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Tokio Vice

Titel: Tokio Vice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jake Adelstein
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Frauen, Geld –, dann kommen Sie zu mir. Es gibt Schulden, die man nie zurückzahlen kann. Und ich stehe bis zu meinem Tod in Ihrer Schuld.«
    »Eigentlich habe ich nicht viel getan.«
    »Entscheidend ist nicht, wie viel Sie tun, sondern was Sie tun.«
    »Dann hätte ich gerne Informationen, aber nur, wenn damit keine Verpflichtungen verbunden sind. Ich möchte nicht in der Schuld eines Yakuza stehen.«
    »Kein Problem. Aber eines muss klar sein: Ich werde Ihnen nur etwas über andere Yakuza-Gruppen erzählen, nicht über unsere. Unser Geschäft bleibt unser Geschäft. Sie können Fragen stellen, und ich werde Sie nicht belügen, aber wenn es um uns geht, werde ich nichts sagen. Ist das klar?«
    »Ja.«
    »Und Sie wollen wirklich keine Frau?«
    »Nein, ich bin versorgt.«
    »Liegt das vielleicht daran, dass Sie lieber Jungs mögen?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Nun gut, in Ordnung.« Dann begleitete er mich zur Tür und schüttelte mir zum Abschied die Hand.
    Zwei Wochen später tranken wieder ein paar Polizisten grünen Tee in Kanekos Büro. Ich erkundigte mich nie danach, was aus Saito geworden war, und sprach auch mit Kaneko nie wieder über diese Angelegenheit.
    Von diesem Zeitpunkt an hatten Kaneko und ich eine beinahe geschäftliche Beziehung. Ich besuchte ihn alle paar Wochen auf eine Tasse Tee, nachdem ich mich vorher telefonisch angemeldet hatte. Er gab mir ein paar Hinweise für einige Geschichten, und wir sprachen über die gefährlichen Seiten eines Lebens als Yakuza im Vergleich zu dem eines Journalisten. Dann ging jeder wieder seiner Wege. Er versuchte immer wieder, mich mit einer heißen Japanerin zusammenzubringen, aber ich lehnte ab.
    Kanekos Gunst war für mich als Reporter ein Vorteil. Natürlich zögerte ich immer wieder, ihn um Informationen zu bitten, denn ich war sicher, dass er mich früher oder später dann auch um einen Gefallen bitten würde. Aber er tat es nie. Außerdem fragte ich mich, ob es moralisch vertretbar war, Informationen von einem Mann anzunehmen, der sich selbst als antisozialen Gesetzesbrecher bezeichnete. Wahrscheinlich gehört das zum Einmaleins des Enthüllungsjournalismus, aber ich hatte dennoch Bedenken. Doch irgendwann begriff ich die Lektion, die man mir von Anfang an beigebracht hatte: Informationen sind nicht gut oder böse, sie sind einfach nur Informationen. Die Leute, die Informationen liefern, haben ihre Gründe und Motive, oft auch unsaubere. Aber wichtig ist nur die Sauberkeit der Information, nicht die des Informanten.
    Dank »The Cat« erfuhr ich zum Beispiel noch vor der Polizei, dass ein Bandenkrieg zwischen Yakuza-Gruppen bevorstand. Das half mir, an der Sache dranzubleiben. Er war die beste Quelle, die ein Polizeireporter sich wünschen kann, und eine gute Quelle ist immer besser als 100 schlechte.

Die verschwundenen Hundefreunde
aus Saitama

Teil 1:

Ich soll Ihnen vertrauen?
    Das organisierte Verbrechen, Diebstahl und die öffentliche Sicherheit waren jetzt meine Spezialgebiete. Mit anderen Worten: 24 Stunden täglich und sieben Tage in der Woche Yakuza.
    Yamamoto war befördert worden und leitete jetzt das Ganze. Dadurch wurde Nakajima die Nummer zwei im Büro. Er und ich kamen nicht sonderlich gut miteinander aus, und die anderen nannten uns Kobra und Mungo. Ich war der Mungo, weil ich erstens mehr Haare hatte und zweitens unruhiger war und andauernd wie ein Irrer herumrannte. Nakajima dagegen hatte das, was die Japaner eine Giftzunge – dokuzetsu – nennen: Er war sehr kritisch, spöttisch und geschickt darin, andere herabzusetzen. Zudem hatte er weniger Haare und bewegte sich ruhig. Im Gegensatz zu mir war er ordentlich und gewissenhaft. Ich konnte schon verstehen, warum ich ihm so auf die Nerven ging.
    Yomawari , also die Hausbesuche bei Polizisten, waren zu einem Teil meines Lebens geworden. Wenn ich Glück hatte, konnte ich danach sofort nach Hause gehen, weil mein Bericht bis zum nächsten Morgen Zeit hatte. Aber meist musste ich zurück ins Büro nach Urawa oder in den Presseclub fahren und Sportberichte oder einen anderen Mist tippen, ehe ich nach Hause konnte, um ein paar Stunden zu schlafen.
    An einem dieser Abende im Januar saßen Yamamoto und ich im Büro herum und aßen Pizzareste, als Kobra hereinkam. Er war äußerlich ruhig wie immer, aber unterschwellig sehr aufgeregt. Bevor er uns in den Fall einweihte, warnte er mich: »Adelstein, die Sache ist streng geheim. Also halt bloß deine große Klappe.«
    Kobra hatte von seinem

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