Tokio Killer05 - Riskante Rückkehr
Schloss. Nichts. Ich hielt das Jackett vor die Tür und öffnete sie einen Spalt. Noch immer nichts. Wenn da drin jemand mit einer Schusswaffe wartete, dann war er diszipliniert. Ich steckte kurz den Kopf hinein. Ich sah nur einen kurzen Flur und dahinter einen Teil des Zimmers. Bewegt hatte sich nichts.
Ich stand auf, zog vorsichtig das Benchmade aus der Hosentasche und klappte es lautlos mit dem Daumen auf. »Hallo?«, rief ich und trat ein.
Keine Antwort. Kein Geräusch. Ich ließ die Tür ins Schloss fallen. Hinter mir ertönte ein hörbares Klicken.
»Hallo?«, rief ich erneut.
Nichts.
»Das ist ja komisch … muss das falsche Zimmer sein«, brummte ich laut genug, um gehört zu werden. Ich öffnete die Tür und drückte sie wieder geräuschvoll zu. Für jemanden, der sich drinnen versteckt hielt, würde es so klingen, als wäre ich gegangen.
Noch immer nichts.
Ich schlich auf Zehenspitzen durch den Flur, blieb nach jedem Schritt stehen, um zu lauschen. Die leisen Sohlen meiner neu erworbenen Camper-Schuhe machten auf dem polierten Holzboden keinerlei Geräusch.
Am Ende des Flurs konnte ich das ganze Zimmer sehen, bis aufs Bad. Die Tür des Wandschranks stand auf. Vermutlich hatte Delilah sie aufgelassen, weil sie wusste, dass ich mich nach taktischen Regeln nähern würde und es mir leichter machen wollte, aber sicher war ich mir nicht.
Auf dem Bett lag ein Zettel, auffällig in der Mitte der makellos weißen Tagesdecke. Ich ignorierte ihn. Wenn ich hier jemandem eine Falle stellen wollte, hätte ich den Zettel aufs Bett gelegt und die Zielperson vom Balkon oder vom Bad aus erledigt, während sie auf den Zettel zusteuerte, um ihn zu lesen.
Die Glastüren zum Balkon waren geschlossen, die Vorhänge auf, und ich konnte sehen, dass draußen niemand war. Vielleicht wieder Delilahs Umsicht, um meinen Blutdruck zu senken.
Jetzt blieb nur noch das Bad. Ich begann, mich ein wenig zu entspannen.
Ich trat neben die offene Badezimmertür, verharrte dort und lauschte. Alles ruhig. Ich hielt die Jacke vor die Tür, um zu sehen, ob sie einen Schuss provozieren würde – nichts –, dann stürmte ich hinein. Das Badezimmer war leer.
Ich atmete einmal tief aus und ging an der verglasten Dusche vorbei zum Fenster. Die Aussicht war überwältigend: Die Stadt erstreckte sich auf einer Seite, das Meer auf der anderen. Ich blickte ein paar Minuten hinaus, um mich zu beruhigen.
Ich ging zurück zur Eingangstür und spähte durch den Spion. Alles lag still. Ich holte meine Tasche und das Glas vom Flur, trug beides ins Zimmer und nahm den Zettel vom Bett. Darauf stand: Bin am Innenpool. Komm doch nach. D.
Wer könnte da nein sagen. Ich steckte den Zettel ein, warf mein Jackett über einen Stuhl und ging nach draußen. Eine Minute später betrat ich den weiträumigen Spa-Bereich aus Glas und Stein mit hoher Decke und einem funkelnden Swimmingpool mit Edelstahlboden.
Delilah lag ausgestreckt auf einer der rot gepolsterten Liegen, die entlang des Pools standen. Sie trug einen kobaltblauen Badeanzug, der ihre Formen perfekt zur Geltung brachte. Ihr blondes Haar war nach hinten gebunden, und eine übergroße Sonnenbrille verbarg ihre Augen. Sie sah von Kopf bis Fuß aus wie ein Filmstar.
Ich schaute mich um. Niemand löste mein Radar aus. Es störte mich kurz, dass ich selbst jetzt, nach allem, was wir durchgemacht hatten, nach allem, was wir zusammen erlebt hatten, noch immer das Gefühl hatte, vorsichtig sein zu müssen. Ich fragte mich, ob ich je in der Lage sein würde, mich voll und ganz zu entspannen – bei ihr oder einem anderen Menschen. Vielleicht wäre es bei Midori möglich. Schließlich war das doch der Grund dafür, dass Könige im Mittelalter ihre Söhne und Töchter verheirateten, um Blutsbande zu knüpfen und Mord undenkbar zu machen, oder etwa nicht? Steckte dahinter nicht der Gedanke, dass Kinder wichtiger sind als alles andere, sogar wichtiger als die tiefsten Ressentiments und Rivalitäten, sogar wichtiger als Hass?
Ich trat näher und blieb nur zwei Schritte hinter ihr stehen. Ich wollte herausfinden, ob sie meine Gegenwart spüren könnte. Delilahs Antennen waren zwar unglaublich sensibel, aber nicht viele Menschen können sich so leise bewegen wie ich.
Ich wartete ein paar Sekunden. Sie bemerkte mich nicht.
»Hey«, sagte ich sanft.
Sie setzte sich auf und drehte sich nach mir um. Dann nahm sie die Sonnenbrille ab und schenkte mir ein hinreißendes Lächeln.
»Hey«, sagte sie.
»Ich steh
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