Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliches Fieber

Toedliches Fieber

Titel: Toedliches Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dee Shulman
Vom Netzwerk:
viel Platz«, schloss sie mit einem verhaltenen Lächeln.
    Ich war sprachlos. Selbst wenn ich etwas zu sagen gehabt hätte, hätte ich es nicht herausgebracht – mein Mund machte nicht mit. Deshalb sah ich meine Mutter blinzelnd an und fragte mich, ob ich für sie jemals an erster Stelle gekommen war.
    Dabei wusste ich die Antwort bereits. Es war nicht etwa so, dass ihr andere nichts bedeuteten  – erst war es mein Vater gewesen, dann Colin und Ted und jetzt … ein Embryo.
    Warum erwartete ich nach all diesen Jahren etwas anderes? Mein Zimmer war nicht groß, doch es war alles, was ich hatte. Und die Rumpelkammer (in die ich ziehen sollte) war eher eine Zelle als ein Zimmer. Da passte gerade mal ein Bett hinein, jedenfalls keine Gitarre. Ich biss mir auf die Lippe und malte Muster auf die Bettdecke.
    »Kein Problem«, murmelte ich, nahm das erstbeste Virologie-Buch und starrte hinein, bis sie ging.
    Meine Hände zitterten, und je mehr ich mich bemühte zu lesen, was da stand, umso mehr verschwamm mir die Sicht.Ich kniff die Augen zu, doch die Tränen drängten sich durch und fielen auf die glatten Seiten in meinem Schoß. Ich wischte sie wütend weg und hasste mich dafür, dass ich so schutzbedürftig war. Ich war fast siebzehn, zum Teufel. Wann würde ich endlich erwachsen werden? Wieso war es mir immer noch wichtig, ob meine Mutter mich liebte? Wie armselig war das denn! Ich stand auf, ging ins Bad und wusch mir das Gesicht. Dann schwor ich mir, dass dies die letzten Ferien hier gewesen waren. Es wäre der nackte Wahnsinn, zurückzukommen, nur um in diese Kammer zu kriechen. In London konnte ich mir bestimmt einen Ferienjob besorgen und dort irgendwo wohnen.
    Diese Vorstellung heiterte mich auf. Sie half mir über die letzten angespannten Tage hinweg.
    Und nun saß ich im Zug und sah zu, wie die Landschaft an mir vorbeiflog. Wir hatten gerade in Stevenage gehalten. Das hieß, dass die Fahrt nur noch eine knappe halbe Stunde dauerte.
    »Eva?« Ich zuckte zusammen, als eine Hand meine Schulter streifte.
    »Rob!« Ich lächelte.
    Rob Wilmer. Er gehörte zu den guten Typen an der Schule. Groß, blond, mit Sommersprossen – und er hatte mich nie angemacht. Nett.
    »Ist hier besetzt?«, fragte er und las mit schmalen Augen die Reservierung am Platz gegenüber.
    »Die Frau, die da saß, ist gerade ausgestiegen. Setz dich einfach, wird schon nichts passieren«, sagte ich grinsend.
    Er verstaute seinen Koffer und setzte sich zu mir.
    »Wohnst du in Stevenage?«, fragte ich.
    »Das ist von mir aus der nächste Bahnhof«, antwortete Rob.
    »Ganz schön nah an der St. Mag’s.«
    »Meine Eltern sind dauernd unterwegs, darum bin ich im Internat.«
    Ich nickte. Small Talk war noch nie meine Stärke gewesen und mir fielen keine weiteren Fragen ein. Also griff ich zu meinem Buch, um ein peinliches Schweigen zu vermeiden.
    Doch Rob war offenbar begabter als ich, ein Gespräch in Gang zu halten.
    »Und … hattest du schöne Weihnachten?«
    »Hätte schlimmer sein können.«
    Kaum.
    »Verstehe!« Er lachte. »St. Mag’s bietet dir eine willkommene Fluchtmöglichkeit?«
    »Du machst dir keine Vorstellung«, erwiderte ich.
    »Und … ist bei dir jetzt alles wieder in Ordnung?«
    Wie bitte?
    »Ich meine … du weißt schon … ob du wieder gesund bist. Nach der Krankheit.«
    Ich nickte. Über meinen Gesundheitszustand wollte ich nun wirklich nicht reden.
    »Dann freust du dich bestimmt auf die Action in der Schule, was?«
    Ich lächelte. »Allerdings. Du auch?«
    »Klar! Wie findest du St. Mag’s denn eigentlich? Entspricht sie deinen Erwartungen?«
    »Schon …«, antwortete ich vorsichtig.
    »Gefällt es dir?«
    »Oh ja. Jedenfalls ist es viel besser als da, wo ich vorher war.«
    Oh, oh. Zu viel Information.
    »Und wo war das?«
    »Ach … einfach in der nächsten Gesamtschule …«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Geht’s ein bisschen genauer?«
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen.« Ich biss mir auf die Lippe.
    Er kniff die Augen zusammen. »Wetten dass?« Er grinste. »Egal, ich muss dich etwas viel Wichtigeres fragen: Gibt es in diesem Zug was zu essen? Ich bin am Verhungern!«
    Ich zeigte ihm, in welche Richtung er gehen musste, und griff wieder nach meinem Buch. Bestimmt erreichten wir London, ehe er zurückkam.
    Falsch.
    »Ich hoffe, du magst Muffins. Was anderes gab es nicht mehr.«
    Er stand mit zwei Teebechern und einer zerdrückten Tüte über mir. Plötzlich kam der Zug ruckartig zum Stehen. Rob schaffte es

Weitere Kostenlose Bücher