dem auch unsere Männer stets abgestiegen sind. Es ist das Royal Gemmi, das erste Haus am Platz. Ein wunderschönes Hotel. Nicht zu groß, herrlich gelegen, mit einem phantastischen Garten…« Sie schluckte und begann wieder zu weinen. »Nun ja, das ist vorbei.« Evelyn Binussek hatte Mühe, sich zu beherrschen.
»Ich kann Sie im Laufe des Tages also noch erreichen?« erkundigte ich mich.
»Natürlich.« Sie holte eine Karte aus der Handtasche. »Hier steht meine Anschrift.«
»Danke sehr.«
Bevor sie zur Tür ging, schaute sie mich noch einmal an. »Und Sie werden wirklich alles tun, um diesen schrecklichen Fall aufzuklären?«
»Wenn ich nach Kandersteg komme, sicherlich.«
»Danke, Mr. Sinclair. Auch die anderen beiden werden froh sein, wenn ich es ihnen sage. Ich telefoniere noch mit Belgien und Deutschland.«
»Tun Sie das.«
Ich brachte die verzweifelte Frau noch bis zum Fahrstuhl. Dort drückte sie mir noch einmal die Hand. Als sich die Tür des Lifts schloß und ich zum letztenmal einen Blick in ihr Gesicht warf, sah ich wieder die Tränen.
»Es wird schon gut werden«, sagte ich.
Evelyn nickte. Die Tür schloß sich, der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung, und die Frau war meinen Blicken entschwunden. Ich blieb noch für einen Moment im Gang stehen und atmete tief durch, während ich über den außergewöhnlichen Besuch dieser Frau nachdachte.
Es war nicht einfach, ihr zu glauben. Andererseits sah ich keinen Grund, dies nicht zu tun. Nach dem Warum und Wieso wollte ich jetzt noch nicht fragen. Ich nahm es zunächst einmal als Tatsache hin, daß Evelyn Binussek Kontakt zu ihrem verstorbenen Mann gehabt hatte. Er hatte sich bei ihr gemeldet, jetzt mußten wir weitersehen. Mit etwas müde wirkenden Schritten ging ich wieder zurück. Im Vorzimmer sprach mich Glenda, meine Sekretärin, an. »Die Frau kam mir verzweifelt vor.«
»Das war sie auch.« Ich nahm auf der Schreibtischkante Platz. Glenda wußte, was ich jetzt benötigte. Sie schenkte mir eine Tasse Kaffee ein. Ich nahm Zucker und rührte um.
»Willst du es mir nicht erzählen?«
»Doch.« Mit wenigen Worten faßte ich den Bericht der Besucherin zusammen.
Glenda hörte zu und wurde bleich. »Aber das ist ja furchtbar!« flüsterte sie.
»Falls es stimmt«, schränkte ich ein.
»Und du willst in die Schweiz?«
»Ja. Ich habe mich entschlossen. Denk mal nach! Wenn in einem Urlaubsort wie Kandersteg drei Zombies umherirren, kann das zu einer Katastrophe führen. Du weißt selbst, wozu lebende Tote fähig sind. Die kennen keine Rücksicht. Menschenleben bedeuten ihnen überhaupt nichts.«
»Ich weiß. Willst du allein fahren?«
»Da müßte ich mit Sir James sprechen. Ich weiß nicht, ob Suko mit von der Partie sein wird.«
Wie auf's Stichwort öffnete sich die Tür. Suko betrat das Vorzimmer.
»Habt Ihr von mir gesprochen?«
»Ja.«
»Hoffentlich nur Gutes.«
»Kann man von dir etwas Schlechtes behaupten?«
»Dir traue ich alles zu, John.«
Ich berichtete abermals von der Kassette.
Mein Freund und Kollege wiegte den Kopf. »Kandersteg könnte mir schon gefallen.«
»Mir auch, aber ob es unserem Chef gefällt, daß wir zu zweit fahren, weiß ich nicht.«
»Du kennst ihn ja…«
Das Telefon meldete sich. Glenda hob ab und sagte: »Ja, die beiden sind hier, Sir.«
Sie legte wieder auf. »Ihr sollt zu ihm kommen.«
»Wie klang seine Stimme?« fragte ich.
»Brummig.«
»Ich sehe meine Flugchancen schwinden«, tönte Suko und bekam auch recht, denn als sich Sir James meinen Bericht angehört hatte, schüttelte er den Kopf.
»Wenn überhaupt jemand von Ihnen in die Schweiz fliegt, wird es John Sinclair sein.«
»Und weshalb, Sir?« fragte Suko.
»Weil es sonst Ärger mit der Abrechnung
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