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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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frischen Grab getragen wurde, das Pike vor Tagesanbruch ausgehoben hatte. Man hatte den Sarg hineingesenkt. Athelstan hatte ihn mit Weihwasser besprengt und dann mit dem Weihrauchfaß gesegnet. Der Duft hatte sich über den ganzen Friedhof ausgebreitet. Das Grab war zugeschüttet worden, und sie hatten ein schlichtes Holzkreuz auf den Erdhügel gelegt, bis Tab, der Kesselflicker, einen richtigen Grabstein gemacht hätte. Athelstan und Alison besprachen die Angelegenheit gerade, als Simplicatas, die auch zur Pfarrgemeinde gehörte, schreiend aus der Kirche gerannt kam: Ein Wunder sei geschehen!
    »Das neue Kruzifix!« rief sie. »Huddles Kruzifix neben dem Taufbrunnen! Es blutet!«
    Athelstan stürmte die Kirchentreppe hinauf, die anderen hinterher. Eine Menschenmenge hatte sich um die kleine Nische versammelt, wo das Kruzifix hing. Zuerst traute Athelstan seinen Augen nicht. Die Wunden an Händen und Füßen, am Kopf und an der Seite des gekreuzigten Christus glitzerten rot. Ein kleiner Blutstropfen, funkelnd wie ein Rubin, wollte gerade herunterfallen. Huddle kniete mit gefalteten Händen am Boden; Watkin und Pike, der Grabenbauer, knieten rechts und links von ihm, und die drei erinnerten Athelstan an die Heiligen Drei Könige, die vor der Krippe knieten.
    »Huddle!« rief Athelstan. »Ist das ein Taschenspielertrick von dir?« Beinahe hätte er hinzugefügt, daß sich an einem Ort wie St. Erconwald keine Wunder ereignen könnten, aber diese Bemerkung schluckte er hinunter.
    Der Maler starrte ihn an und schluckte heftig. »Pater, wie könnt Ihr so etwas sagen?«
    Alison trat heran und berührte den glitzernden Tropfen mit der Fingerspitze und führte ihn an die Lippen, um davon zu kosten.
    »Das ist Blut«, erklärte sie mit schneeweißem Gesicht. »Pater, das ist kein falsches Blut«, sie schwieg kurz und setzte dann hinzu: »wie es die Schauspieler benutzen.«
    Athelstan ging näher heran, nahm ebenfalls einen Tropfen ab und kostete daran. Der Geschmack war der gleiche wie in der Woche zuvor, als er sich in die Lippe geschnitten hatte: salzig und scharf. Er trat zurück und versuchte sein Zittern zu verbergen. Die Neuigkeit hatte sich herumgesprochen. Schon drängten sich neue Gemeindemitglieder in die Kirche.
    »Geht fort!« befahl Athelstan mit erhobenen Händen. »Geht wieder nach Hause! Um des lieben Himmels willen!« Seine Gedanken überschlugen sich. Dies war nicht das erste Mal, daß sich in St. Erconwald ein Wunder ereignete. Mißtrauisch beäugte er Watkin und Pike, aber die beiden waren in ihre Andacht vertieft.
    Rasch legte Athelstan Meßgewand und Chorhemd ab. Fast hätte er Crim die Gewänder zugeworfen. Er griff nach dem Lavabo-Tuch, dem Stück Linnen, mit dem er sich die Hände abtrocknete, nachdem er das Allerheiligste berührt hatte, und trat auf das Kreuz zu. Er betupfte die rote Flüssigkeit und betrachtete dann das Tuch. Es sah aus, als sei es blutbefleckt.
    »Was tut Ihr da, Pater?« fragte Benedicta leise und trat hinter ihn.
    »Vielleicht ist es irgendeine Täuschung«, sagte Athelstan. »Das Kruzifix ist neu, es könnte sein, daß ein Pigment...«
    »Ich habe nur ganz gewöhnliche Farben benutzt«, rief Huddle.
    Athelstan starrte das Kreuz an. Er hatte die rot glitzernde Flüssigkeit weggewischt, und sein Herz tat einen Satz: Es trat neue hervor.
    »Nimm das Kruzifix ab!« befahl er Watkin.
    »Nein, Pater.« Der Mistsammler erhob sich, und seine mächtigen Pranken baumelten an seiner Seite. »Das Kruzifix gehört uns, Pater. Es ist im Kirchenschiff. Das Kirchenschiff gehört dem Volk.«
    Athelstan stöhnte. Watkin hatte recht. Der Ordensbruder schwor sich insgeheim, sich vor seinen Pfarrkindern nie wieder über das Kanonische Recht zu verbreiten; nach uraltem Brauch gehörte der Altarraum dem Priester, aber das Kirchenschiff mit allem, was es enthielt, war Eigentum des Volkes.
    »Ich habe gesagt, ihr sollt es hinausbringen«, befahl Athelstan.
    »Der Friedhof ist unser.« Jetzt ergriff Pike das Wort. »Der Gottesacker gehört auch dem Volk. Das habt Ihr gesagt, Pater.«
    Athelstan funkelte ihn nur an. Am liebsten hätte er das Kruzifix ergriffen und es in den Altarraum getragen, aber Watkin war trotz seiner Körpermassen schneller. Er nahm das Kruzifix von der Wand, hob es empor wie ein Banner und wanderte feierlich zur Kirchentür hinaus und die Treppe hinunter. Die anderen folgten ihm.
    »Pater, laßt ihnen ihren Willen«, warnte Benedicta. »Tut nichts Unüberlegtes.«
    »Es tut mir

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