Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
jemanden, der ein Motiv haben könnte! Ich fahre gleich morgen dorthin!“ Hajek war voller Tatendrang und Braun stellte fest, dass er ihn darum beneidete.
„Der Fall wird doch von deinem Chef direkt bearbeitet? Kann mir nicht vorstellen, dass der den Mordfall an die große Glocke hängen will“, ließ Braun dann aber doch wieder den Pessimisten heraushängen.
„Ich nehme mir einfach ein paar Tage Urlaub und fahre nach Kroatien. Das ist ganz normal.“ Hajeks Antwort ließ keine Zweifel oder Hindernisse gelten.
Braun musste unwillkürlich lachen.
„Hajek, du bist erstaunlich! Bis bald!“
Er steckte sein Handy ein und drehte sich zu Dominik Gruber um, der eilig auf ihn zukam und eine DVD in der Hand schwenkte.
„Chef, wir haben einen möglichen Verdächtigen! Ist alles auf dieser DVD!“, rief Gruber schon von Weitem.
„Hat der Verdächtige auch einen Namen?“
„Stanislaus Lange! Der Stadtrat!“, antwortete Gruber und war sichtlich stolz auf diese Information.
Reflexartig griff sich Braun an die Schläfen. Die Kopfschmerzen steigerten sich zu einem rasenden Inferno, das grelle Licht und der Alkoholpegel, der noch immer rekordverdächtig war, ließen seinen Kreislauf in den Keller rasseln. Als er aufstand, schwankte er bedenklich.
„Ist Ihnen nicht gut, Chef?“, fragte Gruber besorgt.
„Spiel bloß nicht die Krankenschwester, Gruber! Es geht schon wieder, nur der Kreislauf spielt in letzter Zeit verrückt! Kein Wunder bei dieser abnormen Hitze“, antwortete er und machte sich auf den Weg zu seinem Wagen. Stanislaus Lange, Anna Langes Vater als Verdächtiger!
Das konnte auch nur ihm passieren – Krieg an allen Fronten! Am Nachmittag die Sorgerechtsverhandlung wegen seines Sohns Jimmy und jetzt Anna Langes Vater als Mordverdächtiger. Der Tag hätte gar nicht beschissener beginnen können!
Gerade erst hatte er wieder Kontakt zu Anna Lange gefunden und jetzt war er schon wieder drauf und dran, alles zu ruinieren. Auf jeden Fall würde er sie erst informieren, wenn er konkrete Beweise hatte. Alles zu seiner Zeit.
„Fahren wir ins Präsidium und koordinieren wir die nächsten Schritte“, sagte er zu Gruber und setzte sich ans Steuer.
Im Polizeipräsidium herrschte Hektik. Der Besprechungsraum im ersten Stock war zur Einsatzzentrale umfunktioniert worden. In aller Eile wurden Tische, Computer und Pinnwände aufgestellt, Dominik Gruber koordinierte die einzelnen Beamten, nachdem Braun ein kurzes Briefing abgehalten hatte, damit alle auf dem gleichen Wissensstand waren.
„Was ist mit Tatjana Drakovic?“, fragte Gruber, als er mit Braun am Gang beim Kaffeeautomaten stand. Das musste ja kommen, dachte er. Der heutige Tag war die Hölle. Natürlich, auch Tatjana Drakovic hatte ein Motiv. Aber die Mordnacht hatte sie mit ihm verbracht, das wusste er, bis auf den Filmriss, doch das ist sicher kein Problem, redete er sich ein und schluckte noch eine Kopfwehtablette.
„Was soll mit Tatjana Drakovic sein?“, murmelte Braun und fixierte die wässrige Brühe in seinem Pappbecher.
„Nun, sie hat ein Motiv! Schließlich ist sie jetzt der CEO von Royal International“, sagte Gruber.
„Du meinst, sie ermordet ihren Bruder und ihren Cousin, um die Macht über Royal International zu haben? Ist das nicht etwas weit hergeholt?“, wiegelte Braun ab.
„Es ist ein Motiv“, ließ sich Gruber nicht davon abbringen.
„Fragen wir zunächst einmal Stanislaus Lange nach seinem Alibi. Hast du die DVD schon gesehen?“, wechselte Braun das Thema.
„Ja, es stimmt, was Slobodan Petrovic gesagt hat, die beiden hatten Streit, sogar ziemlich heftig. Ist alles auf der DVD zu sehen.“
„Gruber, so früh am Morgen und schon so motiviert.“ Braun kickte seinem Assistenten freundschaftlich mit dem Ellbogen in die Seite. „Dann mal los! Worauf warten wir!“
Die Wohnung von Stanislaus Lange befand sich in einem Plattenbau aus den fünfziger Jahren. Das sechsstöckige Gebäude lag an einem Autobahnzubringer, der direkt an den westseitigen Loggien vorbeiführte und trotz der Lärmschutzwände das Haus in eine Lärm- und Abgasorgie tauchte.
Tony Braun und Dominik Gruber parkten ihr Auto unter dem Zubringer und gingen um den Block zur Eingangstür.
„Ich dachte immer, Abgeordnete wohnen in tollen Villen“, wunderte sich Gruber, als sie vor der Eingangstür standen, deren untere Glasscheiben durch Pappkartons ersetzt worden waren.
„Sieht nicht so aus“, murmelte Braun und studierte das Klingelbrett.
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