Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
Schießerei schwer verletzt worden. Sieht nicht gut aus“, sagte Gruber und räusperte sich. Braun verriss vor Schreck seinen Wagen, rasierte den Außenspiegel eines Autos neben ihm. Der Fahrer hupte wütend, aber er hatte keine Zeit, sich um einen lächerlichen Blechschaden zu kümmern. Er öffnete das Fenster auf der Beifahrerseite, fuchtelte mit seinem Polizeiausweis herum.
„Polizei! Das ist ein Einsatz!“, schrie er dem Fahrer zu und gab wieder Gas. Sollte ihn der Kerl doch ruhig anzeigen.
„Ich bin auf dem Weg zum Flughafen!“, schnaufte er, als er wieder die Kontrolle über sein Fahrzeug hatte. „Treffen wir uns in dreißig Minuten dort. Schaffst du das?“
„Kein Problem!“
Während der restlichen zehn Kilometer zum Flughafen hing Braun seinen düsteren Gedanken nach. Pavel Hajek, der ihn um Hilfe gebeten hatte, war schwer verletzt. Hatte er sich zu wenig um Hajeks Spur gekümmert? Hatte er egoistisch nur seinen eigenen Weg verfolgt, so wie er es in seiner Ehe gemacht hatte? Vorwürfe und Selbstmitleid wechselten sich in rascher Folge ab, brachten ihn aber nicht weiter. Wieder hatte er eine Familie verloren und es war ihm nicht gelungen, wenigstens diese berufliche Familie zu schützen. Jetzt war er auch drauf und dran, bei Anna zu versagen. Er hätte es wissen müssen, sie war nicht mit leeren Versprechungen zufrieden zu stellen. „Ich kümmere mich darum!“, hatte er zu ihr gesagt, doch sie hatte sofort gewusst, dass es nur leere Versprechungen waren, so wie alles, was er sagte, nur aus hohlen Phrasen bestand. Jetzt gewann das Selbstmitleid die Oberhand und er haderte den restlichen Weg mit seinem Schicksal. Als er seinen Wagen auf dem Kurzzeitparkplatz abstellte, hatte er sich wieder beruhigt.
Noch hatte er die Chance, Anna zu beweisen, dass er es ernst meinte. In Palma würde er sie davon überzeugen, dass er, Tony Braun, Chefinspektor der Linzer Mordkommission, zu seinem Wort stand. Im Flugzeug würde er genügend Zeit haben, einen Plan zu entwerfen, den Rest überließ er seiner Intuition.
Wie immer war im Linzer Flughafen nicht viel los. Als Braun auftauchte, wartete Gruber bereits ungeduldig vor der Gepäckskontrolle auf ihn. Der Flug nach Palma de Mallorca war schon zweimal aufgerufen worden.
„Pavel Hajek ist in Zagreb von einem gewissen Edgar Tudjman niedergeschossen worden! Sein Zustand ist kritisch“, sagte Gruber übergangslos, ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten, und drückte ihm die Ausdrucke von EUROPOL-Online in die Hand.
„Hajek und eine Schießerei?“, fragte er verwundert. „Das passt gar nicht zu ihm!“
„Man kann nie in einen Menschen hineinsehen, Chef!“, erwiderte Gruber. „Tudjman hat auf ihn geschossen, aber Hajek ist es noch gelungen, ihn zu treffen! Am Schluss ist Tudjman gestorben und Hajek liegt jetzt im Koma auf der Intensivstation! Irgendwie tragisch, das Ganze!“
Schnell überflog Braun die Ausdrucke. EUROPOL-Online informierte frühere und aktuelle Teammitglieder in ganz Europa über Polizeieinsätze, bei denen Kollegen ums Leben kamen oder schwer verletzt wurden. Im Grunde war EUROPOL wie eine große Familie, das dachte zumindest Braun, in Wahrheit aber sollten Blogs und Kommentare mit den Sichtweisen anderer Kollegen die Ermittlungsarbeit intensivieren und unterstützen. Er hatte jetzt nicht die Zeit, an der Aufklärung der Schießerei mitzuarbeiten oder Mutmaßungen darüber anzustellen, er hatte etwas anderes im Kopf. Trotzdem fragte er Gruber nach näheren Details.
„Hajek ist ohne Unterstützung der kroatischen Polizei unterwegs gewesen?“
„Er war nicht offiziell in Zagreb. In Prag heißt es, Hajek sei auf Urlaub. Genauso wie Sie, Chef!“ Gruber kniff die Augen zusammen, so als würde ihn das Neonlicht in der Abflughalle blenden, und sah ihn prüfend an.
„Ich mache tatsächlich Urlaub! Auf Mallorca, so wie tausende von Touristen“, sagte Braun und horchte auf, als der Flug zum dritten Mal aufgerufen wurde.
„Ohne Gepäck, Sie sind ganz schön spontan, Chef!“ Gruber konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
„Du solltest dir die Spontaneität niemals nehmen lassen, Gruber“, erwiderte er und legte seine Hand auf Grubers Schulter. „Intuition und Spontaneität sind das Wichtigste bei der Ermittlungsarbeit. Man muss sich von seinen Gefühlen leiten lassen. Ich bin auch ziemlich oft auf die Schnauze gefallen, bis ich das kapiert habe!“
„Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Glück“, sagte Gruber und sein Blick
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