Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
glaube nicht, dass er etwas mit dem Mord zu tun hat!“
„Wie erklären Sie sich dann das Blut von Bogdan Drakovic auf seinem Sakko?“, entgegnete der Oberstaatsanwalt.
„Der Quickcheck hat eine 97%ige Übereinstimmung ergeben! Und“, der Oberstaatsanwalt machte eine bedeutungsvolle Pause, „er hat kein Alibi für die Tatzeit!“
„Stimmt“, mischte sich Gruber ein, „er gibt sogar zu, unmittelbar vor dem Mord bei Bogdan Drakovic gewesen zu sein und die beiden hatten Streit! Als Beweis haben wir ja die DVD!“
„Nun mal langsam!“, bremste Gruber der Oberstaatsanwalt ein. „Es ist eine sehr delikate Situation!“
„Wie meinen Sie das?“, fragte Braun.
„Ein Politiker als Mörder, das ist ein gefundenes Fressen für die Presse! Denken Sie nur an den Imageschaden!“
Oberstaatsanwalt Ritter trat ganz nahe an die Spiegelscheibe heran und berührte mit der Spitze seines Zeigefingers das Glas.
„Was meint der Bürgermeister dazu? Will er Informationen über unseren Verdächtigen bei der Pressekonferenz bekannt geben?“, fragte er Dr. Wagner.
„Der Bürgermeister möchte erst das Verhör abwarten, ehe er eine Entscheidung trifft. Gesteht Lange, ist alles in Ordnung, ein psychiatrisches Gutachten, was weiß ich! Gibt er allerdings den Mord nicht zu oder ist er am Ende gar nicht der Mörder, dann beginnt die Indizienarbeit. Ich weiß nicht, ob das im Interesse des Bürgermeisters ist!“
Dr. Wagner knetete seine Finger, während er weiterredete. „Deshalb stehen wir auch in ständigem Kontakt mit dem Innenministerium!“
„Das Innenministerium?“ Der Oberstaatsanwalt nickte zustimmend. „Gute Arbeit, Wagner! Was schlagen die Herren in Wien vor?“
„Das können wir später unter vier Augen besprechen“, winkte Dr. Wagner ab.
Tony Braun und Dominik Gruber sahen sich wortlos an. Wenn sich das Innenministerium für den Fall interessierte, dann bedeutete das Machtspiele auf höchster Ebene, das wussten beide. Interessen sollten nicht gefährdet und Geschäfte nicht durch Ermittlungen behindert werden. Übernahm das Innenministerium einen Fall, konnte man sicher sein, dass die Ermittlungen im Sand verliefen. Es war zum Kotzen! Doch Braun hielt sich mit einer scharfen Äußerung zurück. Stattdessen murmelte er nur zu Gruber:
„Los, wir gehen jetzt rein!“
„Ich schlage ein Kreuz, wenn wir das Verhör hinter uns haben“, sagte Gruber, als sie auf den Gang traten.
„Kreuz“ hatte Gruber gesagt! Eine plötzliche Erkenntnis traf Braun wie ein Faustschlag! Alles war wieder gegenwärtig: die Fotokopie, die in Tatjana Drakovics Wohnung auf der Kochinsel gelegen hatte. Das Bild mit der Kinderleiche im luftleeren Raum, Milan Drakovics Kopf freigestellt wie eine bösartige Sonne, darüber das schwarze Kreuz, ein Mahnmal für den Tod! Der Streit mit Tatjana! Ihr hysterisches Gekreische, als er sie darauf ansprach! Sein unrühmlicher Abgang vor Mitternacht! Das sinnlose Besaufen bei der Nachttankstelle! Das Kreuz über Milans Kopf! Wie hatte er das alles nur vergessen können!
Das Verhör mit Stanislaus Lange verlief nicht nach Wunsch.
„Damit wir uns nicht missverstehen, Herr Stadtrat, das ist nur eine Befragung, keinesfalls ein Verhör. Die Befragung wird routinemäßig auf Band aufgezeichnet.“
Tony Braun sprach mit rauer Stimme und beobachtete Stanislaus Lange. Dieser starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an, mit Augen grün und unschuldig wie die eines Kindes. Allerdings sprachen die bisherigen Fakten eine andere, eine deutliche Sprache: Das Blut von Bogdan Drakovic auf dem Sakko, die Bilder der Überwachungskamera mit dem Streit im Foyer von Royal International und sein fehlendes Alibi. Zu allen diesen Fakten aber schwieg Stanislaus Lange.
„Herr Stadtrat“, versuchte es Inspektor Gruber zum wiederholten Mal, „wie kommt das Blut von Bogdan Drakovic auf Ihr Sakko? Gibt es dafür eine Erklärung?“
Stanislaus Lange schüttelte nicht einmal den Kopf, er schien mit seinen Gedanken weit weg zu sein, in einem anderen Leben, in dem seine Welt noch in Ordnung war.
Für Braun allerdings war nichts in Ordnung. Ständig schwirrte ihm die gestrige Nacht im Kopf herum, das Kreuz auf dem Bild, klar und deutlich sah er es vor seinem geistigen Auge. Er musste unbedingt Tatjana Drakovic dazu befragen, doch er wusste, dass er nicht einfach aufstehen und gehen konnte. Am Nachmittag hatte er die Sorgerechtsverhandlung – die Zeit arbeitete eindeutig gegen ihn. Der Trommelwirbel in seinem
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