Toedliches Fieber
letzte Woche mal mitspielen lassen …«
Ich schüttelte den Kopf. Anscheinend bekam ich überhaupt nichts mehr mit. Auf einmal wusste ich, warum die beiden so verlegen guckten.
»Verstehe – er kommt gleich, oder was?«
»Äh, ja.«
Ich nickte.
»Ist das für dich okay, Eva?«
»Natürlich, Astrid«, sagte ich stumpf. »Ist doch deine Band.«
Es klopfte, Rob war da. Astrid öffnete schwungvoll die Tür und klatschte ihn ab. Ich lächelte, als er zaghaft in meine Richtung blickte. Dann spielten wir das Set einmal runter. Ungefähr nach einer Stunde zog Astrid nach einem kurzen Blick zu mir ihren Bass aus dem Verstärker.
»Das reicht für heute, denke ich. Geht’s noch, Eva?«
Ich lehnte mich an die Wand und nickte.
Doch es ging mir überhaupt nicht gut. Im Gegenteil. Alles drehte sich und verschwamm vor meinen Augen.
»Muss nur mal früh ins Bett.«
Ich stand auf, stellte die Gitarre auf den Ständer und lief hinaus in den Flur.
Direkt in die Arme von Seth Leontis.
Wiedervereint
St. Magdalene’s
2013 n. Chr.
Seth hatte keine Vorstellung davon, wie viel Zeit seit seinem letzten Aufenthalt in London vergangen war. Er hatte es so eilig gehabt, zurückzukehren, dass sein Vorhaben im Strudel nicht ganz klar gewesen war. Dabei kam es gerade im Strudel auf Genauigkeit an. Man musste sich auf Datum und Uhrzeit konzentrieren, um möglichst präzise an sein Ziel zu gelangen. So hatte Zackary es ihm beigebracht und bisher hatte es auch immer geklappt. Auf diese Weise war es ihm gelungen, nach wochenlanger Abwesenheit so nach Parallon zurückzukehren, als fehlten in seinem dortigen Leben nur wenige Minuten. Doch diesmal hatte er nur an sie gedacht, und selbst nachdem er aus dem Fluss gestiegen und tropfnass durchs Schultor gelaufen war, konnte er an nichts anderes denken.
Da es schon dunkel war, ging er direkt in sein Zimmer. Dort war alles so, wie er es in Erinnerung hatte. Seth zog sich rasch trockene Sachen an und lief in den Innenhof, der voller Leute war. Er blieb kurz stehen und überlegte, wo er sie zuerst suchen sollte.
»Seth! Du bist wieder da – Ruby wird vor Freude ausflippen!«, rief Mia, die zum Speisesaal unterwegs war. »Komm mit! Dann kannst du es ihr gleich selbst erzählen!«, sagte sie grinsend und wollte ihn mitziehen.
Seth schaute sich um. Überall Leute.
»Hey«, sagte er, weil er sich nicht mehr an ihren Namen erinnern konnte. »Weißt du vielleicht, wo Eva ist?«
Seth schöpfte seine Fähigkeiten ungern aus, nur wenn es dringend nötig war – so wie jetzt. Er blickte Mia so intensiv an, dass sie nicht wegsehen konnte. Sie riss die Augen auf und öffnete den Mund, um ihm die gewünschte Antwort zu geben. Sie wollte ihm unbedingt helfen, doch leider hatte sie keine Ahnung, wo Eva sein mochte. Ruby hätte sie umgebracht, wenn sie sich auch nur einen Hauch für Evas Belange interessiert hätte. Doch Harry stand nicht weit weg.
»Harry«, rief Mia.
Als Harry auf sie zuschlenderte und begriff, wer neben Mia stand, fiel ihm der Unterkiefer runter.
»Seth! Wo bist du gewesen, Mann? Du warst wie vom Erdboden verschwunden!«
Seth lächelte schief. Wenn du wüsstest, Harry!
»Seth sucht Eva. Weißt du vielleicht, wo sie ist?«
»Im Musikflügel«, antwortete Harry wie aus der Pistole geschossen. »Ich habe gesehen, wie sie nach dem Unterricht alle zur Bandprobe gegangen sind. Aber iss erst mal was mit uns, Seth. Wir haben einiges aufzuholen!«
»Später, Harry«, sagte Seth lächelnd und machte sich auf den Weg.
Er musste gar nicht bis zum Musikflügel gehen, um sie zuhören. Ihre liebliche Stimme schwebte leise auf ihn zu. Er lehnte sich an die Hausmauer und gab sich ganz den süßen Klängen hin.
Als sie aufhörte zu singen, wurde er nervös. Er sehnte sich so danach, sie zu sehen, dass sein Herz schneller schlug. Er wusste nicht, wie lange er es noch aushalten würde, doch kurz darauf hörte er langsame Schritte im Flur und die Tür ging auf.
Er drehte sich um und stand direkt vor dem Mädchen, das er liebte.
»Seth?«, flüsterte sie. »Du bist wieder da!«
Sie sah ihn mit Livias Augen an, mit Livias warmem Blick … mit Livias Liebe. Ohne nachzudenken, nahm er sie in die Arme.
Einen wunderbaren Augenblick lang schlang sie die Arme um seinen Hals und streifte mit den Lippen seinen Mund. Die Leidenschaft, die er sich so lange versagt hatte, brannte lichterloh zwischen ihnen. Doch dann wurden ihre Arme schlaff.
»Livia?«, flüsterte er verzweifelt. Mit wildem Blick
Weitere Kostenlose Bücher