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Tokio Vice

Titel: Tokio Vice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jake Adelstein
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totaler Unmensch sind, dass Sie ein Gentleman und eher ein Wirtschaftskrimineller als ein Schlägertyp sind. In Ihrer Branche heißt das wohl so viel wie, dass Sie Mutter Teresa sind.«
    Er grinste und fragte, wer von meinen Bekannten ihn denn kenne. Als ich erwiderte, dass natürlich auch ich nicht petzen wolle, musste er lächeln.
    Dann bot er mir eine Zigarette an, die ich auch nahm. Er zündete sie an, dann deutete er auf meine unberührte Teetasse.
    »Sie möchten wissen, warum ich keinen grünen Tee mag?«, fragte ich.
    Kaneko lachte. »Nein, aber es geht um Tee. Wissen Sie, ein- oder zweimal in der Woche schauen ein paar Polizeibeamte bei mir vorbei. Ich biete ihnen meist eine Tasse Tee und vielleicht etwas Gebäck an. Wir plaudern, und sie gehen wieder. Das ist der übliche Ablauf. Doch neuerdings wollen sie ihn nicht anrühren, wenn ich ihnen Tee serviere. Sie wollen gar nichts mehr anrühren. Es ist ihnen wichtig, es nicht zu tun.«
    »Und das ist ein Problem?«
    »Moment, als ich sie gefragt habe, warum sie meine kleinen Gesten der Höflichkeit zurückweisen, haben sie geantwortet, dass bei der Polizei das Gerücht umgeht, ich hätte einen Beamten bestochen. Wenn sie daher etwas von mir annähmen – Tee, Gebäck oder auch nur einen Kalender –, dann hätten sie sofort die Kollegen von der Internen Ermittlung auf dem Hals. Und deshalb lehnen sie alles ab.«
    »Aber warum ist das für Sie ein Problem?«
    »Weil jetzt jeder in der Organisation glaubt, dass die Polizisten nur eine Schau abziehen und dass in ich Wirklichkeit ein Informant der Polizei bin. Dass sie mich umgedreht haben.«
    »Nur weil die Ihren Tee nicht trinken?«
    »Genau. Ich bin sicher, dass die Beamten wirklich glauben, dass ich einen von ihnen besteche. Aber die Leute, mit denen ich zusammenarbeite, sind nicht davon überzeugt. Sie halten es nur für einen Trick, mit dem der Anschein erweckt werden soll, dass ich kein Informant bin. Wenn das so weitergeht, bin ich bald in ernsten Schwierigkeiten.«
    »Und was bedeutet das in Ihrer Branche?«
    »Das bedeutet, dass meine eigenen Leute, die Männer, die ich wie meine Kinder aufgezogen habe, mich mitten in der Nacht in die Berge von Chichibu schleppen, mir in den Kopf schießen und mich in einer flachen Grube verscharren werden.«
    »Oje. Könnte es noch schlimmer kommen?«
    »Ja. Vielleicht lassen sie mich auch mein Grab selbst schaufeln, schlagen mich dann zu Brei und begraben mich lebendig. Aber das glaube ich nicht, immerhin war ich sehr lange dabei. Ich habe mir wohl genug Respekt verdient, um erst begraben zu werden, wenn ich ganz tot bin.«
    Plötzlich war mir zum Lachen zumute und ich suchte nach einem Anzeichen dafür, dass er scherzte. Aber ich fand keines. »The Cat« war offenbar tatsächlich verzweifelt. Und darum hatte er mich angerufen.
    »Also, wen haben Sie in der Tasche?«, fragte ich daher.
    »Niemanden. Ich besteche keine Polizisten. Und ich bin kein Spitzel. So mache ich keine Geschäfte. Die Polizei und ich haben immer gut kooperiert. Ich weiß wirklich nicht, von wem dieses Gerücht stammt.« Er hatte sich über den Tisch gebeugt und flüsterte beinahe. Unsere Nasen hätten sich berühren können, das wäre dann mein erster Eskimokuss mit einem Yakuza gewesen.
    »Und ...?«
    »Ich wüsste gerne, warum die Polizei von Saitama davon überzeugt ist, dass ich einen von ihnen schmiere. Ich möchte den Namen des Polizisten wissen, den ich angeblich besteche. Das würde mir sehr weiterhelfen.«
    Darüber musste ich eine Weile nachdenken. Nach einer zweiten Zigarette antwortete ich: »Nun ja, Kaneko-san, ich bin Reporter, kein Informant der Yakuza. Und um die Wahrheit zu sagen, ich tue den Yakuza nicht so gern einen Gefallen. Aber ich kenne jemanden, mit dem ich reden könnte. Und wenn ich der Meinung bin, dass ich Ihnen eine Information weitergeben kann, denn werde ich es tun. Aber ich kann nichts versprechen.«
    »Mehr verlange ich auch nicht.«
    »Wenn ich nun schon einmal hier bin – darf ich Sie dann etwas fragen?«
    »Nur zu. Das ist das Mindeste, was ich für Sie tun kann.«
    »Wie verdienen Sie Geld für die Organisation? Die Polizei behauptet, dass 70 Prozent Ihres Einkommens aus dem Verkauf von Speed stammt. Aber ich glaube das nicht. Vielleicht gibt es ja Tausende von Speedkonsumenten in Saitama, aber sehen tue ich nicht viele.«
    »Sie haben recht. Ich möchte nicht ins Detail gehen, aber wenn Sie wollen, erkläre ich Ihnen, wie dieses Geschäft

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