Toedliches Fieber
hohen glänzenden Turm zu. Seth folgte ihm, ohne nachzudenken.
Er hielt sich weiter im Schatten und sah zu, wie Zackary die drei Stufen zu der imposanten schwarzen Eingangstür hochstieg. Doch statt sie einfach aufzudrücken, sah es aus, als malte er mit den Fingern ein Muster auf ein glänzendes Brett mit Knöpfen. Die Tür glitt auf und Zackary verschwand in dem Haus. Seth überlegte, ihm zu folgen. Doch war das überhaupt möglich? Und wäre das wirklich eine gute Idee?
Andererseits: Was hatte er zu verlieren?
Zackary war in sportlicher Hinsicht kein Gegner für ihn. Er war schlank und nicht sonderlich muskulös. Doch Körperkraft spielte in Parallon praktisch keine Rolle und Seth war klar, dass Zackarys Macht hier in Parallon deutlich zwingender war als die Kraft eines Gladiators.
Verunsichert blieb er stehen. Könnte er sich vielleicht unbemerkt zwischen den Tischen hindurchschlängeln? Die Gelegenheit bot sich bald, als die Gruppe in lautes Gelächter ausbrach. Seth flitzte über die Veranda hoch zur Tür. Er wollte sie aufdrücken, doch sie gab nicht nach.
Daraufhin tippte er auf das Brett, das auch Zackary berührt hatte, aber nichts geschah. Bei näherem Hinsehen entdeckte er, dass die Knöpfe mit Zeichen versehen waren. Musste man etwa einen Code kennen, um in das Gebäude zu gelangen? Seth drückte willkürlich irgendwelche Knöpfe – ohne Ergebnis. Er schloss die Augen, um sich ins Gedächtnis zu rufen, was Zackary genau getan hatte. Er hatte ein bestimmtes Muster gemalt, das Seth jetzt nachzeichnen wollte. Beim dritten Versuch gab die Tür plötzlich einen langen, leisen Ton von sich und glitt auf. Seth taumelte vorwärts und die Tür schloss sich mit einem Summen hinter ihm.
Er stand in einer weißen Eingangshalle mit rechteckigen bunten Wandbehängen. Vor ihm lag eine Treppe und rechts eine vertäfelte Tür.
Seth blieb ganz still stehen und lauschte. Wo war Zackary? Über sich hörte er leise Schritte – gut. Das hieß, er würde ihn so schnell nicht entdecken. Auch wenn er nicht wusste, ob außer Zackary noch jemand im Haus war, wollte er es weiter erforschen.
So leise wie möglich drückte er die vertäfelte Tür auf. Ihm stockte der Atem. Auf eine solch überwältigende Kombination von Farben und Erfindungen war er nicht vorbereitet. Eine riesige rechteckige Leinwand, auf der bewegte Bilder und Muster zuckten, beherrschte den Raum. Links und rechts davonwaren kleinere Leinwände, die jedoch schwarz und ruhig waren. An der gegenüberliegenden Wand standen lange weiße Tische, auf denen um zwei weitere Leinwände mehrere große zylindrische Geräte angeordnet waren. Die dritte Wand war mit blinkenden bunten Knöpfen über silbernen Schachteln bedeckt.
Seth stand verblüfft an der Tür.
Dann ging er wie magnetisch angezogen auf die Farbe und die Bewegung der größten Leinwand zu. Sein Herz schlug heftig in der Brust, während er die Bilder verblüfft ansah und die Hand ausstreckte. Als seine Finger die Leinwand berührten, breitete sich Wärme in seiner Hand aus und strömte durch den Arm in seinen ganzen Körper. Nein, warm war das falsche Wort, heiß traf es eher. Es war unglaublich heiß, brennend heiß. Der Raum begann zu schwanken und drehte sich um ihn. Seth schloss die Augen und wollte die Hand wegziehen, doch er konnte seine Finger nicht lösen. Millionenfach zuckten Bilder und Klänge durch sein Gehirn, immer schneller. Er bekam keine Luft mehr, hielt es nicht mehr aus. Irgendwer brüllte, Entsetzen blendete alles aus und dann platzte ihm der Kopf vor weißem Schmerz. Seth verlor das Bewusstsein.
Sackgassen
London
2012 n. Chr.
Als Dr. Franklin in Biologie über ungewöhnliche Monozytenreaktionen sprach, fragte ich mich plötzlich, ob ich nicht etwas Entscheidendes übersehen haben könnte. Ehrlich gesagt, war ich frustriert. Auf der Jagd nach meinem Virus hatte ich eine Niete nach der anderen gezogen, und ich war es nicht gewohnt, so komplett zu versagen. Ich hatte gründlich recherchiert und alle unabhängigen Forschungsinstitute auf der Welt durchforstet. Irgendetwas war mir offenbar entgangen. Immer wenn die Symptome und die Gestalt des Virus’ annähernd zueinanderpassten, scheiterte es letztendlich an der zweistündigen Inkubationszeit.
Selbst am Institut für Biochemische Medizin in Hongkong wurde ich nicht fündig. Das ärgerte mich besonders, weil ich so lange gebraucht hatte, mich in ihr System zu hacken.
Wo zum Teufel steckte mein Virus?
Ein Blick zur Tafel
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