Tokatas Todesspur
giftigste Platz der Erde ist. Ich behaupte, nicht nur giftig von der Chemie her gesehen, sondern auch von einer giftigen Magie erfüllt, was die meisten Menschen jedoch nicht wahrhaben wollen.«
»Erzählen Sie uns mehr von dieser Insel«, bat Suko. Das tat der Japaner. Wir hörten konzentriert zu und erfuhren so einiges, auch darüber, was in der Vergangenheit auf der Insel geschehen war.
Sie schien wirklich Dreh- und Angelpunkt zu sein. »Hat man dort auch goldene Geister gesehen?« fragte ich anschließend und trank mein Glas leer.
»Nein, dort nicht. Wenigstens weiß ich nichts davon.«
»Aber es gibt die Goldenen?«
»Das ist mit fast hundertprozentiger Sicherheit anzunehmen«, erklärte Tagashi lächelnd.
»Wie kommt es, daß sie golden sind? Müssen sie nicht mit dem Samurai in Berührung gekommen sein?«
»Ja.«
»Dann hat er also den Weg gefunden.«
Der Japaner nickte. »Zurück in seine Heimat.«
»Und was sucht er dort? Nur die Entscheidung zwischen ihm und dem Samurai des Satans?«
»Nein, er will auch noch den heiligen Fächer finden.«
»Was ist das schon wieder?«
»Es ist für einen Fremden natürlich schwer, sich in der Geschichte unseres Landes und vor allen Dingen mit den Details auszukennen, die den Samurai-Kult auszeichnen. Ich will es ihnen kurz erläutern. Der Fächer gehört zu einem Samurai-Krieger ebenso wie sein Schwert, Pfeil und Bogen oder das Pferd. Der Fächer kann sowohl als Angriffs- als auch als Abwehrwaffe benutzt werden. Zusammengelegt ist der Fächer eine hervorragende Angriffswaffe, auseinandergefaltet jedoch eine Abwehrwaffe. Es gibt Krieger, die beherrschen ihn meisterlich. Wenn Pfeile auf sie gezielt werden, dann reißen sie gedankenschnell ihren auseinandergeklappten Fächer hoch und schützen sich so vor den Treffern der gefährlichen Pfeile.« Ich nickte. »Das ist alles sehr verständlich. Nur sagen Sie mir noch, aus welch einem Material so ein Fächer besteht.«
»Metall. Ein Fächer ist aus Metall. Es gibt in Japan auch heute noch Schmiede, die diese Fächer herstellen können. Dabei ist es eine ebenso große Kunst, wie das Schwert des Samurai zu schmieden.«
»Und der heilige Fächer?« fragte ich. »Warum ist er heilig?«
»Weil er der Sonnengöttin Amaterasu gehörte. Wenn man den Fächer auseinanderklappt, dann ist die Sonnenscheibe blutrot zu sehen. Dieser Fächer hat, wie gesagt, einmal der Sonnengöttin gehört. Sie verlor ihn allerdings dann.«
»Warum?« Ich wollte es jetzt genau wissen. Tagashi lächelte weise und wissend.
»Weil es im Dunkel der Geschichte eine Zeit gegeben hat, wo die Sonnengöttin nicht mehr so mächtig war. Ihr Bruder, der gefährliche Susanoo, übernahm die Herrschaft. Seine Schwester floh in das Dunkel der Dimensionen und wurde erst durch einen Spiegel zurückgeholt. Die Legende aber sagt, daß der Fächer noch existiert, und zwar auf der Insel des Schweigens. Dort hat sie ihn vor ihrer Flucht versteckt. Und ferner heißt es in der Sage, daß derjenige, der Amaterasus Fächer besitzt, unbesiegbar ist. Der goldene Samurai wird also danach trachten, den Fächer zu finden. Und wahrscheinlich will es auch Tokata.«
»Moment«, sagte ich. »Weiß Tokata, wo sich dieser Fächer befindet?«
»Das ist anzunehmen. Er war zwar lange Zeit verbannt, aber er wird nichts vergessen haben.«
»Dann ist es möglich, daß die beiden Samurais auf der Insel des Schweigens zusammentreffen.«
»Sie sprechen meine Gedanken aus, Mr. Sinclair.« Ich schwieg. Auch Suko sagte nichts.
Beide wußten wir allerdings, daß wir auf einer Zeitbombe saßen. Die Anzeichen für ein Aufeinandertreffen der beiden mächtigen Samurai-Krieger mehrten sich. Und das konnte ungemein gefährlich werden, wobei ich mich fragte, was Tokata mit dem Fächer anstellen wollte, wo er doch nur noch seinen rechten Arm hatte. »Sie werden hinfahren, nicht?« fragte uns Mr. Tagashi.
Suko und ich nickten synchron. »Ja«, erwiderte der Chinese, »diese Chance dürfen wir uns nicht entgehen lassen.«
»Und was werden Sie dort tun?«
Ich hob die Schultern. »Vielleicht ist es möglich, beide zu vernichten. Es ist ja nicht gesagt, daß der goldene Samurai auf unserer, der Seite der Menschen, steht.«
»Da gebe ich Ihnen recht, Gentlemen.« Tagashi winkelte die Arme an und stützte seine Hände auf die Sessellehnen. Ein Zeichen, daß er aufstehen wollte. Wir verstanden es und erhoben uns ebenfalls. »Sie erhalten natürlich alle erdenkliche Unterstützung«, erklärte er
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