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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Chaplers Leichnam auf das Geländer und kippte ihn dann wie einen Sack hinunter in den Fluß, der unten schäumte.
     
    Drei Abende später, als der Fluß mit voller Kraft dem Meer zuströmte, löste sich eine lange Barke von St. Paul’s Wharf und überquerte die wogende Flut. Verhüllte Gestalten stakten die Barke voran, und im Bug und im Heck standen weitere, ähnlich gekleidete und hielten Fackeln in den Händen. In der Mitte der Barke saß der Menschenfischer, die Kapuze zurückgeschlagen, und starrte mit lidlosen Augen über den Fluß. Er suchte nach Leichen. Er und die Seinen, die Ausgestoßenen von London, wurden von der Gemeinde nach einem festen Gebührensatz für jede Leiche bezahlt, die sie aus dem Wasser zogen — eine bestimmte Summe für einen Unfalltoten, eine andere für einen Selbstmörder. Den höchsten Preis erzielte natürlich ein Mordopfer. Der Menschenfischer, der sein gespenstisches, birnenförmiges Gesicht zum Schutz vor dem kalten Wind auf dem Fluß sorgfältig eingefettet hatte, gurrte ein Wiegenlied, während er das Wasser absuchte.
    »Es wird Leichen geben«, murmelte er. »Schaut nur angestrengt und lange hin, meine Hübschen!«
    Die wenigen Barken und Kähne, die auf dem Fluß unterwegs waren, machten einen weiten Bogen um sie. Der Menschenfischer war nicht beliebt, und besonderen Schrecken besaß er für diejenigen, die an der Themse arbeiteten. Überall in den Schenken und Bierstuben munkelte man, daß der Menschenfischer und seine Kumpane sich nicht zu schade seien, auch selbst für die Opfer zu sorgen, die sie dann aus der Themse fischten. Jeder Bootsmann zwischen Southwark und Westminster betete unablässig zu seinem Schutzpatron, sein Leichnam möge nicht vom Menschenfischer gefunden und in seine seltsame Kapelle geschafft werden, wo er in einem Behelfssarg liegen würde, bis man ihn identifiziert hätte.
    Heute nacht war der Fischer voller Hoffnung. Vor zwei Tagen hatten sie die Leiche eines Betrunkenen und die eines Brabanter Matrosen, der in einer Wirtshausprügelei ums Leben gekommen war, aus dem Wasser gefischt. Sir John Cranston, der dicke Coroner der Stadt, hatte sie gut bezahlt. Jetzt war der Menschenfischer wieder auf der Jagd.
    »Ah ja, meine Hübschen!« wisperte er und zitierte falsch aus der Totenmesse. »Gedenket jenes schrecklichen Tages, da die Erde ihre Toten herausgeben wird und die Flüsse Gottes ihre Geheimnisse.«
    Dann bellte er einen Befehl, und die Barke fuhr einen Bogen, um einem Mistkarren auszuweichen, der am Rande der Fleet stand und den Kot und Müll der Stadt einfach in den Strom kippte. Die Mistsammler fluchten und machten ein Zeichen zum Schutz vor dem Bösen Blick, als die grausige Barke des Menschenfischers vorüberglitt.
    »Steuert auf die Uferböschung zu«, befahl der Menschenfischer. Er deutete auf die Stelle, wo der Fluß eine Biegung machte, ehe er nach Westminster weiterrauschte.
    »Bist du sicher, Meister?« fragte Ichthys, der beste Schwimmer des Menschenfischers. »Sollten wir nicht in der Strommitte bleiben?«
    »Nein, nein«, antwortete der Fischer. »Ich kenne den Fluß, da fließt er zu schnell. Leichen aus Southwark oder von der London Bridge werden hier ins Schilf geschwemmt.«
    Die Barke wendete, die Pechfackeln flackerten und knisterten im Abendwind. Der Menschenfischer griff zu seiner Handglocke und läutete sie. Ominös hallte ihr Klang über den Fluß und warnte andere davor, näherzukommen. Die Barke steuerte dichter ans Ufer.
    »Ich sehe einen!« schrie ein Ausguck. »Meister, ich sehe einen! Da, im Schilf!«
    Der Menschenfischer spähte durch das Dämmerlicht. Für ihn war es immer noch hell genug. Er suchte das Schilf ab, und dann sah auch er es: den Schimmer einer Gürtelschnalle und noch etwas anderes.
    »Fahrt näher heran!«
    Die Barke tat es. Ichthys sprang ins Wasser. Er schwamm wie ein Fisch, und »Fisch« bedeutete ja auch sein Name. Und bald hatte er Edwin Chaplers vom Wasser aufgedunsenen Leichnam, der da dümpelte, gepackt. Er sah das verquollene Gesicht, die starren Augen und den blutverkrusteten Mund.
    »Ein Toter!« krähte Ichthys. »Meister, wir haben einen Toten gefunden!«
    In der Ratcat Alley, gleich hinter der Watling Street im Schatten der turmhohen Massen der St. Paul’s-Kathedrale, war auch Bartholomew Drayton, ein Geldverleiher, der in dem Ruf stand, so schlecht wie der Satan zu sein, kurz davor, dem Tod ins Auge zu sehen. Drayton lag auf dem Boden in seinem Kontor und stöhnte in Todesqualen, denn

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