Toedliches Fieber
Glück als Verstand. Da der Urinstinktjeden zu seinem Tod zurückführt, bist du dort gelandet. Aber du bist so lange geblieben, dass du in deiner eigenen Zeit in der Falle hättest sitzen müssen.«
»In der Falle?«
»Wenn man erst mal darin gefangen ist, kommt man nicht mehr raus. Dann bleibt man für immer ein Geist.«
Seth nickte. »Und du bist davon ausgegangen, dass mir genau das passiert.«
»Selbstverständlich.« Zackary sah ihm immer noch fest in die Augen. »Warum bist du überhaupt zurückgekommen? Ich dachte, du hättest die Nase voll von Parallon.«
Seth wollte ihm schon von Matthias erzählen, doch dann hielt er lieber den Mund. Zackary hatte noch nie von seinem Freund gehört und das sollte in Matts Interesse auch so bleiben.
»Tja«, sagte Zackary leise. »Du überlebst also nicht nur einen Besuch in deiner Zeit, sondern du überlebst auch noch den Strudel. Du kommst zurück, brichst in mein Büro ein, hängst dich an meinen Terminal und …«
»… eigne mir irgendwie Kenntnisse an, die ein Gladiatorensklave normalerweise nicht braucht«, beendete Seth den Satz für ihn.
Zackary schüttelte den Kopf. »Die Untertreibung des Jahrhunderts.«
»Zackary …«
»Sethos«, unterbrach ihn Zackary und hob die Hände. »Ich muss nachdenken. Geh jetzt. Lass uns morgen früh weiterreden. Sei um elf wieder hier.«
»Um elf? Und woher soll ich wissen, wie spät es ist?«
»Mensch, Sethos, wir sind in Parallon. Besorg dir eine Uhr.«
Wiederhergestellt
Als Seth in den Palast zurückkehrte, fand er Matthias in seinem Zimmer. Sein Freund schlief tief und fest, doch er hatte auf dem Tisch im Esszimmer ein wahres Festmahl angerichtet. Seth fiel das Atmen schwer, als er sich vorstellte, wie Matthias ganz allein dort gesessen und auf seine Rückkehr gewartet hatte. Seufzend nahm er einen Teller und tat sich Rettichsalat und eine Scheibe Ente in Austernsoße auf.
Beim Essen grübelte er vor sich hin. Konnte er wirklich eine neue Sprache sprechen, ohne sie gelernt zu haben? Und was wusste er noch alles? Als er eine Olive nahm, fiel sein Blick auf die neue Errungenschaft an seinem Handgelenk. Das Ding war dort aufgetaucht, nachdem er Zackary gehorcht und an eine Uhr gedacht hatte. Jetzt zeigte sie still die Zeit an und er konnte sie lesen, als hätte er schon immer eine gehabt.
Seth schüttelte den Kopf. Er war zu müde, um weiter nachzudenken. Er trank ein großes Glas Wasser und ging in sein Zimmer. Kurz darauf schlief er unter einer fein bestickten Decke in seinem weichen neuen Bett.
Als Matthias am nächsten Morgen auftauchte, trainierte Sethos bereits in der Übungsarena. Er unterbrach seinen Angriff auf den Holzpfosten und grinste seinen Freund an.
»Vielen Dank hierfür«, sagte er und wies auf die Arena,»und für das leckere Essen von gestern Abend. Tut mir leid, dass ich zu spät gekommen bin, um mit dir zu essen.«
Matthias zog überrascht die Augenbrauen hoch. Er hatte sich so an Seths einsilbige Verzweiflung gewöhnt, dass er den freundlichen dankbaren Jungen kaum erkannte, der lächelnd vor ihm stand.
»Seth, was ist gestern passiert? Du warst die ganze Nacht fort. Wo warst du denn?«, fragte er zaghaft.
Sethos musterte seinen Freund und überlegte, was um Himmels willen er ihm genau erzählen sollte. Seine umwerfenden neuen Erkenntnisse, die er gerade erst erworben und noch nicht verdaut hatte, rissen eine tiefe Kluft zwischen ihnen beiden, und er wusste nicht, wie er sie überbrücken sollte. Er blieb einen Augenblick unschlüssig stehen und suchte verzweifelt nach einer Information, die er Matthias anvertrauen konnte.
»Ich habe herausgefunden, wie dieser Ort heißt.«
»Den Göttern sei Dank«, lachte sein Freund. »Jetzt komm zum Frühstück.«
Seth erschien pünktlich zu seiner Verabredung mit Zackary, der auf den Stufen vor seinem Haus saß und grüblerisch über den Fluss blickte. Als Seth sich neben ihn setzte, reichte Zackary ihm einen Becher mit einem einzigen Henkel, in dem eine heiße Flüssigkeit dampfte.
»Mmm … Kaffee, danke«, sagte Seth automatisch. Doch dann starrte er in den Becher. Woher wusste er, was darin war? Er hatte noch nie so einen Becher gesehen, nie Kaffee probiert, und doch schmeckte er genauso, wie er es vor dem ersten Schluck erwartet hatte. Köstlich.
Nach einem Blick auf Zackarys resignierte Miene begriff er, dass er sich irgendwie sehr viel mehr als eine neue Sprache angeeignet hatte.
Leider hatte er aber keine Ahnung, wo dieses Wissen anfing
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