Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
verrückt. Sie öffnete den Mund und hörte nur ein heiseres Röcheln. Unendlich langsam hob sie eine Hand zu ihrem Hals und spürte das hervorquellende Blut zwischen ihren Fingern. Jetzt vernahm sie auch das leise Pfeifen, als sie hektisch Luft durch die offen liegende Luftröhre saugte. Ihr Herz klopfte immer stärker und pumpte stoßweise Blut aus dem aufgeschlitzten Hals über ihren Körper.
Ich sterbe!, dachte sie. Doch wozu die ganze Panik? Ivanka Drakovic schloss die Augen und war endlich dort, wo sie im Leben gerne gewesen wäre, aber niemals war – im Glück.
*
„Willst du wissen, was auf dem letzten Bild zu sehen ist? Finde es dort, wo die Speisen zubereitet werden, am hinteren Tor zur Hölle.“
Höhnisch blinkte die SMS-Nachricht auf dem Display ihres Handys, als sich Tatjana Drakovic durch die Menge schob, um in den Catering-Bereich zu gelangen. Soweit war die Botschaft klar, der Treffpunkt bekannt.
Immer wieder drückte sie auf die Tasten, ließ die SMS aufleuchten, las und versuchte den dahinterliegenden Sinn zu verstehen. Der pulsierende Beat verursachte ihr Herzklopfen und sie war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. An einer Bar am Rande des Innenhofs blieb sie stehen und kotzte einfach auf den Boden, kotzte Wodka, Sushi, Tapasbrocken vor die Füße der fassungslosen Gäste. Aufgelöst und mit den Nerven am Ende wankte sie in den abgegrenzten Cateringbereich, wo sich die Großküche mit dem Lieferanteneingang befand.
In der Küche herrschte hektische Betriebsamkeit, überall standen Kochinseln aus Edelstahl wie in einem Luxushotel, auf denen gekocht wurde. Exotische Gerüche vermischten sich mit dem Aroma bodenständiger spanischer Gerichte und ihrem Angstschweiß. Niemand beachtete sie. Irrlichternd wie eine rote Flamme bahnte sie sich in ihrem verschmutzten Ballkleid den Weg durch die lärmende Betriebsamkeit. Ständig wurden von dem abgehetzten Servicepersonal die Schwingtüren aufgerissen und der treibende Sound vom Event draußen schwappte herein.
Mit beiden Händen riss Tatjana Drakovic die große Aluminium-Schiebetür auf, die ins Lager hinter der Küche führte. Die Stille, die sie plötzlich umgab, war schockierend. Kaltes Neonlicht erhellte den Raum. Sie befand sich in einer Lagerhalle mit dicken jahrhundertealten Mauern, dazwischen standen moderne Betonträger und meterhohe Regale, die mit Dosen, Kartons, Gläsern und Flaschen vollgestopft waren. Eine der Neonröhren war defekt, flackerte ständig und verstärkte ihre Nervosität.
Traumwandlerisch tastete sie sich an den Regalen entlang bis zum Lieferanteneingang. Als sie das geöffnete Rolltor erreichte, spürte sie bereits die salzige Luft, die vom Meer herüberwehte. In der Einfahrt und entlang der hinteren Mauer des Palastes parkten Last- und Lieferwagen. Ein Mann in einem schwarzen „Schröder & Gonzales“-T-Shirt stand gebeugt vor der geöffneten Heckklappe eines Lieferwagens, sonst war niemand zu sehen.
Suchend sah Tatjana Drakovic umher, das Handy hielt sie mit schweißnassen Fingern umklammert, sie war bereit, sofort den Notruf zu aktivieren. Als sie sich umdrehte, um wieder zurück in die Lagerhalle zu gehen, hörte sie schnelle Schritte hinter sich.
„Das ist das erste Tor zur Hölle!“, flüsterte eine Stimme hinter ihrem Rücken. Tatjana Drakovic wirbelte herum und der Mann in dem schwarzen „Schröder & Gonzales“-T-Shirt stand plötzlich direkt vor ihr. In der einen Hand hielt er ein knisterndes Gerät, das blaue Funken versprühte, in der anderen schwenkte er ein Blatt Papier. Der Mann war über und über mit rotbraunen Schlieren bedeckt und sah aus wie eine der Kunstfiguren, die im Innenhof ihre Performance weiter steigerten. Geschockt zuckte sie zurück, als er mit einer schnellen Bewegung das Blatt direkt vor ihr Gesicht hielt. Sofort wusste sie, was sie erwartete: eine Collage aus Leichen. Diesmal war es die Leiche eines jungen Mädchens, dem man in den Kopf geschossen hatte, daneben lag ein zerfetztes T-Shirt mit der Aufschrift „Cosmic Dancer“. Am schlimmsten aber war der Anblick ihres eigenen Kopfes, der über dem toten Mädchen schwebte.
Mit einem erstickten Schrei ließ Tatjana Drakovic ihr Handy fallen, das sich beim Aufprall selbst aktivierte und wie zum Hohn leuchtete die SMS in der Dunkelheit.
„Willst du wissen, was auf dem letzten Bild zu sehen ist? Finde es dort, wo die Speisen zubereitet werden, am hinteren Tor zur Hölle.“
Noch ehe Tatjana Drakovic einen klaren Gedanken
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