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Toedliches Fieber

Toedliches Fieber

Titel: Toedliches Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dee Shulman
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denken konnte. Gesagt hatte sie aber nichts.
    Sie hatte es sogar übernommen, es meiner Mutter beizubringen.
    »Ah, guten Morgen! Sie sind bestimmt Mrs Koretsky. Ich freue mich, Sie kennenzulernen.«
    »Nicht so ganz. Mein Name ist Brewer … Jane Brewer. Ich … äh, habe wieder geheiratet.«
    Rose Marley warf mir unauffällig einen Blick zu und entschuldigte sich bei meiner Mutter.
    »Oh, das tut mir leid, Mrs Brewer, das muss ich in Evas Akte übersehen haben.«
    Falsch, es stand gar nicht drin. Ich hatte der Schule möglichst wenig über meine Familie mitgeteilt.
    »Sie müssen ungeheuer erleichtert sein, dass es Eva wieder besser geht«, fuhr sie übergangslos fort.
    »Oh ja, ich bin sehr froh.« Meine Mutter lächelte.
    »An der Schule freuen sich auch alle. Wir haben uns schreckliche Sorgen gemacht, zumal sie so ein außergewöhnlich begabtes Mädchen ist …«
    Meine Mutter wirkte verlegen. Sie fand es nicht so großartig, dass ich außergewöhnlich war.
    »Ja … richtig …«
    »Da auch der Rektor sehr um Evas Wohl besorgt ist, hat er vorgeschlagen, sie in den ersten Wochen der Rekonvaleszenz bei mir im Krankenflügel der Schule unterzubringen. Falls Anzeichen eines Rückfalls aufträten, könnten wir unverzüglich handeln – schließlich liegt die Schule nur zehn Minuten vom Krankenhaus entfernt, das, wie Sie sicherlich wissen, auf dem Gebiet der Hämatologie landesweit führend ist. Da haben wir wirklich Glück mit unserem Standort, finden Sie nicht auch?«
    Ich warf Rose Marley einen kurzen überraschten Blick zu. Das ging weit über ihre Pflichten hinaus. Im Krankenflügel? Was sollte ich da? Oder handelte es sich nur um eine List, um mir meine Mutter vom Hals zu schaffen? Wahrscheinlich.Eine geniale Strategie. Jetzt konnte meine Mutter nicht mehr darauf bestehen, dass ich den weiten Weg nach York auf mich nahm. Wie hätte sie mein Leben einer solchen Gefahr aussetzen können?
    Anscheinend hatte ich für einen Augenblick wirklich geglaubt, dass meine Mutter mich unbedingt mit nach York hatte mitnehmen wollen, um meine Pflege selbst zu übernehmen. Ich hatte sogar leichte Schuldgefühle, aber nur, bis ich die Erleichterung in ihrer Miene sah. Sie war Rose Marley total dankbar dafür, dass sie mich in ihre Obhut nahm. Und nicht nur sie, ich auch … Kein Colin, kein Ted. Ich durfte in die Schule zurück. Nach diesem sauberen kleinen Sieg empfand ich noch sehr viel mehr Respekt für Rose Marley.
    Und während ich noch auf dem Krankenhausbett saß und darüber nachdachte, wie gut ich aus der Sache rausgekommen war, hörte ich, worauf ich die ganze Zeit gewartet hatte: Rose Marley hielt am Ende des Flurs ein Schwätzchen im Schwesternzimmer. Ich nahm die kleine Tasche mit meinen Besitztümern und ging zu ihr.
    Ich war nur wenige Meter weit gekommen, als ich mich schon an der Wand abstützen musste. Wie konnte es sein, dass mir nach zwölf Schritten so schwindelig wurde? Ich glitt an der Wand zu Boden und legte den Kopf zwischen die Knie. Das war gar nicht gut. Ich konnte nur hoffen, dass die Krankenschwestern so in ihr Gespräch vertieft waren, dass sie mich nicht gesehen hatten.
    Von wegen! Ehe ich wieder aufstehen konnte, wurde ich von starken Armen in einen Rollstuhl verfrachtet. Zu meinem Ärger war mir zu übel, um mich zu wehren.
    Dann wurde ich zu einem Krankenwagen gefahren und zu meinem größten Entsetzen in aller Öffentlichkeit über den Innenhof der St. Magdalene’s in den Krankenflügel geschoben. Die totale Demütigung. Es machte die Sache nicht besser, dass ich mich zu schwach fühlte, um zu protestieren.
    Hatte Rose Marley schon die ganze Zeit gewusst, dass es mir nicht halb so gut ging, wie ich dachte? So, wie sie sich benahm, könnte man es für völlig normal halten, dass ich so ein Schwächling war. Noch zwei weitere Wochen lang war ich hoffnungslos unfähig zu fast allem. Sie half mir in die Dusche und wieder hinaus und fütterte mich sogar, wenn ich zu müde war, die Gabel zu halten.
    Doch es war überraschend angenehm mit Rose im Krankenflügel. Vielleicht, weil sie so nett war … Oder es lag an der Atmosphäre, dem besonderen Blau der Wände, einem hellen Himmelblau, das ich gleichzeitig vertraut und tröstlich fand. Es konnte aber auch einfach daran liegen, dass dieses Zimmer so gar nicht wie ein Krankenzimmer wirkte. Gut, es gab eine Notfallklingel an der Wand und einen Tisch mit dem ganzen medizinischen Zeug: Blutdruckmanschette, Brechschüssel, Sauerstoffflasche,

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