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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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gekauft, weil ich noch nicht gefrühstückt hatte…«
    Cranston schloß die Augen. Oh Gott, gib mir Geduld, betete er. Flaxwith hatte ein so trübsinniges Aussehen, aber er war ehrlich und gründlich und besaß einen scharfen Blick für Einzelheiten.
    »Ich hatte die Pastete eben aufgegessen«, fuhr Flaxwith fort, »als wir in die Ratcat Alley kamen. Zwei junge Männer, Draytons Schreiber, Philip Stablegate und James Flinstead, standen vor dem Haus ihres Herrn und hämmerten an die Tür.«
    »Das sind die beiden Hübschen dort oben?«
    »So ist es, Sir John. Nun, ich fragte sie, was denn los sei « Flaxwith hob das pausbäckige Gesicht. »Ich sollte eigentlich nachsehen, was Samson macht…«
    »Samson geht es wunderbar«, gurrte Cranston. »Ich habe eine Wurst in der Speisekammer gefunden. Die frißt er, als sei morgen der Jüngste Tag.«
    »Nun — ich fragte sie also, was los sei. Sie berichteten, sie hätten die Glocke geläutet und an die Tür gehämmert, aber Master Drayton habe nicht aufgemacht. Nun habt ihr ja die Haustür gesehen, Sir John — dick wie ein Franzosenschädel. Wir gingen also außen herum. Alle Fenster waren verrammelt, die Läden geschlossen.«
    »Gibt es einen Hintereingang?« fragte Athelstan.
    »Oh ja, aber die Tür ist wie die vordere, hartes Eichenholz. Wir hätten eine Belagerungsmaschine aus dem Tower gebraucht, um diese Türen aufzubrechen.«
    Cranston hielt es nicht länger aus, nahm rasch einen Schluck Rotwein aus seinem Weinschlauch. Dann bot er ihn Athelstan an, aber der schüttelte nur den Kopf.
    »Nun, und da brechen wir eben ein. Master Philip klettert Master James auf die Schultern. Mit einem Messer hebelt er die Läden auf. Dahinter ist eins von diesen kleinen Bogenfenstern. Er zerbricht die Scheibe und drückt den Griff hoch.«
    »Da bist du sicher?« unterbrach Athelstan.
    »Natürlich«, sagte Flaxwith. »Du könntest es dir selbst ansehen; das Holz ist gebrochen, die Sprossen verschrammt. Ja, es sieht aus, als wäre es jahrelang nicht geöffnet worden. Master Stablegate klettert jedenfalls hinein. Dann entriegelt er die Haustür, schließt das Schloß auf, und wir betreten das Haus.«
    »Und wie war es da?« wollte Cranston wissen.
    »Dunkel wie die Nacht. Es roch muffig. Keine Kerzen, kein Fackellicht.« Flaxwiths Stimme senkte sich zu einem Flüstern. »Still wie in einem Grab, Sir John — das war es.«
    »Weiter!« raunzte Cranston.
    »Nun, alle Zimmer waren leer. Genau wie dieses hier.«
    Athelstan fuhr aus seinen Gedanken auf und schaute sich um. Er dachte an den Vers aus dem Evangelium: Was hälfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele? Drayton, einer der größten Geldverleiher der Stadt, mußte zugleich ein Geizhals gewesen sein. Die schäbige Kammer wies nur wenige Möbelstücke auf, und die Binsen auf dem Boden sahen aus, als wären sie seit Jahren nicht erneuert worden. Die Wände waren schmierig, die weiße Farbe war fleckig und blätterte ab. Und Athelstan war sicher, daß er irgendwo im Korridor Ratten hatte quieken hören.
    »Erzähle ich zu schnell?« fragte Flaxwith.
    Cranston lächelte nur.
    »Wir gingen zum Kontor«, plauderte der Büttel weiter. »Wir klopften und klopften, daß es Tote hätte aufwecken mögen. Aber es kam kein Laut.«
    »In den Kammern oben habt ihr nachgeschaut?« fragte Athelstan.
    »Oh ja, da war nichts. Deshalb wußten wir, daß Master Drayton in seinem Kontor sein mußte. Nun habt Ihr ja die Tür gesehen, Sir John: schweres Eichenholz, stählerne Angeln, außen mit Nägeln beschlagen. Inzwischen bekam ich es mit der Angst. Ich lief auf die Straße hinaus und gab vier Mistsammlern einen Penny, damit sie hereinkamen. Im Garten fanden wir einen Hackklotz, und damit rammten wir die Tür ein.«
    »Das wäre doch unmöglich«, bemerkte Athelstan, »wenn die Tür so schwer ist, wie du sagst.«
    »Da hast du recht, Pater«, sagte Flaxwith. »Aber einer der Mistsammler hatte als Soldat in Frankreich gedient und dort auch Türen eingeschlagen. Er meinte, wir sollten uns auf die Angeln konzentrieren, und das taten wir. Schlugen sie richtig aus der Wand, und da gab die Tür nach. Drinnen fanden wir Drayton auf dem Boden. Wir haben den Leichnam nicht angerührt. Er hat einen Armbrustbolzen in der Brust, und das Silber ist weg.«
    »Wieviel Silber?«
    »Nach dem Rechnungsbuch mindestens fünftausend gute Pfund Sterling.«
    Cranston pfiff durch die Zähne. »Du lieber Gott — und was habt ihr

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