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Tolstois Albtraum - Roman

Tolstois Albtraum - Roman

Titel: Tolstois Albtraum - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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gemeinsames Projekt von der CIA und dem englischen Geheimdienst ist. Pantelejmon ist natürlich ein Idiot, er kann keinen Vertrag aufsetzen. Na, um diesen Lama ist es sowieso nicht schade. Aber um die erotische Linie tut es mir leid – vierzig Seiten habe ich gestrichen, und was für welche! Das ganze pralle Fleisch, verdammt! Also haben Sie vergebens gesündigt, ha-ha!«
    »An Ihrer Stelle würde ich mich nicht zu früh freuen«, bemerkte T. trocken.
    In Ariels Augen blitzte wieder die Angst auf. Er machte ein ernstes Gesicht.
    »Haben Sie wieder einen Ihrer Anfälle von Gottesauflehnung?«
    »Was sind Sie schon für ein Gott? Sie taugen ja nicht einmal zum Teufel.«
    »Lassen wir doch die Etiketten beiseite«, sagte Ariel. »Wer auch immer ich bin, ich bin Ihr Autor, und das wissen Sie.«
    »Sie sind nicht mein Autor. Sie sind ein Romanheld, der glaubt, er sei mein Autor. Aber das Buch hat einen echten Autor, der sich auch Sie ausdenkt.«
    »Na und«, sagte Ariel. »Vielleicht verhält es sich in einem gewissen höheren Sinn tatsächlich so. Nur ist mir dieser Autor nicht bekannt.«
    »Mir schon«, sagte T.
    »Und wer ist das?«
    T. lächelte.
    »Ich.«
    Ariel fing an zu lachen.
    »Offenbar hat Ihnen das Kapitel mit dem weißen Handschuh gefallen«, sagte er. »Meiner Ansicht nach ist das die langweiligste Stelle im ganzen Buch. Ich will sie bei der Endkorrektur sowieso streichen. Zusammen mit den unanständigen Wörtern.«
    »Sie werden es kaum schaffen, noch etwas zu streichen oder einzufügen.«
    Die Kugel, in der T. hing, begann zu sinken und gleichzeitig an Umfang zuzunehmen, bis T. normale menschliche Größe erreicht hatte. Seine Sohlen berührten den Boden und er stand Ariel gegenüber.
    Der Raum war jetzt von einer gewölbten durchsichtigen Wand geteilt, als hinge zwischen T. und Ariel eine riesige Linse.
    »Wie machen Sie das?«, fragte Ariel.
    »Genauso wie Sie früher. Ich erschaffe Ihre Welt, so wie Sie die meine erschaffen haben.«
    T. streckte die Arme aus, und die durchsichtige linsenähnliche Fläche zwischen Ariel und ihm wurde gerade und teilte nun das Zimmer genau in zwei Hälften.
    »Wer hat Ihnen die Kraft gegeben?«
    T. schmunzelte.
    »Kabbalisten wie Sie«, sagte er, »glauben, dass es zweiundzwanzig Strahlen der Schöpfung gibt – oder fünfzehn, das weiß ich nicht mehr. Aber in Wirklichkeit gibt es nur einen Strahl, der durch alles Existierende hindurchgeht, und alles Existierende ist er. Der, der das Buch des Lebens schreibt, und der, der es liest, und der, von dem dieses Buch erzählt. Und dieser Strahl bin ich selbst, weil ich niemand anderes sein kann. Ich war immer dieser Strahl und werde es ewig sein. Meinen Sie, da brauche ich noch irgendeine andere Kraft?«
    »Ach ja?«, bemerkte Ariel sarkastisch. »Ewig werden Sie es sein? Sie sind also die Ewigkeit?«
    »Ich«, erwiderte T., »oder jeder andere, der das sein will. Nur interessiert sich in Ihrer Welt kaum jemand dafür. Sie zum Beispiel. Sie wollen doch nicht die Ewigkeit sein. Sie wollen eine Zeit lang Gott sein, um den Kredit schneller abzahlen zu können.«
    Während T. noch sprach, begann sich die durchsichtige Wand zwischen ihm und Ariel langsam wieder zu wölben, jetzt in Ariels Richtung, bis sie diesen schließlich als durchsichtige Halbkugel umfing. Seltsamerweise befand sich in dieser Halbkugel auch der Raum mitsamt der Einrichtung – der Schreibtisch, die Turingmaschine mit ihren Klangschachteln, die Bücherregale und der Katzendiwan, auf dem der Demiurg saß.
    T. stand nun im Dunkeln und um ihn herum war nichts zu erkennen – nur der Sack in seiner rechten Hand war zu sehen.
    »Ich bin Ihr Schöpfer, Graf«, sagte Ariel drohend. »Zweifeln Sie etwa daran?«
    »Erinnern Sie sich daran, wie Sie in mein Leben traten?«, erwiderte T. »Ich habe Sie in der dunklen Kammer auf dem Kahn der Fürstin Tarakanowa entdeckt.«
    »Ja und?«
    »Sie sind in mein Leben getreten, nicht ich in das Ihre. Was zum Teufel sind Sie für ein Schöpfer, wenn es mich damals schon gab, während es Sie noch nicht gab? Vergleichen Sie das mal mit Ihrer Kabbala …«
    Bei diesen Worten wurde Ariels Universum noch kleiner und schloss sich schließlich zu einer Kugel ähnlich der, in welcher zuvor T. selbst erschienen war. Das Zimmer des Demiurgen war winzig, aber in den spielzeugkleinen Fenstern war dank eines seltsamen optischen Effekts immer noch das Sternenfunkeln der fernen elektrischen Lichter zu erkennen.
    T. wusste nicht, was genau Ariel

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