Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
von meinem Vater ist das Kino!“, kam Tatjana Drakovic ihrem Vater zu Hilfe. Sie hatte sich lange mit einem spanischen Bestsellerautor unterhalten, war aber jetzt froh, den endlosen Ausführungen über den spanischen Bürgerkrieg und die Franco-Ära entkommen zu sein.
„Erzähle unserem Ehrengast doch etwas über diesen wunderbaren Palast“, forderte sie ihren Vater auf und wollte sich gerade neben ihn setzen, da signalisierte ihr Handy den Eingang einer SMS. Als sie die Nachricht gelesen hatte, ging sie schnell an den Rand des Treppenabsatzes und sah suchend in den Innenhof. Dort steuerte das Spektakel seinem Höhepunkt entgegen. Sound, Lufttänzer und Lichtshow fokussierten sich auf den finalen Kampf: Götter gegen Dämonen. Aus dieser Schlacht würden die in goldenes Licht getauchten weißen Flügelwesen als Sieger hervorgehen, so sah es jedenfalls das Konzept des Head of Creation vor.
„Was ist, du bist plötzlich so bleich! Schlechte Nachrichten?“, fragte Igor Drakovic seine Tochter, die noch immer mit zusammengekniffenen Augen in die Menge spähte und deutete auf ihr Handy.
„Nichts, es ist nichts“, murmelte sie nervös, sah abwechselnd auf das Display und dann wieder in den von Lichtblitzen nur sporadisch erleuchteten Innenhof. Doch dort konnte sie nur die schemenhaften Umrisse der Gäste erkennen, die zu einer gesichtslosen Masse verschmolzen. Im pulsierenden Rhythmus der Beats wogte diese Masse wie eine schwarze Welle vor und zurück, wartete nur darauf, sie unerbittlich nach unten zu ziehen auf den lichtlosen Grund, dort, wo das Grauen auf sie lauerte und sie zu verschlingen drohte.
Erneut aktivierte sie ihr Handy und las die SMS:
„Willst du wissen, was auf dem letzten Bild zu sehen ist? Finde es dort, wo die Speisen zubereitet werden, am hinteren Tor zur Hölle.“
Leicht schwankend, wie in Trance, verließ Tatjana Drakovic den VIP-Bereich.
„Wir können später darüber reden, wenn du willst!“, rief ihr Igor Drakovic hinterher und widmete sich wieder charmant lächelnd der Oscar-Preisträgerin, die gerade von ihren privaten Vorlieben schwärmte:
„Ich habe eine Passion für Vögel“, sagte sie und ließ ihre unnatürlich weißen Zähne blitzen. „Stundenlang kann ich Vögel beobachten, wie sie elegant durch die Lüfte segeln, sich auf einem Ast niederlassen und die schönsten Lieder trällern.“
„Sie sind die Herrscher der Lüfte“, stimmte ihr Igor Drakovic enthusiastisch zu. „Haben Sie schon einmal einen Falken beobachtet, wie er hoch oben seine Kreise zieht, um dann im Bruchteil einer Sekunde senkrecht nach unten zu stürzen und seine Beute zu töten? Ein todbringender Kampfflieger!“
„Ich sehe sie mehr als Glücksbringer und nicht als Todesflieger.“ Leicht irritiert rückte die Schauspielerin auf ihrem Stuhl herum, drehte verlegen ihr Champagnerglas, das noch immer fast voll war.
„Natürlich, Sie haben ja Recht“, beeilte sich Igor Drakovic das Gespräch wieder auf Smalltalk-Ebene zu bringen. „Ich habe das von der rein geschäftlichen Seite aus betrachtet! Vögel sind große Künstler und hochintelligent. Ich beispielsweise besitze einen Ara, der sprechen kann.“
Damit hatte er schlagartig das Interesse des Stars geweckt, denn sie beugte sich vor und sah Igor Drakovic zum ersten Mal direkt in die Augen.
„Einen sprechenden Ara? Wo?“
„Hier im Palast! Ich habe einen eigenen Hof mit vielen exotischen Vögeln.“
Igor Drakovic stand auf und hielt dem Filmstar auffordernd seine rechte Hand hin.
„Gestatten Sie, dass ich Sie zu einer Privatführung einlade?“
„Mit Vergnügen“, gurrte der Filmstar und stand auf. Das war das Zeichen für Manager, Stylistin, Food Instructor, Personal Trainer, PR-Berater, Sekretärin und diverse Assistentinnen, die sich alle gleichzeitig erhoben und Igor Drakovic und Slobodan Petrovic durch einen breiten Gang mit Kreuzgewölbe in seinen privaten Innenhof folgten.
*
Als Ivanka Drakovic die Augen aufschlug, bemerkte sie die Gitterstäbe. Noch immer sah sie ihre Umgebung wie durch einen Nebel und ihr Verstand arbeitete nur schleppend und fragmentarisch. Langsam kehrte ihre Orientierung zurück: Sie lag auf dem Boden eines Käfigs. Über ihr hing ein geköpfter Vogel nach unten, dessen Krallen mit Kabelbindern an einer Stange fixiert waren, und noch immer tropfte Blut aus seinem Rumpf. Ihr Kopf wurde unendlich schwer, sackte zur Seite und ein schwarzer Schatten legte sich über ihre Augen.
Ihr Herz klopfte wie
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