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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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abzulegen.

Sechstes Kapitel.
    Des Schulmeister Rebhuhns Verhör
in Puncto Sexti;
Zeugnis seiner Ehefrau; eine kurze Bemerkung über die Gesetze des Landes nebst andern ernsthaften Materien, die denen am meisten gefallen werden, die solche am besten verstehen.
     
    Man wundert sich vielleicht, daß eine so bekannte Geschichte, und welche so viel Geredes gemacht hatte, dem Herrn Alwerth selbst nie zu Ohren gekommen sei, welcher vielleicht der einzige in der ganzen Gegend war, der noch nichts davon vernommen hatte.
    Um dies dem Leser einigermaßen zu erklären, finde ich nötig, ihm zu berichten, daß im ganzen Britischen Reiche keinem Menschen weniger dran gelegen war, die Lehre von der neueren Bedeutung des Worts,
Liebe des Nächsten,
zu bestreiten, welche aus dem vorigen Kapitel erinnerlich sein wird, als unserem guten Manne, Herrn Alwerth. Er hatte wirklich gleiche Ansprüche auf diese Tugend, in welchem Sinne man sie nahm; denn, so wie kein Mensch die Bedürfnisse anderer schneller fühlte, oder williger war, ihnen abzuhelfen, so konnte auch niemand behutsamer in Ansehung ihres Leumunds, oder langsamer sein, irgend etwas zu ihrem Nachteile zu glauben.
    Verleumdung fand also niemals Zutritt bei seiner Tafel: denn so wie vorläufig schon bemerkt worden, wie man einen Mann aus seinem Umgang kennen kann; so erkühne ich mich zu sagen, daß, wenn man auf die Unterredung an den Tafeln eines vornehmen Mannes acht gibt, man sich von seiner Religion, seinem Patriotismus, seinem Geschmacke, mit einem Worte, von der ganzen Denkungsart des Mannes überzeugen könne; weil, obgleich einige Sonderlinge ihre Herzensmeinung allerorten frei heraussagen, doch die meisten Menschenkinder Hofschranzen genug sind, ihre Gespräche nach dem Geschmacke und den Neigungen ihrer vornehmen Gönner einzurichten.
    Um aber wieder zur Jungfer Wilkins zu kommen, so brachte diese, nachdem sie ihren Auftrag mit großer Eile, ungeachtet sie [72] einen Weg von fünfzehn englischen Meilen hatte machen müssen, besorgt hatte, eine solche Bestätigung von dem Verbrechen des Schulmeisters mit, daß Herr Alwerth beschloß, den armen Sünder vorfordern zu lassen, und ihn
viva voce
zu vernehmen. Rebhuhn ward also vorgeladen, um seine Notdurft wahrzunehmen, und seine Verteidigung (falls er dergleichen wüßte) gegen die Anklage vorzubringen.
    Zur angesetzten Zeit erschien vor dem Herrn Alwerth, zu
Paradise-Hall
sowohl obgenannter Rebhuhn mit Anna seiner Ehefrau, als auch Jungfer Wilkins, seine Anklägerin.
    Nachdem sich Herr Alwerth auf seinen Richterstuhl gesetzt hatte, ward Rebhuhn vorgeführt. Nach deutlich vernommener Anklage aus dem Munde der Jungfer Wilkins behauptete er, unschuldig zu sein, und zwar that er solches mit großem Beteuern.
    Hierauf ward Anna Rebhuhn vernommen; die dann, nach einigem Lamentieren über den Notzwang, wider ihren eigenen Ehemann die Wahrheit bezeugen müssen, alle die Umstände erzählte, die dem Leser schon bekannt sind, und am Ende damit beschloß, daß ihr Mann gegen sie die That gestanden hätte.
    Ob sie ihm verziehen hatte oder nicht, das wage ich nicht zu beantworten; gewiß aber ist's, sie war in dieser Sache ein unwilliger Zeuge, und würde sich aus gewissen anderen Ursachen niemals haben dahin bringen lassen, wider ihn vor Gericht zu treten, hätte nicht Jungfer Deborah in ihrem eigenen Hause mit großer Kunst alles aus ihr herausgeholt, und hätte die ihr nicht das ausdrückliche Versprechen gegeben, und zwar in Herrn Alwerths Namen, ihres Mannes Strafe solle so ausfallen, daß seine Angehörigen ganz und gar nichts darunter litten.
    Rebhuhn verharrte beständig beim Leugnen, ob er gleich das oben von Zeugin erwähnte Geständnis als gethan erkannte, doch aber anders zu drehen suchte, indem er beteuerte, er sei dazu gezwungen worden, durch das unablässige Placken und Plagen, was er er leben müssen, wobei sie ihm noch zugeschworen hätte, sie wolle ihn, da sie gewiß wisse, er sei schuldig, so lange unaufhörlich quälen, bis ers gestünde, und dabei getreulich versprochen, ihm hernach kein Wort mehr darüber zu sagen. Hierdurch hätte er sich fälschlicherweise verleiten lassen, die That einzugestehen, ob er gleich unschuldig gewesen und noch sei; und glaubte er, sie hätte auf diese Art ihn zum Geständnis eines Mordes bringen können.
    Anna Rebhuhn konnte diese Bezichtigung nicht mit Geduld ertragen; da sie aber, an dem Orte hier, kein ander Gegenmittel hatte, als Thränen, rief sie davon einen zahlreichen

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