Tokatas Todesspur
einer spiegelblanken Glatze. Er trug einen grauen Anzug und eine graue Krawatte mit roten Querstreifen. Sein Hemd war blütenweiß. Auf seinem runden Gesicht lag ein entschuldigendes Lächeln, als er uns in einem tadellosen Englisch und mit voller, sonorer Stimme begrüßte. »Es tut mir leid, daß ich Sie habe warten lassen, aber dringende Geschäfte hinderten mich daran, Sie pünktlich zu empfangen. Sagen Sie mir bitte, womit ich diese Unhöflichkeit wiedergutmachen kann.«
»Wir nehmen es nicht tragisch. Uns geht es oft ebenso wie Ihnen, Mr. Tagashi.«
Den Namen wußte ich, denn Sir James hatte uns über unseren Gesprächspartner informiert.
Tagashi war der dritte Mann in der Botschaft und hatte einiges zu sagen.
Er führte uns in sein Büro.
Auch europäisch eingerichtet. Modem und dennoch gediegen. Hell und freundlich die japanische Grastapete. Das Bild über dem Schreibtisch zeigte einen Kirschblütengarten im April, und neben der Tür hing eine Fotografie des Tenno, des Kaisers. Die Sitzecke befand sich neben dem Fenster, auf dessen Marmorbank Blumentöpfe standen. Ich sah auch ein Bonsai-Gewächs, einen kleinen Baum, nicht größer als mein Arm. Ich wußte, wie schwer es ist, diese Bäume zu züchten, und ich bewunderte ihn entsprechend.
Das war auch Mr. Tagashi aufgefallen. Nicht ohne Stolz in der Stimme erklärte er uns: »Es ist meine eigene Schöpfung.«
»Dann gratuliere ich Ihnen.«
»Danke sehr.« Der Japaner verneigte sich und deutete auf die kleine Sitzgruppe. »Wenn Sie dort Platz nehmen möchten, Gentlemen. Darf ich Ihnen vielleicht etwas zu trinken anbieten?«
»Ein Whisky könnte nicht schaden«, erwiderte ich, während Suko dankend ablehnte.
»Sehr wohl, Mr. Sinclair.« Tagashi öffnete einen Wandschrank und holte eine Flasche sowie ein Glas hervor. Beides stellte er auf ein kunstvoll geschmiedetes Tablett. »Möchten Sie auch Eis, Mr. Sinclair?«
»Nein, ich will mir den Whisky nicht verwässern.«
»Sie lieben das Echte ebenso wie ich.« Er schenkte zwei Fingerbreit ein.
Erst nachdem ich einen Schluck getrunken und anerkennend genickt hatte, kamen wir zu dem eigentlichen Problem unseres Besuches.
»Ihr verehrter Chef, Sir James Powell, hat in weiser Voraussicht ein Schreiben versandt, das nicht nur in Tokio aufmerksam gelesen wurde, sondern auch bei uns. In diesem Schreiben wird auf den Samurai des Satans angespielt. Ich kenne die Geschichte dieser mystischen Figur, und ich glaube Ihnen auch, daß Sie dem Samurai begegnet sind. Ich kenne ferner die alte Geschichte, die von einer unversöhnlichen Feindschaft zwischen dem Samurai des Satans und dem goldenen Samurai berichtet, und daß diese Feindschaft auch die Jahrtausende überdauert hat. Sie ist nicht zu Ende, sondern wurde weitergetragen durch die Geschichte und hinein in die Neuzeit. Der goldene Samurai hat auch heute noch seine Anhänger, und wir besitzen Informationen aus unserem Heimatland, daß sich dort etwas tut. In entlegenen Gebirgsgegenden sind goldene Menschen aufgetaucht, die wie Geister erschienen und nach etwas suchten. Dafür gibt es Zeugen, deren Aussagen durchaus glaubwürdig sind.«
»Haben Sie mit diesen Zeugen gesprochen?« erkundigte ich mich.
»Nein, das nicht. Ich habe jedoch Berichte gelesen, Mr. Sinclair. Die reichen an sich. Wenn man diese Berichte zusammenfaßt, dann kann man nur zu dem Schluß kommen, daß die Auseinandersetzung zwischen Tokata und dem Samurai des Satans dicht bevorsteht. Wo sie ausgetragen wird, das weiß ich nicht genau. Da kann man nur raten oder den alten Legenden glauben.«
»Nennen Sie mir den Ort.«
»Die Insel des Schweigens, Mr. Sinclair.«
Ich warf Suko einen Blick zu. Der Chinese hob die breiten Schultern. Mit dieser Antwort konnte er ebensowenig etwas anfangen wie ich.
Tagashi bemerkte dies und lächelte. »Es ist natürlich, daß Sie die Insel nicht kennen. Sie liegt auch Tausende von Meilen von hier entfernt und gehört zu Japan. Sie befindet sich etwa zwanzig Meilen vor der Nordküste in einem Inselwirrwarr und hat eine besondere Geschichte hinter sich, die sich bis in die Neuzeit hineinzieht. Man kann sagen, daß die Insel ihren Fluch nie abgeschüttelt hat. Man hat zahlreiche Experimente mit und an ihr versucht und hat vor einigen Jahren die angebliche Lösung gefunden. Die Insel wurde geteilt. Das heißt, auf einer Seite steht ein gewaltiges Zuchthaus und auf der anderen befindet sich eine riesige Müllkippe. Ökologen behaupten, daß dies ungefähr der
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