Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
Als er den Namen gefunden hatte, drückte er mehrmals heftig und wartete. Nichts rührte sich. Erneutes Klingeln, aber auch diesmal keine Reaktion. Schließlich wurde es ihm zu bunt und mit der flachen Hand drückte er wahllos auf die unterschiedlichsten Knöpfe, der Türöffner summte, aus der Gegensprechanlage kam eine krächzende Stimme. Sie betraten ein desolates Treppenhaus, in dem es nach Kohl und billigem Fett roch. Kein Lift, die Wohnung lag im vierten Stock, leise stiegen sie nach oben.
Auf dem letzten Treppenabsatz blieb Braun plötzlich stehen und deutete Gruber, zu warten. Die Tür zu Stanislaus Langes Wohnung war nur angelehnt. Mit gezogener Pistole schlich Braun gebückt nach oben, verharrte angespannt neben der Tür und nickte Gruber kurz zu, der sich lautlos auf dem Flur postierte, seine Pistole im Anschlag. Mit dem Fuß stieß Braun die Tür auf, sprang dann geduckt in die Wohnung. Zwei geöffnete Türen links, Badezimmer und Küche, beide leer. Die Tür rechts war geschlossen, vorsichtig drückte er die Klinke und trat, die Waffe im Anschlag, in das Zimmer. Auf dem ungemachten Bett mitten im Raum saß eine zusammengesunkene Gestalt mit wirren Haaren. Der Mann hob langsam den Kopf und starrte sie aus blutunterlaufenen Augen an. Auf dem staubigen Boden lag eine leere Flasche Roederer-Champagner und eine halb leere Flasche Glenfiddich-Whisky.
„Stanislaus Lange?“, fragte Gruber.
Der Angesprochene nickte.
„Wir sind von der Polizei“, fuhr Gruber fort. „Wo waren Sie gestern zwischen 23 und 1 Uhr morgens?“
„Ich war gestern bei Bogdan Drakovic! Ich habe reinen Tisch gemacht, das bin ich meiner Tochter schuldig“, flüsterte Stanislaus Lange.
„Haben Sie Bogdan Drakovic ermordet?“, fragte Gruber bestimmt.
Stanislaus Lange schüttelte verneinend den Kopf.
„Ist dieser Mistkerl endlich tot? Es gibt also doch noch so etwas wie Gerechtigkeit!“, zischte Stanislaus Lange und fuhr sich über das unrasierte Kinn.
„Es gibt Gerechtigkeit“, wiederholte Lange. „Jetzt kann ich meiner Tochter wieder unter die Augen treten!“
Prüfend betrachtete Braun den Mann. Rein körperlich wäre Stanislaus Lange durchaus in der Lage gewesen, Bogdan Drakovic zu töten. Er war gut in Form, auch wenn er jetzt etwas weggetreten und alt wirkte.
„Herr Lange, würden Sie uns bitte auf das Präsidium begleiten.“ Grubers Worte rissen Braun aus seinen Gedanken und er war wieder ganz bei der Sache.
„Ruf die Spurensicherung an, die sollen die Wohnung gründlich durchsuchen“, instruierte er Gruber.
„Haben Sie diese Kleidung auch gestern getragen?“, fragte er Stanislaus Lange und wies auf die verknitterte Hose und das fleckige Sakko, in denen Lange auf dem Bett saß.
„Ziehen Sie sich bitte um und übergeben Sie uns die Sachen“, assistierte Gruber.
Schweigend fuhren sie ins Präsidium. Es wollte keine Euphorie aufkommen, nicht einmal bei Gruber, der sich sonst gerne lautstark über Erfolge freute. Die Sache verlief zu glatt, das ahnten beide. Aber Stanislaus Lange hatte kein Alibi und war gestern bei Bogdan Drakovic gewesen.
Der Verhörraum 2 des Linzer Polizeipräsidiums war schon seit längerer Zeit nicht mehr renoviert worden: fleckiger Teppichboden, Spiegelwand zum Beobachten der Verhörten, billiger quadratischer Resopaltisch, Kamera für Videoaufzeichnungen, schmale Fenster oben an der rückwärtigen Wand, grau-grünliche abwaschbare Farbe und vergitterte Neonröhren. Über der grau gestrichenen Eingangstür ohne Klinke befand sich eine Signallampe, die über einen Schalter unter der Tischplatte aktiviert werden konnte. Am schlimmsten aber war die Trostlosigkeit des Raums, seine absolute Hoffnungslosigkeit.
Hinter der Spiegelwand standen Chefinspektor Tony Braun, Inspektor Dominik Gruber, der Polizeipräsident Dr. Wagner und natürlich auch Oberstaatsanwalt Ritter. Wortlos blickten sie in den Verhörraum und betrachteten den Mann am Tisch. Seine Nase war vom Rotwein dunkelrot gefärbt und er trug völlig unpassend karierte Golfhosen zu einem Ralph-Lauren-Pullover. Abwesend sah er öfters in Richtung Spiegel. Dann konnte man auch sein verlebtes Gesicht mit den grünen Augen sehen, den markanten Falten und dem zusammengekniffenen Mund. Das brutale Neonlicht ließ ihn älter aussehen, als er war.
„Scheint ziemlich nervös zu sein, dieser Stanislaus Lange“, brach der Oberstaatsanwalt schließlich das Schweigen.
Braun räusperte sich, bevor er zu einer Antwort ansetzte. „Ich
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