Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
während er aufstand und sein MacBook sorgfältig in seiner Computertasche verstaute.
„Ich habe es meinem Kollegen Hajek in Prag versprochen! Er zählt auf mich“, erwiderte Braun und zögerte kurz, ehe er weiterredete. „Er hat sich nach meinem Sohn Jimmy erkundigt, verstehst du? Er glaubt, wir sind noch immer eine glückliche Familie! Er weiß nicht, wie es ist, plötzlich keine Familie mehr zu haben!“ Richard Marx sah Braun fragend an.
„Er ist der Einzige, der sich wirklich für mich interessiert!“ Wütend kickte Tony Braun eine Bierdose durch die Küche und drückte das Alu mit einem Stiefel platt.
*
In seinem muffigen Büro in der Prager Altstadt rückte Kommissar Pavel Hajek seine altmodische Brille zurecht und betrachtete die Fotos des ermordeten Milan Drakovic, die er in seinem Büro an die Pinnwand geheftet hatte. Aufmerksam studierte er eine Aufnahme, welche die Leiche in einer Totalen zeigte. Der Tote lag mit den Füßen zur Wand, die Arme seitlich von sich gestreckt und der nur noch von ein paar Sehnen und Hautfetzen gehaltene Kopf war seitlich nach hinten geklappt. Hajek trat einige Schritte zurück, kniff die Augen zusammen. Aus dieser Perspektive erweckte die Leiche von Milan Drakovic Assoziationen mit einem auf den Kopf gestellten Kreuz.
War das nur Zufall oder steckte etwas anderes dahinter?, fragte sich Hajek und strich sich vorsichtig über seine schütteren Haare, die eine beginnende Glatze verdeckten. Das umgedrehte Kreuz war, wie er sich dunkel erinnern konnte, das Zeichen des Teufels. Wollte der Mörder diese Botschaft hinterlassen? Milan Drakovic, ein Teufel, der in die Hölle raste? Es war an der Zeit, die Geschäfte von Royal International in Tschechien und die Rolle von Milan Drakovic näher zu beleuchten.
Doch zunächst galt es, die Pressestelle zu informieren, damit diese einen Zeugenaufruf im Fernsehen und in den Prager Zeitungen brachte. Hajek war gerade dabei, die Fakten für die Pressemitteilung zusammenzufassen, als der stellvertretende Polizeipräsident Kohuth ohne anzuklopfen die Tür aufriss und sich vor die Wand mit den Tatortfotos stellte.
„Der arme Milan Drakovic“, murmelte Kohuth mit dem Rücken zu ihm. „Noch letzte Woche habe ich ihn auf einem Wirtschaftsempfang getroffen! Und jetzt ist er tot!“
Argwöhnisch musterte Hajek seinen Chef. Dass Vaclav Kohuth das Büro eines Kommissars betrat, kam so gut wie nie vor. Kohuths Tagesablauf bestand im Allgemeinen aus Politikerbesuchen, Geschäftsessen und abendlichen Exkursionen mit ausländischen Wirtschaftsdelegationen ins Prager Nachtleben. Für eine laufende Ermittlung hatte er sich laut Hajeks Wissen noch nie interessiert.
„Wie ist der Stand der Ermittlungen?“ Kohuth stellte die Frage bewusst beiläufig, während er hinter Hajek trat und neugierig über seinen Rücken auf den Bildschirm schaute.
„Was schreiben Sie da?“
„Wir suchen Zeugen für den Mord und brauchen dafür die Mithilfe der Presse.“ Hajek spürte den Pfefferminzatem seines Chefs im Nacken.
Kohuth zuckte zurück, als wären die Worte Hajeks eine giftige Substanz, die im Begriff war, die Luft im Büro zu verpesten. „Sind Sie verrückt! Keine Presse!“, rief Kohuth, holte tief Luft, plusterte sich vor Hajek auf und sagte betont amtlich: „Kommissar Hajek! Es wurde doch eine Nachrichtensperre angeordnet! Schon vergessen?“
„Ich dachte, das gilt nur für den Tag des Mordes?“, stotterte Hajek, nahm seine Brille ab und begann sie umständlich mit seiner Krawatte zu putzen.
„Was ist das für ein Unsinn!“, brüllte Kohuth.
„Wir wollen ausländische Investoren doch nicht mit einem Mord beunruhigen! Deshalb auch die Nachrichtensperre. Ich habe übrigens mit Bogdan Drakovic, dem Vorsitzenden von Royal International in Linz, telefoniert und ihm meine volle Unterstützung zugesichert. Die Prager Niederlassung von Royal International wird interimistisch von Österreich aus geleitet. Bogdan Drakovic kommt in den nächsten Tagen nach Prag. Dann bespreche ich alles Nähere direkt mit ihm!“
„Wie soll ich diesen Fall bearbeiten, wenn ich die Öffentlichkeit nicht einschalten darf?“, muckte Hajek auf, kniff ein Auge zusammen, um die geputzten Gläser seiner Brille, die er gegen das Fenster hielt, zu kontrollieren.
„Ihr Problem!“, schnauzte ihn Kohuth an. „Ab sofort leite ich persönlich die Ermittlungen im Mordfall Milan Drakovic. Alle neuen Erkenntnisse landen sofort ohne Umweg auf meinem Schreibtisch und
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