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Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Rapier zu veröffentlichen, und jede Reklame hat mit Sicherheit Rückwirkungen auf unseren Ruf. Es passiert schließlich nicht alle Tage, daß Irre über Militärgeschichte schreiben.« Frau Dr. von Blimenstein hatte diesbezüglich Vorbehalte, aber sie behielt sie für sich, und Miss Hazelstone setzte ihre Forschungen mit wachsender Begeisterung fort. Sie hatte in einer Kiste im Keller der Personalkantine, die früher einmal die Offiziersmesse gewesen war, Regimentsakten entdeckt. Und das hatte sie angespornt, noch andere, viel interessantere Überbleibsel aufzustöbern, nämlich abgelegte Uniformen in der ehemaligen Kleiderkammer.
    »Wir sollten wirklich ein historisches Spektakel veranstalten«, sagte sie zum Anstaltsleiter, »die Uniformen sind da, und wenn sie auch an manchen Stellen geflickt werden müssen, weil die Kakerlaken drin gewesen sind, nicht wahr, so sind sie doch zweifellos echt, und das gibt den Patienten etwas, wofür sie arbeiten können. Es ist so wichtig für die Moral, sich ein gemeinsames Ziel zu stecken, damit man sich auf etwas freuen kann.«
    Dr. Herzog war von der Idee beeindruckt. »Ein Spektakel über die Geschichte von Fort Rapier«, sagte er, »welch glänzender Gedanke«, und in seinen Überlegungen spielte er mit der Idee, einen Tag der offenen Tür zu veranstalten, an dem Öffentlichkeit und Presse sich von der großartigen Arbeit überzeugen könnten, die für die geistige Gesundheit in Zululand geleistet wurde. »Ich dachte, wir könnten mit einem Aufmarsch beginnen«, fuhr Miss Hazelstone fort, »gefolgt von mehreren Tableaus, die an besonders denkwürdige Heldentaten aus der Geschichte Südafrikas erinnern.«
    Dr. Herzog zögerte. »Ich möchte keine Scheingefechte«, sagte er ängstlich.
    »O nein, so was wollte ich gar nicht«, versicherte ihm Miss Hazelstone, »ich dachte mehr an unbewegliche Darstellungen und Ereignisse.«
    »Wir dürfen nicht zulassen, daß die Patienten sich zu sehr aufregen.«
    »Sehr richtig«, sagte Miss Hazelstone, die sich schon längst nicht mehr als Patientin betrachtete. »Ich bin ganz Ihrer Meinung. Wir werden dafür sorgen müssen, daß die ganze Geschichte wirklich mit militärischer Disziplin vonstatten geht. Mir schwebte vor, Ihres Urgroßvaters heldenhafte Verteidigung seines Hofes im 6. Kaffernkrieg als eine der klassischen militärischen Operationen vorzustellen.« Dr. Herzog war geschmeichelt. »Wollten Sie das wirklich?« fragte er. »Ich hatte keine Ahnung, daß meine Familie eine so wichtige Rolle in der Militärgeschichte dieses Landes spielte.«
    »Die Herzogs waren praktisch das afrikaanse Gegenstück zu den Hazelstones«, sagte Miss Hazelstone, und im sicheren Gefühl, daß das Spektakel dem Ruf der Familie Herzog ebenso aufhelfen werde wie dem der Klinik, gab der Anstaltsleiter seine Zustimmung zu dem Ereignis.
    In den folgenden Wochen warf sich Miss Hazelstone mit so großem Enthusiasmus auf die Vorbereitungen, daß er sich auch auf die anderen Insassen von Fort Rapier übertrug. Sie übernahm mit der natürlichen Autorität einer Enkelin Sir Theophilus' und viel Liebe zum Detail, die durch ihren Reichtum ermöglicht wurde, das Kommando über die gesamte Organisation. Rotes Tuch wurde ballenweise auf Miss Hazelstones Rechnung in Durban bestellt, und die Patienten in den Nähstuben waren damit beschäftigt, neue Uniformen zu schneidern.
    »Es belebt sicherlich den Platz ein bißchen«, sagte Dr. Herzog zu Frau Dr. von Blimenstein, als sie eines Tages Miss Hazelstone dabei zusahen, wie sie auf dem Exerzierplatz einen Trupp Manisch-Depressiver drillte.
    »Ich weiß nicht, ich fühle mich unbehaglich dabei«, sagte Frau Dr. von Blimenstein. »Ist es denn wirklich nötig, die Schlacht am Blood River ins Programm aufzunehmen? Ich bin sicher, sie hat auf die schwarzen Patienten eine ungünstige Wirkung.«
    »Unsere Hauptverantwortung gilt den Weißen«, sagte Dr. Herzog, »und die großen Ereignisse der Vergangenheit hier sich noch einmal ereignen zu sehen, kann ihnen nur helfen. Ich habe alle Hoffnung, daß durch ihre Teilnahme unsere Patienten erkennen, daß es in Südafrika für die geistig Kranken nach wie vor ein Plätzchen gibt. Ich möchte dieses Spektakel eigentlich als Gruppentherapie im großen verstanden wissen.«
    »Aber, Doktor, Sie sehen doch hoffentlich die geistige Erkrankung nicht schlicht als eine Frage der Moral an?« sagte Frau Dr. von Blimenstein.
    »Doch, das tue ich, und wenn das nicht so verstanden wird, dann

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